Die Landesregierungen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Sachsen, Saarland und von Thüringen stellten einen abstrakten Normenkontrollantrag nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, um die Verfassungsmäßigkeit des Zuwanderungsgesetzes (BGBl. 2002 I, 1946) zu überprüfen. Im Streit stand im Wesentlichen die formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, da die Regierungen bezweifelten, dass es im Bundesrat zu einer wirksamen Zustimmung der Länderkammer gekommen sei.
Gerügt wurde folgender Abstimmungsvorgang: Im Verlauf der Abstimmung über das Gesetz antworteten bei Aufruf des Landes Brandenburg zunächst dessen Arbeitsminister Ziel mit: "ja". Darauf antwortete sofort der stellvertrende Ministerpräsident Schönbohm mit. "nein". Als Konsequenz daraus stellte der Bundesratspräsident zunächst fest, dass das Land Brandenburg nicht einheitlich abgetimmt habe und verwies auf Art. 51 Abs. 3 S. 2 GG, wonach Stimmen eines Landes nur einheitlich abgegeben werden können. Im Anschluss an diese Belehrung fragte der Bundesratspräsident den Ministerpräsidenten wie das Land Brandenburg abstimme. Dieser antwortete, dass er als Ministerpräsident des Landes seine Zustimmung für das Land erteile. Ungefragt fügte Schönbohm hinzu: "Sie kennen meine Auffassung, Herr Präsident."
Vorneweg gesagt: Das Gericht war sich nicht wirklich einig wie es die Abstimmung im Bundesrat verfassungsrechtlich bewertet. Die Senatsmehrheit kommt zu einer Verfassungswidrigkeit der Abstimmung. Die beiden Richterinnen Osterloh und Lübbe-Wolff sehen dies genau entgegengesetzt und begründen dies in einem Sondervotum, das fast doppelt so lang wie das Urteil der Senatsmehrheit ist.
Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für das Gericht ist Art. 78 GG, der das Zustandekommen von Gesetzen normiert. Da es sich bei dem Gesetz um ein Zustimmungsgesetz handelte, musste der Bundesrat mit der erforderlichen Mehrheit nach Art. 52 Abs. 3 S. 1 GG abstimmen.
Das Gericht teilt das Geschehen in zwei rechtlich zu bewertende Handlungsstränge. Zunächst untersucht es den ersten Abstimmungsvorgang. Im Anschluss prüft es quasi eine mögliche zweite Abstimmung. Einleitend zum ersten Abstimmungsvorgang stellt das Gericht klar, dass der Bundesrat ein kollegiales Verfassungsorgan sei, das aus Mitgliedern der Bundesregierung bestehe. Die Länder werde durch ihrer Vertreter vertreten. Das Grundgesetz erwarte nach Art. 51 Abs. 3 S. 2 GG eine einheitliche Stimmenabgabe. Es respektiere aber auch die Praxis der landesautonomen Stimmführerschaft. Danach könne aber der Stimmabgabe des Stimmführers jederzeit von einem anderen Bundesratsmitglied widersprochen werden. In der ersten Runde äußerten sich nur zwei der vier anwesenden Mitglieder divergierend. Daraufhin habe der Bundesratspräsident die Uneinheitlichkeit der Abstimmung folgerichtig festgestellt. Bis dahin ist sich das Mehrheitsurteil mit dem Minderheitsvotum mehr oder weniger einig. Der entscheidende Streitpunkt endzündet sich nunmehr bei dem Nachfragerecht. Die Mehrheit der Richter bestreiten bereits in der vorliegenden Konstellation ein Nachfragerecht des Präsidenten, da es keinen ersichtlichen Grund hierfür gegeben habe. Ein mögliches Recht zur Nachfrage entfalle dann, wenn ein einheitlicher Landeswille erkennbar nicht bestünde und nach den gesamten Umständen nicht mehr während der Abstimmung zu erwarten gewesen wäre.
Wolle man dennoch auch in diesem Falle von einem Nachfragerecht ausgehen, so hätte nach der Zustimmung des Ministerpräsidenten noch einmal dessen Stellvertreter gefragt werden müssen, der erkennbar anderer Meinung gewesen sei. Dies sei nicht in der gebotenen Form geschehen.
Die Mehrheit des Senats hält das Zustandekommen des Gesetzes für verfassungswidrig. Im Ergebnis wurde das Gesetz für nichtig erklärt.
Das bereits angesprochene Sondervotum kommt zum Ergebnis, das die erste Abstimmung wirksam korrigiert worden sei durch die Nachfrage. Damit wäre auch das Gesetz formell wirksam zu stande gekommen.
Weitere Ausführungen zu dieser Thematik finden Sie in unseren GuKO ÖR I sowie den ExO`s.