Dem Urteil, das in NJW 1994, S. 121 nachzulesen ist, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Das französische Recht verbot dem Einzelhandel den Verkauf von Waren unter Einkaufspreis. Zwei elsässische Einzelhändler handelten diesem Verbot zuwider und wurden daraufhin in Straßburg angeklagt. Zu ihrer Verteidigung machten sie geltend, dass ein allgemeines Verbot des Weiterverkaufs zum Verlustpreis mit Art. 30 EWGV und den Grundsätzen der Freizügigkeit, des freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sowie des freien Wettbewerbs innerhalb der Gemeinschaft unvereinbar sei. Daraufhin legte das französische Gericht dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die europäischen Verträge der besagten Rechtsvorschrift entgegenstehen.
Der EuGH wies zunächst darauf hin, dass die Vorschriften des EWGV über die Freizügigkeit sowie den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr innerhalb der Gemeinschaft kein allgemeines Verbot des Weiterverkaufs zum Verlustpreis erfassen, da dieses Verbot den Warenabsatz betrifft.
Weiter verneinte der EuGH eine Diskriminierung i.S.d. Art. 7 EWGV (heute Art. 18 AEUV), da die in Rede stehende Vorschrift für jede Verkaufstätigkeit im Staatsgebiet ungeachtet der sie ausübenden Personen gilt.
Ferner prüfte der EuGH die Regelung unter dem Blickwinkel des freien Warenverkehrs und erörterte, inwieweit es sich bei ihr um eine „Maßnahme gleicher Wirkung“ handeln könnte. Hierbei unterschied der EuGH allgemein zwischen produktbezogenen Regelungen und sog. Verkaufsmodalitäten. Letztere sollen in ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr als handelsbehindernd i.S.d. „Dassonville“-Formel eingeordnet werden können, wenn sie für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer gelten und den Absatz der inländischen und ausländischen Erzeugnisse rechtlich und tatsächlich in gleicher Weise berühren. Für solche Vorschriften ist dann bereits der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit verschlossen. Produktbezogene Regelungen (z.B. Vorschriften über Bezeichnung, Form, Gewicht, Zusammensetzung oder Verpackung einer Ware) stellen dagegen weiterhin eine Verletzung der Warenverkehrsfreiheit dar, wenn sie sich nicht durch einen Zweck rechtfertigen lassen, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht.
Letztlich antwortete der EuGH dem Ausgangsgericht, dass das streitgegenständliche Verbot des Warenverkaufs unter Einkaufpreis als nichtdiskriminierende Verkaufsmodalität zu bewerten sei und Art. 30 EWGV damit keine Anwendung fände.