Der Sachverhalt: Haftpflichtversicherer H hat dem G unstreitig den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Fahrzeugschaden zu ersetzen. Ein Sachverständigengutachten bezifferte die Reparaturkosten auf brutto 8346,72 € (netto 7014, 65 €). Auf Grundlage dieses Gutachtens ließ G sein Fahrzeug in der Werkstatt W sach-und fachgerecht reparieren. Hierfür berechnete W dem G 7492, 22 € (netto 6295,98 €). G rechnete seinerseits mit H auf Grundlage des Gutachtens ab; diese zahlte allerdings nur in Höhe der tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten in Höhe von 7492, 22 €. G verlangt nun von H den Differenzbetrag zu dem vom Gutachter festgestellte Bruttoreparaturaufwands in Höhe von insgesamt 718,07 €.
Ausgangspunkt für die Berechnung der Höhe des Ersatzanspruchs ist § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Danach kann der Gläubiger bei Beschädigung einer Sache den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Da der Geschädigte bei der Verwendung des Ersatzes nicht gebunden ist, kann er grundsätzlich auf Grundlage der tatsächlichen oder der fiktiven Kosten abrechnen. Er darf diese beiden Abrechnungsvarianten nur nicht mischen, sondern muss sich für ein Modell entscheiden. Hier hat sich der Geschädigte für eine Abrechnung auf Basis der fiktiven Kosten entschieden. Die Frage war nun, ob der Ersatzanspruch auch bei dieser Form der Abrechnung auf die Höhe der tatsächlich angefallenen niedrigeren Bruttokosten begrenzt ist. Hierzu führt der BGH aus, dass G seiner Abrechnung grundsätzlich die Stundenverrechnungssätze einer markengebunden Fachwerkstatt zugrunde legen durfte. In diesen Fällen sei es dem Schädiger allerdings unter gewissen Umständen möglich, den Geschädigten auf eine ihm ohne weiteres zugängliche, in fachlicher Hinsicht gleichwertige Werkstatt mit niedrigeren Preisen zu verweisen, auf deren Basis dann „fiktiv“ abzurechnen sei, sofern der Geschädigte keine Umstände darlege, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar mache. Denn die Angaben des Sachverständigen zu den im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Kosten seien keinesfalls verbindlich, vielmehr sei auch bei fiktiver Abrechnung der objektiv zur Herstellung erforderliche Geldbetrag ohne Bezug zu tatsächlichen Aufwendungen zu ermitteln. Mit den o.g. Hinweisen lege der Schädiger gerade dar, dass nur ein geringer als der vom Sachverständigen ermittelte Geldbetrag zur Wiederherstellung erforderlich sei. Diese Grundsätze müssten erst recht gelten, wenn eine Reparatur tatsächlich erfolgt und diese sach-und fachgerecht durchgeführt worden sei. Denn in diesen Fällen bedürfe es noch nicht einmal mehr eines Hinweises des Schädigers, da der Geschädigte durch die Durchführung einer preisgünstigeren, sach-und fachgerechten Reparatur selbst darlege, dass der vom Sachverständigen ermittelte Betrag nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sein könne. Eine abweichende Betrachtung würde auch dazu führen, dass der Geschädigte insgesamt an dem Schadensfall verdienen würde, was dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot zuwider laufen würde. Damit kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten begrenzt ist, sofern die Reparatur sach-und fachgerecht erfolgt ist. Damit hat G keinen Anspruch gegen H auf Ersatz des Differenzbetrages in Höhe von 718,07 €.
Weitere Informationen zum Art und Umfang der Schadensberechnung nach den §§ 249 ff. BGB gibt es in unserem GuKo ZR II sowie dem entsprechenden ExO. Einen Einblick in das Probeskript gibt es hier.