Zur Debatte stand die Zahlung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008. In den drei vorhergehenden Jahren hatte der Arbeitgeber jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts gewährt, ohne dass die Zahlung ausdrücklich nur unter Vorbehalt gewährt wurde. Im Arbeitsvertrag des klagenden Arbeitnehmers von 1996 fand sich allerdings folgende Klausel: „Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit und ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“. Mit Hinweis auf den Arbeitsvertrag verweigerte der Arbeitgeber die Zahlung. Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes für 2008?
Ein Anspruch könnte aus betrieblicher Übung folgen. Dazu müsste der Arbeitgeber durch mehrfache, ununterbrochene, gleichförmige und vorbehaltlose Gewährung einer Leistung bei dem Arbeitnehmer den Eindruck erwecken, er würde die Leistung auch zukünftig gewähren. Dies ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Der Arbeitgeber hat in drei aufeinanderfolgenden Jahren an alle Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt. Eine mehrfache, ununterbrochene und gleichförmige Leistungsgewährung liegt damit vor. Fraglich ist jedoch, ob die Leistung auch vorbehaltlos erfolgte. Dies könnte durch den Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag ausgeschlossen sein. Dazu müsste die Klausel wirksam sein. Der Arbeitsvertrag enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Auf eine Einbeziehung gemäß § 305 Abs. 2, 3 BGB kommt es gemäß § 310 IV S. 2 BGB nicht an. Fraglich ist, ob die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB standhält. Die speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB sind nicht einschlägig. Die Klausel könnte jedoch nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam sein. Die unangemessene Benachteiligung könnte sich hier daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, vgl. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt verhindert, dass ein Anspruch überhaupt erst entsteht, während der Arbeitgeber sich beim Widerrufsvorbehalt vorbehält, die versprochene Leistung einseitig zu ändern. Durch die Kombination des Freiwilligkeits- mit der Widerrufsvorbehalt werde – so das BAG – für einen um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich, dass auch bei mehrfachen, ohne weitere Vorbehalte erfolgten Zahlungen des Weihnachtsgeldes ein Rechtsbindungswille für die Zukunft weiterhin ausgeschlossen bleiben solle. Die Klausel sei nicht hinreichend transparent. Daher sei der Freiwilligkeitsvorbehalt gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Leistung wurde damit vorbehaltlos gewährt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung ist damit entstanden. Ob auch der Widerrufsvorbehalt unwirksam ist, kann nach dem BAG dahinstehen, da in jedem Fall kein Widerruf erfolgt ist. Der Arbeitnehmer hat demnach einen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes für 2008 gegen den Arbeitgeber.
Wer Näheres über die betriebliche Übung erfahren möchte, dem seien unser GuKO ZR VII und der entsprechende ExO nahegelegt. Einen Einblick in das Probeskript gibt es hier.