Was war passiert? Der Kläger reichte zunächst eine Bauvoranfrage bei der zuständigen Baubehörde ein, mit dem Ziel einen Bauvorbescheid nach § 71 Landesbauordnung NRW zu erhalten. Der Antrag des Klägers wurde nicht beschieden. Nach Ablauf der Frist des § 75 S. 2 VwGO erhob der Kläger Untätigkeitsklage auf positive Bescheidung der Bauvoranfrage. Die Untätigkeitsklage wurde vom VG abgewiesen. Dagegen stellte der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung. Während des Berufungszulassungsverfahrens lehnte die beklagte Baugenehmigungsbehörde die ursprüngliche Bauvoranfrage mit Hinweis auf eine in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Nunmehr erhob der Kläger noch eine Klage vor dem VG gerichtet auf positive Neubescheidung der ursprünglichen Bauvoranfrage. Das VG wies diese Verpflichtungsklage als unzulässig ab, weil die Sache im laufenden Berufungszulassungsverfahren anderweitig rechtshängig sei.
Das OVG NRW hatte nun zu entscheiden, ob die Klageabweisung rechtmäßig war. Dafür ist entscheidend, ob der Streit bereits anderweitig rechtshängig im Sinne von § 173 S. 1 VwGO iVm § 17 Abs. 1 S. 2 GVG war. Der Kläger war der Auffassung, dass keine anderweitige Rechtshängigkeit bestanden hätte, da der Ablehnungsbescheid der Baubehörde nicht in das Berufungszulassungsverfahren einbezogen werden konnte. Es handele sich daher um zwei verschiedene Verfahren mit zwei unterschiedlichen Streitgegenständen.
Das OVG NRW sah dies eindeutig anders und bettet diese Überlegungen in grundsätzliche Einführungen bezüglich des Streitgegenstands ein. Wörtlich heißt es hierzu:
"Der Streitgegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist zweigliedrig zu bestimmen. Er richtet sich nach dem Antrag und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalt. Der Streitgegestand ist identisch mit dem prozessualen Anspruch, der seinerseits durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringende Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist. Im Anschluss daran ist Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage der geltend gemachte prozessuale Anspruch auf Erlass des begehrten VA. Nicht zum Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage gehört hingegen die Aufhebung des ablehnenden Bescheids. Diese ist ein unselbständiger Anfechtungsannex, der im Interesse der Rechtsklarheit bei einer stattgebenden Entscheidung mittenoriert wird. Der Streitgegenstand wird durch die Aufhebung des entgegenstehenden VA nicht geändert. Denn der Anspruch auf Bescheiderlass hängt nicht davon ab, ob die Behörde den an sie gerichteten Antrag überhaupt beschieden beziehungsweise, ob sie dies in fehlerhafter Weise getan hat."
In Konsequenz darf also der Kläger die ursprüngliche Untätigkeitsklage als Verpflichtungsklage fortführen. Eine weitere Konsequenz aus dieser Ansicht ist, dass ein nach Erhebung der Untätigkeitsklage ergehender Ablehnungsbescheid auch dann nicht in Bestandskraft erwächst, wenn gegen ihn nicht gesondert geklagt wird. Er ist der Bestandskraft nicht fähig, da er quasi bei seinem Erlass schon durch einen Widerspruch bzw. einer vorweggenommenen Klage behaftet ist.
Somit ist die "zweite" Verpflichtungsklage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nach 3 173 S. 1 VwGO iVm § 17 Abs. 1 S. 2 GVG unzulässig.