Die Klägerin war angestellt bei einer Reinigungsfirma und für diese als Reinigungskraft in einem Krankenhaus tätig. Die beklagte Betreibergesellschaft des Krankenhauses war zugleich beherrschende Gesellschafterin der Reinigungsfirma. Die Klägerin verletzte sich bei der Entsorgung von Krankenhausmüll an einer Spritze und infizierte sich mit Hepatitis C. Sie klagt gegen das Krankenhaus auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Die Klägerin hat ein jedem Fall einen Anspruch gem. § 831 BGB gegen die Klägerin, da sich die Beklagte nicht exkulpieren kann. Allerdings könnte dieser Anspruch ausgeschlossen sein. Der Klägerin steht nämlich auch ein Anspruch gem. § 823 BGB gegen den Mitarbeiter des Krankenhauses zu, der die Spritze unsachgemäß im Müll des Krankenhauses entsorgte. Damit stehen der Klägerin zwei Haftungsschuldner gegenüber, die gem. § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner haften. Damit kann sich die Klägerin prinzipiell an die Beklagte halten. Probleme bereitet aber § 840 Abs. 2 BGB der einen Vorrang der Verschuldenshaftung im Innenverhältnis der „Schädiger“ festlegt. Diese Haftungsfreistellung im Innenverhältnis schlägt dann auf den Gläubiger der Gesamtschuld durch, wenn ansonsten die Freistellung im Innenverhältnis unterlaufen würde und diese der gesetzlichen Regelung widerspricht. Zwar regelt § 840 Abs. 2 BGB ausdrücklich, dass die Freistellung nur im Innenverhältnis wirkt, das kann jedoch dann nicht gelten, wenn der Innenregress durch eine Haftungsprivilegierung des parallel haftenden Arbeitnehmers unterlaufen wird. So liegt es aber im vorliegenden Fall. Der Arbeitnehmer, der die Spritze in den Müll warf wird gem. § 105 SGB VII privilegiert. Dadurch würde aber am Ende der Beklagte entweder allein haften, oder aber die Privilegierung des Arbeitnehmers über § 426 BGB ausgehebelt. Diesem Ergebnis könnten die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs entgegenstehen, nachdem in abgestufter Weise der Arbeitgeber analog § 254 BGB für Schäden haftbar ist, die der Arbeitnehmer verursacht hat. Allerdings ist Sinn und Zweck des innerbetrieblichen Schadensausgleichs eine Freistellung des Arbeitnehmers im Innenverhältnis von einer Haftung im Außenverhältnis – nicht umgekehrt eine Erweiterung der Haftung des Arbeitgebers im Außenverhältnis contra legem (vorliegend § 840 Abs. 2 BGB). Das Zusammenspiel des Vorrangs der Verschuldenshaftung einerseits und der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers über § 105 SGB VII andererseits führen also dazu, dass die Klägerin sich nicht an die Beklagte wenden kann, weil sonst entweder § 840 Abs. 2 BGB oder § 105 SGB VII leer laufen würden.
Die Situation ändert sich allerdings schlagartig, wenn der Arbeitgeberin ein Organisationsverschulden nachgewiesen werden kann. Dann greift § 840 Abs. 1 BGB ohne Einschränkung.
Wem die gestörte Gesamtschuld und/oder der innbetriebliche Schadensausgleich Kopfzerbrechen bereitet, dem seien unsere GuKO ZR oder die entsprechenden ExOs empfohlen.