Dem Beschluss liegt eine Wahlprüfungsbeschwerde gegen das Ergebnis der Europawahl zu grunde. Das Bundesverfassungsgericht ist hierfür nach Art. 41 Abs. 2 GG iVm § 48 BVerfGG zuständig. Auf den ersten Blick fragt sich der etwas unbefangene Betrachter wo denn das verfassungsrechtliche Problem einer Briefwahl allgemein und einer "unbegründeten Briefwahl" speziell sein kann. Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Verfassungsgemäßheit von Wahlrechtsregelungen ist dabei der Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG, der die Wahlrechtsgrundsätze normiert. Danach müssen die Wahlen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sein. Zusätzlich hat das Bundesverfassungsgericht noch aus dem Zusammenspiel mit dem Deokratieprinzip den ungeschriebenen Wahlrechtsgrundsatz der Öffentlichkeit der Wahl entwickelt.
Bei näherer Betrachtung wird nun offensichtlich, dass die Möglichkeit einer Briefwahl zumindest mit den Grundsätzen der Geheimheit und der Freiheit kollidiert. Auch der Grundsatz der Öffentlichkeit hinsichtlich der Wahlhandlung - normiert in § 31 Bundeswahlgesetz wird dadurch eingeschränkt. Es kann bei Briefwahlen nie ausgeschlossen werden, dass Dritte rechtswidigen Einfluss und Druck auf den Wahlberechtigten bzw. im schlimmsten Falle sogar an dessen Stelle die Briefwahl tätigen. Einfachgesetzlich ist daher in § 36 Abs. 2 BWahlG auch normiert, dass der Wahlberechtigte an Eides Statt versichern muss ordnungsgemäß gewählt zu haben.
Die Neuregelung knüpft jedoch bereits vor der Briefwahl an. Der Wahlberechtigte hatte zu begründen warum er am Wahltag nicht ins Wahllokal kommen kann. Damit wurde ein klares Regel-Ausnahmeverhältnis dokumentiert zwischen der Stimmabgabe im Wahllokal und zu hause.
Wenn man die Briefwahl bereits als Eingriff in zwei, respektive drei Wahlrechtsgrundsätze wertet, stellt sich die Frage, ob dieser gerechtfertigt sein kann. Regelmäßig betont das Bundesverfassungsgericht, dass insbesondere die verschiedenen Wahlrechtsgrundsätze in Ausgleich gebracht werden müssen. Die Briefwahl diene nämlich vor allem der Allgemeinheit der Wahl. Im speziellen Fall geht das Gericht davon aus, dass die Briefwahl ohne Angaben von Gründen, durch das verfassungsrechtlich legitime Ziel der "möglichst umfassenden Wahlbeteiligung" gerechtfertigt werden kann. Es billigt dem Gesetzgeber ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Ausgestaltung des Wahlsystems zu. Entscheidend sei, dass kein Wahlrechtsgrundsatz unverhältnismäßig eingeschränkt werde oder leer laufe. Zudem habe sich das alte Begründungserfordernis als praktisch nutzlos erwiesen, da es kaum kontrollierbar gewesen sei. Schließlich dürfe der Gesetzgeber auch auf eine mobilere Gesellschaft reagieren. Inwieweit vor allem das letzte Argument wirlich überzeugt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Einige Stimmen halten die "unbegründete Briefwahl" daher auch für verfassungswidrig (vgl. bspw. Gröschner, FAZ vom 26.7.2013, S. 7). Misst man der Geheimheit und der Freiheit der Wahl nämlich ein höheres Gewicht zu, dann kann man schnell zu dem Ergebnis kommen, dass der Briefwähler plausibel begünden muss, warum er verhindert sei, sein Wahllokal aufzusuchen. Durch die Neuregelung hat der Gesetzgeber auf jeden Fall das alte Regel-Ausnahmeverhältnis de-facto aufgehoben. Rein praktisch dürfte die Entscheidung auch eine Reaktion auf die faktische Erhöhung des Briefwähleranteils sein. Wählten 1990 bei der Bundestagswahl noch knapp ein Zehntel per Wahl war der Anteil bei der letzten Bundestagswahl schon bei über einem Fünftel der Wahlberechtigten.