Ein Gebrauchtwagenhändler wird in einer Zeitungsanzeige aufmerksam auf ein zum Verkauf angebotenes Wohnmobil. Dieses Wohnmobil wird angeboten von einem Privaten in einer entfernten Stadt. Weil der Händler weite Reisen scheut, schickt er seinen Mitarbeiter in die entfernte Stadt um den Deal perfekt zu machen. Telefonisch wird vereinbart, dass der Mitarbeiter am Bahnhof abgeholt und zu dem Wohnmobil gebracht werden soll. Tatsächlich erwartet niemand den Mitarbeiter, sodass dieser sich, nach erneuten telefonischen Instruktionen, selbst auf den Weg zu dem Wohnmobil macht. Dort angekommen trifft er auf drei Personen erkennbar "abgewirtschafteten Aussehens". Man verhandelt, man untersucht das Wohnmobil, wobei einer der Personen als diejenige auftritt, die namentlich in der Zulassungsbescheinigung Teil II genannt ist. Es wird sich geeinigt. 9000 € wechseln den Besitzer, das Wohnmobil auch. Nachdem das Wohnmobil auf dem Hof des Gebrauchtwagenhändlers auftaucht, taucht ebenfalls die Polizei auf: Es stellt sich heraus, dass die Person, die das Wohnmobil veräußert hat, einen anderen Namen hat. Der tatsächliche Namensinhaber und tatsächliche Eigentümer des Fahrzeugs, hat das Wohnmobil lediglich an die Person vermietet, die das Wohnmobil veräußert hat. Die Zulassungsbescheinigung Teil II war unerkennbar gefälscht. Das Wohnmobil wird an den ursprünglichen Vermieter herausgegeben. Der Gebrauchtwagenhändler verlangt es nun zurück.
Der Anspruch könnte sich aus § 985 BGB ergeben. Dazu müsst G Eigentümer und der ursprüngliche Vermieter Besitzer sein und kein Recht zum Besitz gem. § 986 BGB geltend machen können.
Die Besitzereigenschaft ist schnell bejaht, auch ein Recht zum Besitz scheidet aus. Zwar könnte sich ein solches selbstverständlich aus einer Eigentümerstellung ergeben, im Rahmen des § 986 BGB geht es jedoch um ein Besitzrecht gegenüber dem tatsächlichen Eigentümer. Das Besitzrecht in diesem Sinne, kann sich damit nicht aus dem Eigentum selbst ergeben - unabhängig ob dieses besteht oder nicht.
G müsste aber auch Eigentümer sein. Ursprünglich war der Vermieter Eigentümer. G könnte das Eigentum allerdings gem. § 929 BGB erworben haben. Dafür notwendig wären Einigung und Übergabe. Während die Übergabe ein Realakt - nämlich die vollständige Besitzaufgabe unter Neubegründung der Besitzstellung beim Erwerber ist, ist die Einigung ein dinglicher Vertrag.
Voraussetzung ist also, dass zwei kongruente Willenserklärungen vorliegen, die den Eigentumsübergang zum Gegenstand haben. Maßstab dafür sind §§ 133, 157 BGB.
Eine Willenserklärung des Mitarbeiters des G ist gegeben und wird diesem gem. § 164 BGB zugerechnet.
Eine Willenserklärung des Vermieters und tatsächlichen Eigentümers liegt nicht vor.
Eine Willenserklärung ist allerdings in der Erklärung der tatsächlich handelnden Person zu sehen.
Für die wirksame Einigung wäre allerdings notwendig, dass die Willenserklärungen sich auch entsprechen, dass die Handelnden sich also einig darüber waren, dass das Eigentum von der einen Person auf die andere übergehen würde.
Unzweifelhaft wollten die Parteien, dass das Eigentum auf die Person des G übergehen sollte. Ob sie sich allerdings auch einig waren, dass das Eigentum von der Person des Vermieters übergehen sollte, erscheint problematisch und muss ebenso gem. §§ 133, 157 BGB ermittelt werden. Aus der Perspektive des Mitarbeiters des G trat der tatsächlich Handelnde unter einem Namen auf, der nicht sein eigener war. Bei dieser Konstellation des "Handelns unter fremden Namens" kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht.
1. Dem Erklärungsempfänger (Mitarbeiter des G) kommt es darauf an, mit der Person zu kontrahieren, die für den Namen steht - dann wendet der BGH §§ 164 ff. analog an.
2. Dem Erklärungsempfänger kommt es darauf an, dass die handelnde Person verpflichtet wird - dann ist die falsche Namensangabe irrelevant und der Vertrag kommt mit der handelnden Person zustande.
3. Dem Erklärungsempfänger kommt es gerade darauf an, dass die handelnde Person auch diejenige des Namensträgers ist - damit möchte der Erklärungsempfänger wegen der "Perplexität" der anderen Person weder mit dem Namensträger noch mit der handelnden Person kontrahieren, sodass ein Vertrag überhaupt nicht zustande kommen kann.
Dafür, dass es dem Mitarbeiter darauf ankam, mit der Person zu kontrahieren, die in der Zulassungsbescheinigung II genannt war, spricht, dass es – entsprechend den Anforderungen, die die Rspr. an den Ausschluss der bewussten Fahrlässigkeit iRd. § 932 Abs. 2 BGB stellt – regelmäßig wichtig ist, dass diese Person tatsächlich existiert. Daraus folgt allerdings noch nicht zwingend, dass es dem Mitarbeiter auch darauf ankam, dass die tatsächlich handelnde Person auch die wahre Namensträgerin ist.
Dafür, dass es dem Mitarbeiter darauf ankam, dass gerade die handelnde Person als Vertragspartner gelten soll, spricht, dass es hier unmittelbar zum Leistungsaustausch kam. In solchen Konstellationen wollen die Parteien den Vertrag meist direkt abwickeln - ohne dass sie sich groß Gedanken über die tatsächliche Berechtigung der Beteiligten machen. Aus der Perspektive des jeweils anderen lässt sich festhalten, dass es auf die Namensidentität von Handelndem und tatsächlichem Halter nicht ankam, sondern eine Einigung zwischen den anwesenden Personen gewollt war. Damit liegt eine Einigung vor.
Es fehlt allerdings an einer Verfügungsberechtigung der tatsächlich handelnden Person, womit § 929 BGB ausscheidet.
Bleibt ein Eigentumserwerb des G gem. § 932 Abs. 1 BGB. Dafür muss der Tatbestand des § 929 BGB mit Ausnahme der Berechtigung erfüllt sein und zudem ein guter Glaube des Erwerbers an die Eigentümerstellung des Veräußerers bestehen. Der gute Glaube ist gem. § 932 Abs. 2 BGB auch dann ausgeschlossen, wenn sich der Erwerber Verdachtsmomenten, in grob fahrlässiger Weise, verschließt. Das wird von der st. Rspr. angenommen, wenn der Erwerber sich nicht die Zulassungsbescheinigung II vorlegen lässt. Dieser Vorwurf ist dem Mitarbeiter des G aber nicht zu machen - dass es sich um eine Fälschung handelte, war nicht zu erkennen. Auch den sonstigen Umständen - etwa dem durchaus dubiosen Treffen auf dem Parkplatz sowie dem Erscheinungsbild der "Veräußerer" – lässt sich nicht zwingend entnehmen, dass es sich dem Mitarbeiter des G hätte aufdrängen müssen (Voraussetzung für grobe Fahrlässigkeit), dass an der Identität des Handelnden zu zweifeln ist.
Damit hat G das Eigentum an dem Wohnmobil gutgläubig erworben.
Ein Recht zum Besitz gem. § 986 BGB kann der Vermieter auch nicht aus dem Herausgabeanspruch gem. § 546 BGB geltend machen, weil ein solcher nicht im Verhältnis zu G besteht.
G kann das Wohnmobil von dem vormaligen Vermieter gem. § 985 BGB herausverlangen.
Mehr über den gutgläubigen Erwerb von beweglichen Sachen lernen Sie in unserem GuKO ZR V sowie den entsprechenden ExOs. Einen Blick in unser Probeskript zum Sachenrecht können Sie hier werfen.