Gem. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB macht sich wegen Bandendiebstahls strafbar, wer „als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt“
Expertentipp
Sofern beim Bandendiebstahl zugleich die Qualifikation des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 oder aber ein Regelbeispiel gem. § 243 StGB verwirklicht wurde, ist § 244a StGB verwirklicht. In der Klausur sollten Sie aber nicht direkt mit § 244a StGB einsteigen, sondern zunächst die anderen Normen prüfen, die zusammen mit dem Bandendiebstahl dann die „Super-Qualifikation“ des § 244a StGB ergeben. Anschließend reicht es aus, wenn Sie feststellen, dass damit § 244a StGB verwirklicht worden ist, der die anderen Normen verdrängt (Spezialität).
Eine Bande ist eine Gruppe von mindestens 3 Personen, die sich ausdrücklich oder stillschweigend zur Verübung fortgesetzter, im Einzelnen noch ungewisser Diebes- oder Raubtaten verbunden hat Fischer § 244 Rn. 17 ff.
Über dieses Kriterium wird der Bandendiebstahl bereits von der reinen Mittäterschaft gem. § 25 Abs. 2 StGB abgegrenzt. Zudem muss die jeweilige Tat, um deren strafrechtliche Bewertung es im Einzelnen geht, Ausfluss der Bandenabrede sein. Mit diesem Problem musste sich nun der BGH (6 StR 68/22, NJW 2023, 307) befassen.
Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:
Die Angekl. B, H und K beschlossen, zusammen nachts in zuvor durch B ausgespähte Restaurants einzudringen, um Geld sowie andere werthaltige Gegenstände mitzunehmen. B besorgte dementsprechend geeignete Werkzeuge, um in die Gebäude einzudringen und ggfs. dort vorhandene Tresore zu öffnen und instruierte die beiden anderen über den von ihm ausgewählten Tatort. Bei den alsdann ausgeführten Taten brachen entweder B oder H in das Gebäude ein, während der jeweilige Dritte Schmiere stand. Von der Beute erhielt B den größeren Anteil, im Übrigen wurde die Beute gleichmäßig aufgeteilt. In 9 weiteren Fällen nun stiegen H und K eigenständig und ohne vorherige Absprache mit B in Restaurants ein und teilten anschließend die Beute unter sich auf. B verheimlichten sie diese Taten, weil sie davon ausgingen, dass B die „Alleingänge“ nicht billigen würde.
Das LG Potsdam verurteilte die Angeklagten H und K auch in diesen Fällen wegen Bandendiebstahls und wies in seiner Begründung u.a. darauf hin, dass die ohne Mitwirkung B. s begangenen Taten – nahezu ausschließlich nächtliche Einbrüche in „Burger King“-Filialen – „geradezu prototypisch“ dem „von der Bandenabrede vorgesehenen Tatbild“ entsprachen.
Der BGH jedoch verneint bezüglich dieser Taten die Bandenabrede und führt folgendes aus:
„Zwar kann nach vorheriger – hier rechtsfehlerfrei festgestellter – Bandenabrede eine von nur zwei Mitgliedern verübte Tat als Bandentat zu qualifizieren sein; denn das für das Vorliegen einer Bande erforderliche dritte Mitglied muss nicht in die konkrete Tatbegehung eingebunden sein. Voraussetzung für die Annahme einer bandenmäßigen Begehungsweise ist neben der Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds jedoch, dass die Einzeltat Ausfluss der Bandenabrede ist und nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt wird….
Die Strafkammer hat aber nicht hinreichend in den Blick genommen, dass die Einzeltaten von H. und K. allein aus eigennützigen Motiven begangen wurden und sich deshalb nicht mehr ohne weiteres als Ausfluss der Bandenabrede erweisen...Danach hielten diese ihre „Alleingänge“ bewusst vor B. „geheim“, weil dieser „ein solches eigenmächtige Vorgehen nicht gebilligt“ hätte. Auch wenn die Unkenntnis eines „Bandenchefs“ der Annahme einer Bandentat nicht grundsätzlich entgegenstehen muss...erweist sich der gleichwohl vom Landgericht angenommene konkrete Bandenbezug der Einzeltaten durch das Landgericht jedenfalls vor dem Hintergrund der angeblichen Täuschung als nicht hinreichend tatsachenfundiert.“
Nach Auffassung der BGH liegt also nur ein mittäterschaftlich begangener Diebstahl gem. §§ 242, 25 Abs. 2 StGB vor, der jedoch als besonders schwerer Fall verwirklicht sein könnte, abhängig davon, wie die Angeklagten ins Gebäude gelangt sind.
Neben dem soeben geschilderten Problem begegnet Ihnen in Klausuren häufig auch das Problem, was „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“ zu verstehen ist.
„Unter Mitwirkung“ setzt zunächst kein mittäterschaftliches Zusammenwirken von wenigstens 2 Bandenmitgliedern voraus. Es genügt, wenn die Tatbeiträge der anderen Mitglieder Anstifter- oder Gehilfenbeiträge sind BGHSt 46, 321; BGH NStZ 2003, 32.
Streitig ist aber, wie viele Bandenmitglieder bei Tatbegehung vor Ort sein müssen.
Teilweise wird von der Literatur Engländer GA 2000, 578; Miehe StV 1997, 247 verlangt, dass jedenfalls 2 Bandenmitglieder zur selben Zeit am selben Ort zugegen sein müssen. Begründet wird das vor allem mit der erforderlichen gesteigerten Eskalationsgefahr.
Die Gegenauffassung BGHSt 46, 321; BGH NStZ 2003, 32; Hohmann NStZ 2000, 255; Altenhain Jura 2001, 836 sieht ergänzend auch die Organisationsgefahr als Strafzweck, sodass die Ausführung der Tat durch nur ein Bandenmitglied ausreichen soll. Nach Auffassung des Großen Senats kann die Wegnahmehandlung sogar durch eine bandenfremde Person erfolgen, sofern deren Handlung einem Bandenmitglied über § 25 Abs. 1 Alt. 2 oder § 25 Abs. 2 zugerechnet werden kann BGHSt 46, 321; BGH NStZ 2003, 32.
Expertentipp
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