K kauft von V per Dampfer Jessica 214 Fass Haakjöringsköd aus Norwegen. Als Preis werden 4,30 Mark pro Kilogramm vereinbart. K und V gingen dabei davon aus, dass es sich bei Haakjöringsköd um Walfischfleisch handelt. Tatsächlich bezeichnet das norwegische Wort „Haakjöringsköd“ allerdings Haifischfleich. Als die Fässer per Dampfer am Hamburger Hafen ankamen, wurde die Verwechslung entdeckt. Da es für Haifischfleisch – anders als für Walfischfleich – Einfuhrbeschränkungen gab, wurde die gesamte Ladung von der staatlichen Zentral-Einkaufsgesellschaft zu einem „Übernahmepreis“, der erheblich unter dem von K gezahlten Kaufpreis lag (Differenz: 47.515,90 Mark), beschlagnahmt. K verlangt nun von V Zahlung dieses Differenzbertrages, denn er habe ihm die Ware als Walfischfleich verkauft und da es sich in Wahrheit um Haifischfleisch handele, sei die Ware vertragswidrig.
Die zentrale Frage war nun, ob zwischen K und V ein Vertrag über Walfischfleich zustande gekommen war, obwohl sie bei Abschluss des Kaufvertrages die Bezeichnung „Haakjöringsköd“ verwendet hatten. Hierzu führt das Reichsgericht aus, beide Parteien seien bei Abschluss des Vertrages irrtümlich davon ausgegangen, dass der Vertragsgegenstand „Haakjöringsköd“ Walfischfleich sei, während es sich in Wirklichkeit um Haifischfleisch handelte und dies mit der Bezeichnung „Haakjöringsköd“ auch tatsächlich richtig bezeichnet war. Es liege allerdings kein Eigenschaftsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB vor. Denn beide Parteien waren sich darüber einig, dass sie einen Vertrag über Walfischfleisch schließen wollten – sie wählten nur einer ihrem Willen nicht entsprechenden Bezeichnung. Vielmehr müsse der Vertrag ebenso beurteilt werden, als wenn die Parteien die richtige Bezeichnung für Walfischfleisch gewählt hätten. Nach § 133 BGB sei bei der Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn der Erklärungen festzuhalten. Hier sei aber gerade ein Kaufvertrag über Walfischfleisch und nicht über Haifischfleisch gewünscht gewesen. Auch § 157 BGB, nach der Willenserklärungen so auszulegen sind, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, spreche dafür, nicht am buchstäblichen Sinn der Erklärungen zu verhaften, da dies zu einem unbilligen Ergebnis führen würde. Damit sei der Kaufvertrag über Walfischfleisch zustande gekommen. Bei der heutigen Rechtslage käme man damit zu dem Ergebnis, dass mit der Lieferung von Haifischfleisch statt des geschuldeten Walfischfleischs eine aliud-Lieferung vorliegt, die nach § 434 Abs. 3 BGB einem Sachmangel gleichgestellt ist. Damit könnte K sich gem. § 437 BGB auf das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht berufen.
Mehr über die falsa demonstratio non nocet können Sie in unserem GuKO ZR I sowie dem entsprechenden ExO erfahren, einen Einblick in das Probeskript gibt es hier.