Die Verständigung im Strafprozess ist im Wesentlichen in § 257c StPO geregelt. Weitere relevante Normen in diesem Zusammenhang sind die §§ 273 I a (Protokoll), 243 IV und 267 III 5 (Mitteilung) und § 302 S. 2 StPO (Kein Rechtsmittelverzicht).
Das Kernstück der Verständigung ist das Geständnis des Angeklagten. Im Gegenzug stellt das Gericht hinsichtlich der Rechtsfolgen der Tat eine Ober-und Untergrenze (unzulässig: das Benennen einer "Punktstrafe") der zu erwartenden Strafe in Aussicht. Nicht möglich ist, eine Änderung des Schuldspruchs (z.B. minder schwerer Fall gem. § 249 II StGB) anzubieten. Ebenfalls nicht möglich ist das Inaussichtstellen der Einstellung anderer Taten, die nicht Gegenstand der Anklage sind. Das Geständnis, welches der Angeklagte ablegt, darf kein reines "Formalgeständnis" ("Ich war`s") sein, da gem. § 257c I 2 StPO der Aufklärungsgrundsatz bestehen bleiben soll, d.h. das Gericht muss von Amts wegen den relevanten Sachverhalt aufklären. Das Geständnis muss also die Anforderungen an das wesentliche Beweismittel, auf welches sich das Urteil stützt, erfüllen. Die Verständigung ist zu protokollieren und sowohl während des Verfahrens als auch später im Urteil mitzuteilen. Ein Rechtsmittelverzicht darf nicht Gegenstand der Verständigung sein.
In der Praxis problemtisch sind die sog. "informellen" Verständigungen, die außerhalb der Hauptverhandlung erfolgen und bei denen keine Protokllierung stattfindet. Ferner wird hier häufig nur ein reines "Formalgeständnis" abgelegt. Auch zeichnen sich solche Verständigungen dadurch aus, dass die zu erwartende Strafe und die im Rahmen der Verständigung in Aussicht gestellte Strafe eklatant auseinanderfallen. Es bedarf wenig Phantasie, um nachzuvollziehen, dass ein Angeklagter damit erheblich unter Druck gesetzt wird und insbesondere sein "nemo te netur" Recht und das Recht auf ein faires Verfahren (Rechtsstaatsprinzip gem. Art 20 III GG) dadurch massiv verletzt werden. Verletzt werden in solchen Fällen ferner das Öffentlichkeitsrecht (§ 169 GVG), der Aufklärungsgrundsatz (u.a. § 244 II StPO) sowie das Schuldprinzip (Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips gem. Art. 20 III GG sowie der Menschenwürde gem. Art 1 I und 2I GG).
Vom BVerfG zu überprüfen war nunmehr, ob die vorgenannten Rechte auch durch die gesetzlichen Regelungen verletzt werden. Dies wurde vom Gericht verneint. Das Gericht hat dazu folgendes ausgeführt:
"Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und die Unschuldsvermutung sind im Rechtsstaatsprinzip verankert und haben Verfassungsrang. Insbesondere muss der Beschuldigte frei von Zwang eigenverantwortlich entscheiden können, ob und gegebenenfalls inwieweit er im Strafverfahren mitwirkt.
...Ausgehend davon tragen Verständigungen zwar das Risiko in sich, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang beachtet werden. Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht schlechthin verwehrt, sie zur Verfahrensvereinfachung zuzulassen. Um den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht zu werden, hat es der Gesetzgeber für notwendig erachtet, klare gesetzliche Vorgaben für das in der Praxis bedeutsame, aber stets umstritten gebliebene Institut der Verständigung zu schaffen. Mit dem Verständigungsgesetz hat er kein neues, „konsensuales“ Verfahrensmodell eingeführt, sondern die Verständigung in das geltende Strafprozessrechtssystem integriert.
...Das Verständigungsgesetz verweist ausdrücklich darauf, dass die Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, unberührt bleibt. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine Verständigung als solche niemals alleinige Urteilsgrundlage sein kann, sondern weiterhin ausschließlich die Überzeugung des Gerichts. Zudem ist das verständigungsbasierte Geständnis zwingend auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Soweit der praktische Anwendungsbereich von Verständigungen dadurch beschränkt wird, ist dies die zwangsläufige Konsequenz der Einfügung in das System des geltenden Strafprozessrechts. Auch die rechtliche Würdigung ist der Disposition im Rahmen einer Verständigung entzogen; dies gilt auch für eine Strafrahmenverschiebung bei besonders schweren oder minder schweren Fällen.
...Das Verständigungsgesetz regelt die Zulässigkeit einer Verständigung im Strafverfahren abschließend. Es untersagt damit die beschönigend als „informell“ bezeichneten Vorgehensweisen bei einer Verständigung. Zudem beschränkt es die Verständigung auf den Gegenstand der Hauptverhandlung. Sogenannte „Gesamtlösungen“, bei denen die Staatsanwaltschaft auch die Einstellung anderer Ermittlungsverfahren zusagt, sind daher unzulässig.
...Transparenz und Dokumentation von Verständigungen stellen einen Schwerpunkt des Regelungskonzepts dar. Dies soll eine effektive Kontrolle durch Öffentlichkeit, Staatsanwaltschaft und Rechtsmittelgericht gewährleisten. Insbesondere müssen die mit einer Verständigung verbundenen Vorgänge umfassend in die - regelmäßig öffentliche - Hauptverhandlung einbezogen werden. Dies bekräftigt zugleich, dass die richterliche Überzeugung sich auch nach einer Verständigung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung ergeben muss.
Ein Verstoß gegen die Transparenz- und Dokumentationspflichten führt grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl getroffenen Verständigung. Hält sich das Gericht an eine solche gesetzeswidrige Verständigung, wird ein Beruhen des Urteils auf diesem Gesetzesverstoß regelmäßig nicht auszuschließen sein.....
..Schließlich sieht das Verständigungsgesetz vor, dass der Angeklagte darüber zu belehren ist, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Folgen das Gericht von dem in Aussicht gestellten Ergebnis abweichen kann. Diese Belehrung soll den Angeklagten in die Lage versetzen, eine autonome Entscheidung über seine Mitwirkung an der Verständigung zu treffen. Bei einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht wird im Rahmen der revisionsgerichtlichen Prüfung regelmäßig davon auszugehen sein, dass das Geständnis und damit auch das Urteil hierauf beruhen.
...Das Verständigungsgesetz sichert die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben in ausreichender Weise. Der in erheblichem Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führt derzeit nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung."
Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie in unserem GuKO SR V sowie in unseren ExO`s. Einen Auszug aus dem Skript finden Sie hier:http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12541.