Der Entscheidung des BGH (Urteil vom 16.7.2015 − 2 StR 16/15 - abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de) lag folgender (verkürzt dargestellter) Sachverhalt zugrunde:
Die sich zu einer Bande zusammen geschlossen habenden Angeklagten A, B und C beschlossen, älteren Personen durch Täuschungen die Bankkarte nebst Geheimzahl abzunehmen und damit an Geldautomaten Geld vom Konto der Geschädigten abzuheben. Bei den Taten trat ein Anrufer in Telefonkontakt zum jeweiligen Geschädigten. Dabei handelte es sich um Personen im Alter zwischen 63 und 99 Jahren. Diese wurden vor allem aus einer vorhandenen Datensammlung ausgewählt. Der Anrufer gab sich als Mitarbeiter einer Bank aus und behauptete, dass ein Hackerangriff auf das Computersystem der Bank stattgefunden habe, wodurch vom Konto der Geschädigten ungewöhnliche Auslandsüberweisungen getätigt würden, oder es wurden sonstige Unregelmäßigkeiten vorgespiegelt, durch die das Vermögen des jeweiligen Geschädigten in Gefahr sei. Sodann kündigte der Anrufer an, ein anderer Bankmitarbeiter werde alsbald bei dem jeweiligen Geschädigten erscheinen und die Bankkarte in Empfang nehmen; diese müsse überprüft werden. Außerdem wurde den Geschädigten die Geheimzahl zu ihrem Bankkonto entlockt. Das Gespräch wurde von einem anderen Tatbeteiligten, dem sogenannten Logistiker, mitgehört. Dieser gab die Informationen über Name und Adresse des jeweiligen Geschädigten und die diesem vorgespiegelte Legende an einen anderen Tatbeteiligten weiter, der sich noch während des Gesprächs des Anrufers auf den Weg zum Geschädigten machte. ...Hatte der Abholer die Bankkarte des Geschädigten entgegengenommen, nutzte er diese alsbald zu Geldabhebungen am nächstgelegenen Geldautomaten. Das abgehobene Geld und der durch Täuschung entgegengenommene Bargeldbetrag wurden unter den Tatbeteiligten aufgeteilt.
Das Landgericht Frankfurt a.M. hatte die Angeklagten u.a. gem. §§ 263 a I, II iVm 263 III Nr. 1, 25 II StGB wegen gewebsmäßig begangenen Banden - Computerbetruges verurteilt. Diesen Schuldspruch hob der BGH auf.
Der objektive Tatbestand des § 263a StGB verlangt als Tathandlung in der 3. Variante das unbefugte Verwenden von Daten. Unproblematisch wurden zunächst die im Magnetstreifen der ec-Karten gespeicherten Daten in dem Augenblick verwendet, in welchem der Täter die Karte in den Eingabeschlitz des Geldautomaten steckte und alsdann unter Eingabe des PIN die Auszahlung veranlasste. Fraglich ist jedoch, ob dieses Verwenden auch "unbefugt" war.
Nach einer in der Literatur vertretenen subjektiven Theorie liegt ein unbefugtes Verwenden dann vor, wenn es entweder dem Willen des Berechtigten - hier dem Karteninhaber - zuwiderläuft oder aber vertragswidrig ist. Demzufolge könne man vorliegend ein unbefugtes Verwenden annehmen. Dieser Theorie wird aber entgegengehalten, dass der Tatbestand damit zu weit in Richtung § 266 ausgelegt und damit ggfs. auch unbestimmt würde.
Nach einer anderen in der Literatur vertretenen, computerspezifischen Auffassung muss der entgegenstehende Wille Niederschlag im Computerprogramm gefunden habe, was vorliegend nicht der Fall ist, da es um ein Überschreiten von Innenabreden zwischen dem Kartenbesitzer und dem Täter geht.
Nach h.M. - unter anderem auch der des BGH - wird das Tatbestandsmerkmal täuschungsäquivalent ausgelegt. Begründet wird dies u.a. mit der Entstehungsgeschichte der Norm, die geschaffen wurde, um Strafbarkeitslücken zu schließen, die sich daraus ergeben, dass die Täuschung bei § 263 StGB gegenüber einer natürlichen Person erfolgen muss sowie mit der sich daraus ergebenden Struktur des § 263a StGB, die jener des § 263 StGB ähnelt. Täuschungsäuqivalent ist das Verwenden, wenn dem Täter statt des Automaten ein Bankangestellter gegenüber stünde und dieser konkludent getäuscht würde. Eine solche Täuschung hat der BGH im vorliegenden Fall verneint. Er führt dazu folgendes aus:
"Die missbräuchliche Benutzung der vom Berechtigten mitsamt der Geheimnummer erlangten Bankkarte durch den Täter bei Abhebungen am Geldautomaten entspricht nicht einem Betrug am Bankschalter. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es bei dem fiktiven Prüfvorgang eines Bankmitarbeiters um dieselben Aspekte ginge, die auch der Geldautomat abarbeitet (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 163; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Januar 1998 - 2 Ss 437/97 - 123/97 II, NStZ-RR 1998, 137; OLG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 2015 - 2 OLG 3 Ss 170/14). Für den Automaten sind Identität und Berechtigung des Abhebenden mit der Eingabe der echten Bankkarte und der zugehörigen Geheimnummer hinreichend festgestellt.Unbefugt im Sinne des § 263a Abs. 1 StGB handelt danach nur derjenige, der manipulierte oder kopierte Daten verwendet. Nach der Rechtsprechung soll allerdings auch derjenige einen Computerbetrug begehen, der sich durch Diebstahl oder Nötigung die für den Abhebungsvorgang erforderliche Datenkenntnis und Kartenverwendungsmöglichkeit verschafft hat. Insoweit führt die Vergleichsbetrachtung von Betrug und Computerbetrug nicht stets zu einem klaren Auslegungsergebnis. Sie muss um eine Gesamtbetrachtung des Geschehens, das zur Erlangung von Bankkarte und Geheimnummer geführt hat, sowie der Geldabhebung ergänzt werden. Danach gilt das Merkmal der unbefugten Verwendung der Daten nicht für denjenigen, der die Bankkarte und die Geheimnummer vom Berechtigten jeweils mit dessen Willen erlangt hat (vgl. Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263a Rn. 10; Wohlers/Mühlbauer in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 263a Rn. 49 f.), mag die Überlas-sung auch auf einer Täuschung beruhen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Januar 2013 - 2 StR 553/12; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 263a Rn. 13)."
Eine Strafbarkeit gem. § 263a StGB scheidet nach dieser Auffassung also aus.
Fraglich ist nunmehr, ob sich die Täter gem. §§ 263 I, III Nr. 1, 25 II StGB strafbar gemacht haben, indem sie den Opfern vorspiegelten, die Karten für eine Bankinterne Überprüfung abholen und wieder zurück geben zu wollen.
Der BGH hat dies ohne weitere Begründung bejaht, ohne auf die einzelnen Tabestandsmerkmale einzugehen. Das wollen wir nun an dieser Stelle nachholen.
Täuschung und Irrtum können unproblematisch bejaht werden. Die von den Tätern vorgespiegelte Bankinterne Überprüfung gab es nicht, auch wollten sie die Karten anschließend nicht zurück geben.
Problematisch ist jedoch die Vermögensverfügung. Eine solche liegt in einem Handeln, Dulden oder Unterlassen, welches sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Nun tritt der Vermögensverlust aber erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt, nämlich dem Abheben des Geldes am Automaten ein. Es könnte somit an der Unmittelbarkeit der Vermögensminderung fehlen. Dieser weitere Zwischenschritt ist jedoch nicht deliktischer Natur und liegt nur noch in der Hand des Täters. Das Opfer hat sich bereits in eine gefährliche Situation durch die Preisgabe der Karte und des PIN begeben. Von daher kann die Preisgabe als Vermögensverfügung angesehen werden, die zu einer konkreten, schadensgleichen Vermögensgefährdung des Opfers führt. Da eine Kompensation des späteren Vermögensverlustes nicht geplant ist, liegt darin auch der Schaden. Es kommt also aufgrund der konkreten, schadensgleichen Vermögensgefährdung nicht mehr darauf an, ob später das Geld auch tatsächlich abgehoben wird. Die Vollendung tritt bereits mit der Preisgabe von Karte und PIN ein. Da der Schaden der Höhe nach beziffert werden muss, ist allerdings weiterhin fraglich, in welcher Höhe er bereits zu diesem Zeitpunkt eingetreten ist. Man könnte auf die Deckung des Kontos oder aber auf die Höhe des max. an einem Tag abzuhebenden Betrages abstellen. Letztlich wird der Schaden jedenfalls in Höhe des Letzteren anzunehmen sein.
Da auch die subjektiven Voraussetzungen gegeben sind, liegt eine Strafbarkeit gem. §§ 263 I, III Nr. 1, 25 II StGB von A, B und C vor.
Weitere Ausführungen dazu finden Sie in unseren Examenskursen sowie im Grundkurs SR III. Einen Auszug aus dem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12536.