Die Beklagten waren seit 1993 Mieter eines in München gelegenen Einfamilienhauses des Klägers mit einer Wohnfläche von 105 m². Das Mietverhältnis endete durch eine zum 30. Oktober 2011 erklärte Eigenbedarfskündigung des Klägers. Zum 15. April 2013 gaben die Beklagten die Mietsache zurück. Bis dahin entrichteten sie die vertraglich geschuldete Miete in Höhe von monatlich 944,52 € nebst 102,39 € Heizkostenvorauszahlung. Die Kläger verlangen eine weitergehende Nutzungsentschädigung nach Maßgabe der für das Mietobjekt ortsüblichen Neuvertragsmiete. Die Klage hat - nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Amtsgericht - in den Vorinstanzen in Höhe von 7.300,37 € nebst Zinsen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Anspruch des Klägers aus § 546a auf Entschädigung i.H.v. 7.300,37€
Gem. § 546a ist der Mieter über die vereinbarte Miete hinaus verpflichtet für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache eine Entschädigung an den Vermieter zu zahlen. Die Entschädigung richtet sich dabei nach der Miete, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist.
Streitig ist wie die ortsübliche Miete bei verspäteter Rückgabe von Wohnraum zu bestimmen ist.
Mit dieser Frage hat sich der BGH in seinem Urteil vom 18. Januar 2017 - VIII ZR 17/16 beschäftigt.
Im Wesentlichen sind 2 Ansatzpunkte zu unterscheiden. Zum einen könnte man den Wert allein nach der ortsüblichen Neuvertragsmiete bestimmen zum anderen könnte bei der Bestimmung des Werts auch § 558 Abs. 2 Satz 1 zu berücksichtigen sein.
Es entspricht einer im mietrechtlichen Schrifttum verbreiteten Auffassung, dass sich die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete im Sinne von § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB bei der Beendigung von Wohnraummietverhältnissen nicht nach der ortsüblichen Neuvertragsmiete bestimme. Vielmehr sei gemäß § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB der dort vorgegebene vierjährige Bezugszeitraum zu berücksichtigen. Die Beurteilung der Nutzungsentschädigung als "vertraglicher Anspruch eigener Art" sowie der Gesetzeszweck rechtfertigten es dem Vermieter diejenige Miete zuzubilligen, die andere Vermieter aufgrund von § 558 BGB durchsetzen könnten.
U.a.: Spielbauer/Schneider/Kern, Mietrecht, 2013, § 546a BGB Rn. 35; wohl auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 546a Rn. 11; siehe auch AG Köln, ZMR 2013, 204, 205.
Nach anderer Ansicht ist bei verspäteter Rückgabe der Mietsache auch bei beendeten Wohnraummietverhältnissen für den Anspruch des Vermieters aus § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB die bei einer Neuvermietung ortsüblich erzielbare Miete maßgeblich; auf die örtliche Entwicklung der vereinbarten oder geänderten Mieten der letzten vier Jahre komme es nicht an.
U.a.: Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2014, § 546a Rn. 53; MünchKommBGB/Bieber, 7. Aufl., § 546a Rn. 13.
Der BGH ist der zweitgenannten Ansicht gefolgt. Dies wird zum einen mit dem Wortlaut von § 546a begründet, welcher nicht auf § 558 verweist.
Auch gilt es die systematische Stellung der Normen im Gesetz zu beachten. § 546a ist im Rahmen der allgemeinen Vorschriften angesiedelt, während § 558 in den speziellen Vorschriften über Wohnraum verortet wurde. Damit ist § 558 grundsätzlich für laufende Mietverhältnisse zugeschnitten. So ist der Anspruch aus § 546a unter anderem nicht an die Form und Begründungserfordernisse aus § 558a gekoppelt.
Auch sprechen Sinn und Zweck für die zweitgenannte Ansicht.
Im Rahmen der Regelung der §§ 558 ff. BGB über die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, die einerseits die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes erhalten soll, andererseits aber auch den Interessen des Mieters durch die Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete, die Jahressperrfrist, die fünfzehnmonatige Wartezeit, die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB sowie durch das Sonderkündigungsrecht des § 561 BGB Rechnung, dient die in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB vorgesehene Zeitkomponente der ortüblichen Vergleichsmiete auch dazu, im laufenden Mietverhältnis eine gewisse Schutzwirkung zugunsten des Mieters zu entfalten, indem sie durch die Bemessung des Bezugszeitraums die Dynamik der Mietpreissteigerung in Gemeinden mit steigenden Mietpreisen in dem vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Umfang abfedert.
§ 546a ist hingegen von einer gänzlich anderen Zielsetzung bestimmt. Die Zielsetzung ergibt sich unter anderem aus den vom BGH herangezogenen Gesetzesmaterialien. Die Gesetzesmaterialien stellen bei der Bestimmung des Werts aus § 546a darauf ab was erzielbar gewesen wäre, wenn eine Neuvermietung stattgefunden hätte. Die Beschränkungen aus den §§ 558ff. wurden hingegen nicht hinzugezogen.
Zwischen Wirksamkeit der Kündigung und tatsächlicher Räumung kann ein beträchtlicher Zeitraum liegen. § 546a will den Vermieter fiktiv so stellen wie er bei Wirksamkeit der Kündigung stünde. Hätte der Mieter die Mietsache bei Wirksamkeit der Kündigung zurückgegeben, so wäre - im Falle der erneuten Vermietung - die Miete für Neuverträge realisierbar. Unter Beachtung der risikozuweisenden Faktoren ist es Sache des Mieters, ob er sich dem Risiko einer „Vergütung“ in Höhe eines Neuvertrags aussetzen will.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs entsteht nach Beendigung des Mietverhältnisses und vor Rückgabe gem. § 546a ein vertragsähnlicher Anspruch. Durch diesen Anspruch soll zusätzlicher Druck auf den früheren Mieter ausgeübt werden die geschuldete Rückgabe der Mietsache zu vollziehen. Die Beendigung dieses Abwicklungsverhältnisses ist in der Regel nur vom Willen des Mieters abhängig.
Vor dieser Zielsetzung erscheint es nicht zweckdienlich § 546a über § 558 Ab. 2 zu beschränken.
Es ist daher auch unbeachtlich, ob der Vermieter die Mietsache weiterhin vermieten wollte oder wie hier im Fall der Eigenbedarfskündigung selbst nutzen wollte.
Alles in allem überzeugt die Entscheidung des BGH. Kurz gesagt soll § 546a den Mieter dazu bewegen die Mietsache zurückzugeben. Dieser Zielsetzung würde es nicht entsprechen die Rechtsfolgen abzumildern.