Der BGH (Urteil vom 25.11.2020 – 5 StR 493/19) musste sich u.a. mit folgendem Sachverhalt befassen:
Der in Brandlegungen erfahrene, bereits mehrfach vorbestrafte A entzündet im Kellerraum eines Mehrfamilienhauses mittels offener Flamme im eigenen Kellerabteil einen mit Federbetten gefüllten Plastikbeutel seiner Lebensgefährtin. Weiterhin setzt er in fremden Kellerboxen unter anderem Kartons sowie im Kellergang stehende Autoreifen in Brand. Als er erkennt, dass „die Flamme“ selbständig weiterbrannte, verlässt er vorübergehend das Haus. Als er kurze Zeit später zurückkehrt, trifft er auf einen vor dem Hintereingang des Wohnhauses stehenden Hausbewohner, der bereits auf Brandgeruch aufmerksam geworden ist. A schaut, Unwissenheit vortäuschend, im Keller nach, erkennt den von ihm verursachten Brandherd hinter der Kellertür und alarmierte telefonisch die Feuerwehr. Infolge des Brandes gelangen über die Abluftanlage Rauchgase in die Küchen und Bäder der im Erdgeschoss liegenden Wohnungen zweier Mieter, die vorübergehende körperliche Beeinträchtigungen erleiden. Der Angeklagte weiß, dass eine baulich eine solche Möglichkeit besteht. Im Keller lagert sich Ruß ab. Die an der Kellerdecke verlaufenden Elektroleitungen und Abwasserrohre sowie verschiedene im Eigentum von Hausbewohnern stehende Gegenstände werden durch Feuer, Hitzeeinwirkung und Löscharbeiten beschädigt oder zerstört. Der Gesamtschaden, der durch den Brand einschließlich der aufgrund der Verrußung erforderlichen Reinigungsarbeiten und einer Erneuerung von Versorgungsleitungen verursacht wurde, beträgt gut 24.000 Euro. Noch am selben Tag werden Notreparaturen durchgeführt, so dass es nicht zu Gebrauchseinschränkungen der Wohnungen kommt. Den durch brandbedingte Beschädigungen ihrer Kellerboxen betroffenen Mietern werden andere Lagermöglichkeiten im Kellergeschoss zugewiesen.
A könnte sich nun zunächst gem. § 306 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er die Gegenstände im Keller anzündete.
Das Gebäude steht zunächst nicht im Alleineigentum des A und ist damit für diesen fremd.
Fraglich ist, ob er es in Brand gesetzt hat, indem er die diversen Gegenstände anzündete. Ein Inbrandsetzen ist das selbsttätige, vom verwendeten Zündstoff unabhängige Brennen eines funktionswesentlichen Teiles des jeweiligen Tatobjekts (Schönke/Schröder-Heine/Bosch § 306 Rn. 13). Zwar brannten die Materialien unabhängig von der Zündquelle. Bei dem Plastikbeutel, den Autoreifen und den Kellerboxen handelt es ich aber nicht um funktionswesentliche Teile. Die Elektroleitungen und Abwasserrohre wiederum wurden nicht vom Feuer erfasst.
Von daher kommt die 2. Handlungsalternative des durch Brandlegung ganz oder teilweise Zerstörens in Betracht. Diese liegt vor, wenn „die Möglichkeit der Nutzung von Gebäudeteilen wenigstens für einzelne Zweckbestimmungen über eine nicht unbeträchtliche Zeit aufgehoben ist, ein für die ganze Sache zwecknötiger Teil unbrauchbar wird oder einzelne Bestandteile gänzlich vernichtet werden, die für einen selbständigen Gebrauch des Gebäudes bestimmt oder eingerichtet sind (BGH a.a.O).“
Fraglich ist nun, ob die Beschädigungen der Elektroleitungen, der Elektrorohre und die Verrußung des Kellers als erhebliche Beeinträchtigung funktionsrelevanter Bestandteile des geschützten Objekts (hier Gebäude) angesehen werden können.
Der BGH führt dazu folgendes aus:
„Die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit eines Kellers als Versorgungs- und Aufbewahrungsraum kann den Tatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen, wenn die erforderlichen Reparaturarbeiten infolge brandbedingter Schäden einen nicht unerheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen… Der bloße Verweis auf andere „Lagermöglichkeiten“, die betroffenen Mietern im „Gebäudekomplex“ zur Verfügung gestellt wurden, und auf die kurzfristige Sicherstellung der Versorgung der Wohnungen mit Wasser und Strom mittels einer Notreparatur steht einer erheblichen Nutzungseinschränkung des Kellers nicht entgegen. Denn es kommt auf den konkret betroffenen Gebäudeteil und dessen Nutzungseinschränkung an. Dass hier Ersatzraum für die Mieter eines mehrere Wohneinheiten umfassenden Gebäudekomplexes bereitgestellt wurde, ist mithin rechtlich ohne Belang. Nach den Feststellungen waren jedenfalls Kellerboxen und Versorgungsleitungen zerstört oder beschädigt worden. Zudem war ausweislich des Brandursachenberichts der gesamte rechte Kellerbereich von Rauchgas betroffen. Die der Eigentümerin entstandenen Kosten für Reparatur und Reinigung beliefen sich auf mehr als 21.000 Euro, was für einen größeren Umfang der erforderlichen Schadensbeseitigung spricht.“
Der objektive Tatbestand ist damit verwirklicht. Nicht zuletzt aufgrund der einschlägigen Vorerfahrung des A kann auch von einem dolus eventualis und damit vom Vorliegen des subjektiven Tatbestands ausgegangen werden. Da Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe nicht ersichtlich sind, hat A sich gem. § 306 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht.
Expertentipp
Eine Strafbarkeit gem. § 306a I Nr. 1 StGB kommt nicht in Betracht, da die Kellerräume keine wesentlichen Bestandteile der besonders geschützten Wohnungen sind. Achten Sie darauf, dass Sie hier sauber zwischen den Tatobjekten differenzieren.
In Betracht kommt aber noch eine Strafbarkeit gem. § 306a II StGB.
Wie bereits festgestellt hat A das Tatobjekt Nr. 1 des § 306 durch Brandlegung teilweise zerstört. Dadurch (= kausal und unmittelbar) müsste er nun einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung gebracht haben.
Hier erlitten die Mieter der Wohnungen im Erdgeschoss körperliche Beeinträchtigungen durch die Rauchgase, die über die über die Abluftanlage in die Küchen und Bäder gelangten. Es bestand also nicht nur eine konkrete Gefahr für die Gesundheit. Diese Gefahr hat sich auch zu einer Verletzung der körperlichen Integrität entwickelt.
Fraglich ist jedoch, ob A diesbezüglich vorsätzlich handelte, wobei dolus eventualis ausreicht. Die Vorerfahrung des einschlägig vorbestraften A sowie seine Kenntnisse der baulichen Gegebenheiten lassen den Schluss zu, dass A die Möglichkeit einer konkreten Gefahr kannte.
Expertentipp
Beachten Sie, dass der Täter nur Gefährdungsvorsatz braucht!
Der Umstand, dass er sich, nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles selbstständig brennt, vom Brandort entfernte, lässt den Rückschluss zu, dass ihm die weitere Entwicklung des Brandes und damit auch eine mögliche Gefährdung anderer jedenfalls gleichgültig war, was für die Bejahung des dolus eventualis ausreicht.
Expertentipp
Sofern man den Vorsatz verneinen möchte, sollte man an § 306d I StGB denken.
Da erneut Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe nicht ersichtlich sind, hat sich A auch gem. § 306a II StGB strafbar gemacht, hinter welchem § 306 I Nr. 1 StGB zurücktritt.
Expertentipp
Sollte man A nicht nur Gefährdungs- sondern auch Verletzungsvorsatz nachweisen können, kommt noch eine Strafbarkeit gem. §§ 223, (224 I Nr. 5,) 22, 23 in Betracht.
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