Die Geschichte taugt als Drehbuchskizze einer öffentlich-rechtlichen Nachmittagssendung: Ein Dieb stiehlt einem ahnungslosen Bauern, zwei seiner Jungbullen von der Weide. Die Jungbullen werden den nächsten Abend nicht erleben: kurzerhand verkauft (und "übereignet") der Dieb die Jungbullen an einen ebenso ahnungslosen Schlachter für 1701 DM. Dieser macht kurzen Prozess und verwertet die Jungbullen instantan zu verkehrsfähigen Fleischprodukten. Jetzt wendet der Bauer sich: ...nicht etwa an den Dieb – er wendet sich an den Schlachter: Der Bauer beantragt den Schlachter zu verklagen, an Ihn (den Bauern) 1701 DM, nebst Prozesszinsen zu zahlen.
Vertragliche und Quasivertragliche Ansprüche scheiden von Vornherein aus: Insbesondere Ansprüche aus GoA (auch unberechtigter und "angemaßter") sind, wegen der irrtümlichen Eigengeschäftsführung ausgeschlossen.
Im Rahmen der sachenrechtlichen Ansprüche ist an das (niemals übersehen!) EBV zu denken. Da Ansprüche hier aber unabhängig von der Vindikationslage zum Zeitpunkt des "schädigenden Ereignisses" allein wegen der Gutgläubigkeit (zu diesem Zeitpunkt: nicht verklagt!) ausscheiden, ist auch der Punkt schnell abgehakt.
Schließlich verweist § 951 auf das Bereicherungsrecht. Damals wie heute geht die ganz h.M. davon aus, dass es sich bei § 951 um eine Rechtsgrundverweisung handelt. Damit müssen alle Voraussetzungen der §§ 812 ff. vorliegen. Der BGH erteilt im Rahmen der Anwendbarkeit insbesondere dem Einwand eine Absage, die EBV Vorschriften würden hier dem Bereicherungsrecht vorgehen und es verdrängen. Erstens behandelten die EBV Ansprüche etwas inhaltlich anderes: nämlich Schadensersatzansprüche, zweitens würde die Verweisung in § 951 sonst überhaupt keinen Sinn ergeben. Sodann ist allerdings problematisch, ob nicht der Vorrang der Leistungskondiktion den Rückgriff des Bauern auf den Schlachter verbietet – immerhin hat der Schlachter einen (wirksamen) Kaufvertrag mit dem Dieb geschlossen. Ohne sich lange mit der Problematik des Leistungsbegriffes auseinanderzusetzen, geht der BGH gleich die maßgebliche Systematik der Ausgleichsansprüche an: die §§ 932ff regelten abschließend wie der Interessenkonflikt im Falle des gutgläubigen Erwerbs aufzulösen sei. Im Falle des Abhandenkommens bestimme § 935 dass das wirksame Kausalgeschäft nicht den Eigentumsübergang rechtfertigen vermag. Diese Wertung strahle auch auf die Kondiktionsansprüche aus: gegenüber dem Bestohlenen könne der Käufer einer Sache (oder eines Tieres...§90a) sich nicht auf die rechtfertigende Wirkung des Vertrages berufen. Das Leistungsverhältnis des Schlachters mit dem Dieb sperrt damit nicht die Eingriffskondiktion des Bauern.
Die gleiche Argumentation wiederholt der BGH dann, als der Schlachter sich auf den Wegfall der Bereicherung beruft: Durch die Kaufpreiszahlung an den Dieb sei er entreichert. Der BGH sieht das Bereicherungsrecht hier als "Nachfolgeregime" des Eigentumsherausgabeanspruchs. Genausowenig der Schlachter, vor der Verarbeitung, dem Herausgabeverlangen nach § 985 den gezahlten Kaufpreis entgegenhalten konnte, könne dies im Rahmen des Entreicherungseinwandes geschehen..
Bleibt am Ende dreierlei: erstens festzuhalten das der Schlachter zahlen muss, zweitens festzuhalten dass Bereicherungsrecht nicht isoliert, sondern immer zusammen mit der Materie beurteilt werden muss die "Rückabgewickelt" oder "Entstört" werden soll und drittens: die Frage wie der Bauer wohl darauf gekommen ist, dass ausgerechnet seine Jungbullen in der Fleischtheke des Schlachters lagen...
Mehr über das Bereicherungsrecht, das EBV und deren Wechselwirkungen können Sie in unseren GuKOs ZR IV (Schuldrecht BT III und IV) und ZR V (Sachenrecht I und II) sowie den ExOs lesen und lernen.