Der Beschluss des Gerichts erging im vorläufigen Verfahren gem. §§ 32 Abs. 1 , 93 d Abs. 2 BVerfGG. Der Antragsteller begehrte im Wege der einstweiligen Anordnung es der SPD zu untersagen, eine Abstimmung über das Zustandekommen einer Großen Koalition durchzuführen.
Der Antragsteller trägt vor, dass das Mitgliedervotum gegen Art. 38 Abs. 1 GG verstoßen würde. Dieser schütze nämlich das freie Mandat des einzelnen Abgeordneten. Durch die Abstimmung sei der Abgeordnete in seiner freien Entscheidung in verfassungsrechtlich unzulässigerweise beschränkt. Zudem verstoße die Abstimmung gegen Art. 21 Abs. 1 GG. Die geplante Abstimmung verfälsche nämlich den Ausgang der Bundestagswahl, da die SPD zumeist von Nichtmitgliedern gewählt wurde. Der Einfluss der Partei werde damit in verfassungsrechtlich unzulässigerweise ausgeweitet.
Nachdem das Gericht zunächst grundsätzlich die Voraussetzungen für die Anordnung einer einstweiligen Regelung durch das Gericht darstellte, führte es aus wie die Aussichten in einer hypothetischen Hauptsache wäre. Der Antragssteller hätte in der Hauptsache eine Verfassungsbeschwerde erheben müssen. Diese kann nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a von jedermann mit der Behauptung erhoben werden, durch die öffentliche Gewalt in einem Grundrecht oder einem grundrechtsgleichen Recht verletzt worden zu sein.
Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich zunächst mit der Frage, ob überhaupt ein tauglicher Beschwerdegegenstand vorliegt. Ein Akt der öffentlichen Gewalt ist grundsätzlich jeder Akt der drei staatlichen Gewalten iSd Art. 1 Abs. 3 GG (Legislative/Judikative/Exekutive).
Das Gericht führt diesbezüglich aus, dass Parteien nicht Teil des Staates seien. Zudem heißt es wörtlich.
"Nach Art. 21 Abs. 1 Abs. 1 S. 1 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Sie erfüllen damit eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende und von ihm verbürgte öffentliche Aufgabe (§ 1 Abs. 1 S. 2 PartG). Mit der Durchführung einer Abstimmung über einen Koalitionsvertrag unter ihren Mitgliedern in Erfüllung dieser öffentlichen Aufgabe übt die SPD jedoch nicht zugleich auch öffentliche Gewalt im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG aus. Öffentliche Gewalt ist vornehmlich der Staat in seiner Einheit, repräsentiert durch irgendein Organ."
Parteien sind grundsätzlich nicht Bestandteil des Staates. Sie nehmen eine Mittlerposition zwischen Staat und Gesellschaft ein und wirken in den staatlichen Bereich hinein ohne ihm jedoch anzugehören.
Des Weiteren macht das Gericht noch Ausführungen zum Wesen von Koalitionsvereinbarungen und inwieweit das freie Mandat eines Abgeordneten durch die Abstimmung gefährdet sei. Dabei wertet es Koalitionsvereinbarungen als nicht staatliches Handeln. Das entspricht insoweit auch der herrschenden Meinung, dass es sich bei diesen Absprachen um nicht justiziable private Absprachen handelt, die politisch von großer Bedeutung sind, verfassungsrechtlich aber keine direkten Bindungen entfalten. Das freie Mandat eines Abgeordneten werde durch Koalitionsvereinbarungen nicht verfassungswidrigerweise beschränkt.
Abschließend fast das Gericht zusammen:
"Im organisatorischen Zusammenschluss geht die Freiheit und Gleichheit des Abgeordneten jedoch nicht verloren. Sie bleibt innerhalb der Fraktion bei Abstimmungen und bein einzelnen Abweichungen von der Fraktionsdisziplin erhalten und setzt sich zudem im außengerichteten Anspruch der Fraktion auf proportionale Beteiligung an der paralamentarischen Willensbildung fort. Wie die politischen Parteien diesen parlamentarischen Willensbildungsprozess innerparteilich vorbereiten, obliegt unter Beachtung der - jedenfalls hier - nicht verletzten Vorgaben aus Art. 21 und 38 GG sowie des Parteiengesetzes grundsätzlich ihrer autonomen Gestaltung."
Inwieweit diese Entscheidung ein Sieg für die allseits kritisierte "Parteiendemokratie" ist bzw. eine Niederlage für die repräsentative Demokratie darstellt, bleibt abzuwarten.