A und B glaubten, dass die Schwester des B eine intime Beziehung zu X unterhalte. Beweise dafür vermuteten sie auf dem Handy des X, weswegen sie sich auf ihn stürzten, ihn mit harten Gegenständen verprügelten und ihm dann das Handy abnahmen. Dieses durchsuchten sie nach Bilddateien, die sie alsdann auf ihr eigenes Handy übertrugen. Zu diesem Zeitpunkt war es ihnen gleichgültig, ob X das Handy wieder zurück erlangen würde.
Hier könnte sich A gem. § 249 StGB strafbar gemacht haben. In der Klausur müssten Sie sich im obj. Tatbestand zunächst mit der Klassikerfrage der Abgrenzung des § 249 StGB von §§ 253, 255 StGB befassen. Nach Auffassung des BGH ist der Raub lex spezialis zur räuberischen Erpressung, jeder Raub ist damit zugleich auch immer eine räuberische Erpressung. Da aber eine Entscheidung getroffen werden muss, wonach der Täter zu bestrafen ist, grenzt der BGH nach dem äußeren Erscheinungbild ab: Wird die Sache mit Gewalt oder Drohung physisch durch eine eigene Handlung des Täters vom Opfer entfernt, dann liegt eine Wegnahme vor. Übergibt das Opfer hingegen die Sache, wird nach §§ 253, 255 StGB bestraft. Scheidet § 249 StGB aus, weil z.B. die Zueignungsabsicht fehlt, dann kommt §§ 253, 255 StGB als Auffangtatbestand in Betracht. Die Literatur nimmt die Abgrenzung hingegen nach der inneren Willensrichtung des Opfers vor. Glaubt dieses,keine Verhaltensalternative zu haben, indem es z. B. seine Hüterstellung zur Sache benutzt oder aber sich der Gewalt entgegenstellt, dann liegt unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild eine Wegnahme vor.
Im vorliegenden Fall kommen beide Auffassungen zur Bejahung der Wegnahme und damit zur Bejahung des obj. Tatbestandes.
Dann stellt sich im subj. Tatbestand dann die Frage nach der Zueignungsabsicht. Der Enteignungsvorsatz kann bejaht werden, da hier dolus eventualis reicht, es mithin genügt, wenn A und B es billigend in Kauf nahmen, dass X sein Handy nicht wieder zurück bekommt. Dieses billigende in Kauf nehmen liegt auch vor, wenn es Ihnen letztlich gleichgültig ist
Problematisch ist die Aneignungsabsicht, da es ihnen nur darum ging, das Handy nach Dateien zu durchsuchen und diese dann zu übertragen. Das eigentliche Ziel waren also die Dateien, womit der Fall vergleichbar sein könnte mit jenem, in welchem der Täter eine Handtasche wegnimmt, um an das darin befindliche Portemonnaie zu gelangen und die Tasche danach wegwirft, wobei es ihm gleichgültig ist, ob die Eigentümerin die Tasche zurück erhält. Tasche wie Handy sind also nur Mittel zum Zweck. Der BGH (Besch. v. 14.02.2012 - 3 StR 392/11 - abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de) hat dementsprechend die Aneignungabsicht verneint und ausgeführt, es fehle an dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den eines Dritten nennenswert zu ändern. Weder wollten die Täter sich den Substanzwert des Handy aneignen noch sei der Gebrauchswert durch die Weiterleitung der Daten erheblich gemindert.
Dagegen könnte man natürlich einwenden, dass die beabsichtigte Aneignung nur vorübergehend sein muss und grundsätzlich dann vorliegt, wenn der Täter einen positiven Umgang mit der Sache anstrebt, sie also nicht vernichten oder beschädigen möchte (dann § 303 StGB). Außerdem wolten A und B in diesem Augenblick mit der Sache "nach Belieben verfahren und andere von der Einwirkung ausschließen (§ 903 BGB). Insofern ist Putzke (Entscheidungsbesprechung in ZJS 3/2013, S. 311) der Auffassung, dass dadurch, dass die Täter die spezifischen Funktionen des Handys zur Weiterleitung der Daten nutzten, der Fall eben nicht vergleichbar sei, mit der oben erwähnten Handtasche.
Wie Sie sehen, ist wie immer alles mit der entsprechenden Begründung vertretbar. Näheres hierzu finden Sie in unserem GuKO SR III sowie in den ExO`s. Einen Einblick in das Kursmaterial erhalten Sie unter http://www.juracademy.de/web/skript.php?id=37141