OVG MV erklärt Reisebeschränkungen zu Ostern im Eilverfahren für unwirksam
Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat vor dem Oberverwaltungsgericht in Greifswald eine - zumindest vorläufige - juristische Niederlage erlitten. Im Eilverfahren eines Normenkontrollantrags gemäß § 47 Abs. 6 VwGO setzte es mit zwei Beschlüssen (Az. 2 KM 268/20 OVG und 2 KM 281/20 OVG) am Gründonnerstag, 09. April 2020, § 4a der Verordnung der Landesregierung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Mecklenburg-Vorpommern (SARS-CoV-2 Bekämpfungsverordnung) vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug. Die Landesregierung in Schwerin hat angekündigt die Entscheidung zu akzeptieren, appellierte jedoch an die Bevölkerung freiwillig Ausflüge zu unterlassen. Von weiteren rechtlichen Schritten wolle man absehen. Da im Hauptverfahren nicht zeitnah entschieden wird, läuft § 4a somit leer.
Die Verordnung war erst am Vortag überarbeitet und präzisiert worden. Der neu gefasste § 4a der Verordnung untersagte es den Einwohnern Mecklenburg-Vorpommerns über die Osterfeiertage tagestouristische Ausflüge zu unternehmen. Der örtliche Geltungsbereich umfasste die Ostseeinseln; Gemeinden, die unmittelbar an die Ostseeküste angrenzen; Waren an der Müritz und Gemarkungen der mecklenburgischen Seenplatte.
Damit setzen sich mehrere Kläger einstweilig durch, welche die Verhältnismäßigkeit der Verordnung angezweifelt hatten. Dem schloss sich das OVG an: Die angegriffene Vorschrift des § 4a sei - nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen rechtlichen Würdigung - nicht verhältnismäßig. Zwar stelle sie sich als geeignet dar, die mit der Verordnung bezweckten Ziele (Verhinderung bzw. Verlangsamung der Infektionen mit dem Coronavirus) zu erreichen. Offen könne bleiben, ob sie erforderlich sei, jedenfalls sei die Regelung nicht angemessen. Trotz der außergewöhnlichen Gefährdungssituation für die öffentliche Gesundheit seien die mit der Regelung verbundenen Eingriffe in das Grundrecht auf Freiheit der Person so nicht tragbar. Die Norm verhindere zudem nicht, dass sich große Bevölkerungsteile auf zum Teil vergleichsweise engem Raum aufhalten könnten. Deshalb könnten die im Übrigen weitergeltenden Vorschriften der Bekämpfungsverordnung möglicherweise nicht im notwendigen Maß eingehalten werden. Darüber hinaus seien große Bereiche des Gebietes des Landes Mecklenburg-Vorpommern von der Beschränkung frei, darunter die Landeshauptstadt Schwerin und ihre Umgebung. Deren Nichtaufführung in § 4a der Verordnung sei nicht nachvollziehbar.
Im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann das OVG über die Gültigkeit von Rechtvorschriften unterhalb des Landesrechts befinden. Die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung findet sich in Absatz 6. Diese wird erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Hierbei findet lediglich eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache statt. Erweist sich diese als voraussichtlich unzulässig oder unbegründet wird der Eilrechtschutz abgelehnt. Ist aber von der Zulässigkeit und Begründetheit auszugehen so wird er gewährt, wenn die dem Antragssteller ansonsten drohenden Nachteile dies als geboten erscheinen lassen. Diese Konstellation sah das OVG in diesem Falle als gegeben an.