Bei beiden Veranstaltungen handelt es sich um bekannte Musikveranstaltungen, die jährlich in Berlin stattgefunden haben. Kurz gesprochen kann man die Veranstaltungen wohl am besten mit einem "Technokarneval" vergleichen. Heutzutage verbindet man die Loveparade fast nur noch mit den tragischen Ereignissen von Duisburg, die letztlich zu einem Ende der jährlichen Veranstaltungen geführt haben.
Die Veranstaltungen bestanden zum großen Teil aus verschiedenen Wagen auf denen DJs ihr Können zum Besten gaben. Am Straßenrand wurde dazu gefeiert und getanzt. Am Ende der Parade kam es immer zu einer "Abschlusskundgebung" an der Siegessaäule. Aus Protest gegen die zunehmende Kommerzialisierung der "Love Parade" kam es zu einer Gegenbewegung, die ihre Veranstaltung plastischerweise "Fuck Parade" nannte. Auch diese war im Wesentlichen auf Tanzen und Feiern beschränkt.
Im Jahre 2001 wollten beide Veranstalter beim Polizeipräsidenten ihre Veranstaltungen anmelden. Beide Anmeldungen wurden mit der Begründung versagt, dass es sich bei den jeweiligen Veranstaltungen nicht um Versammlungen handeln würde. Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz beider Antragsteller blieb gleichfalls erfolglos, so dass sie mit ihrem Begehren ein einstweiliges Verfahren vor dem Bundesverfassungsgerichts einleiteten. Im Ergebnis unterlagen beide vor dem Bundesverfassungsgerichts.
Die Entscheidung musste sich ausschließlich, damit befassen, ob die Verwaltungsgerichte die beiden Veranstaltungen zu recht nicht als Versammlung qualifiziert haben. Dies hängt entscheidend davon ob, wie man den Schutzbereich der grundrechtlichen Versammlungsfreiheit versteht. Ist man sich grundsätzlich darüber einig, dass man quantitativ zumindest zwei Teilnehmer braucht, da "systematische Isolierung vom letzten Freund nicht halt macht", so ist es doch umstritten, ob es ein weiteres qualitatives Moment der Versammlungsteilnehmer geben muss, dass über das bloße "sich-Treffen" hinaus gehen muss. Gefordert wird in diesem Zusammenhang von den Vetretern des "engen Versammlungsbegriffs", dass es eine gemeinsame Meinungsbildung der Teilnehmer geben muss und es sich um die Erörterung einer öffentlichen Angelegenheit handeln muss. Begründet wird dies mit einer Komplementärfunktion zur Meinungsfreiheit, die der Versammlungsfreiheit innewohnen soll. Der "weite Versammlungsbegriff" verzichtet auf dieses Kriterium und lässt jegliche Treffen, die auf gemeinsame Kommunikation gerichtet sind ausreichen. Dabei kann die gemeinsame Kommunikation auch im Schweigen bestehen und in allen anderen denkbaren Ausdrucksformen.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich im Wesentlichen dem "engen Versammlungsbegriff" angeschlossen. Es führt aus, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, den Begriff der Versammlung auf Veranstaltungen zu begrenzen, die durch eine gemeinschaftliche, auf Kommunikation angelegte Entfaltung mehrerer Personen gekennzeichnet sind. Die Versammlungsfreiheit erhielte seine besondere verfassungsrechtliche Bedeutung in der freiheitlichen demokratischen Ordnung des Grundgesetzes wegen des Bezugs auf den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung. Hier klingt die bereits erwähnte Komplementärfunktion mit der Meinungsfreiheit deutlich durch. Nach dem Bundesverfassungsgericht sind demnach Versammlungen örtliche Zusammenkünft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung.
Im Ergebnis lehnt das Gericht damit den versammlungsrechtlichen Schutz dieser beiden Veranstalungen ab. Die Veranstalter bleiben soweit auf den Weg beschränkt, für diese Art von Veranstaltungen straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnisse zu beantragen.
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