Die Urteilsverfassungsbeschwerde gegen ein zivilgerichtliches Urteil ist dadurch gekennzeichnet, dass das Bundesverfassungsgericht nicht als "Superrevisionsinstanz" fungiert. Das heißt im Wortlaut des Gerichts:
"Ein Verfassungsverstoß, der zur Beanstandung der angegriffenen Entscheidung führt, liegt danach nur dann vor, wenn übersehen worden ist, dass bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Privatrechts Grundrechte der Parteien des Rechtsstreits zu beachten waren, wenn der Schutzbereich der zu beachtenden Grundrechte unrichtig und unvollkommen bestimmt oder ihr Gewicht unrichtig eingeschätzt worden ist, so dass hierdurch eine mitunter gebotene Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet und die Entscheidung auf diesem Fehler beruht."
Die zivilrechtlichen Urteile waren bestimmt von einer streitigen Auslegung und Anwendung von §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, 823 Abs. 1 BGB.
Das Bundesverfassungsgericht musste nunmehr prüfen, ob das Oberlandesgericht bei der Abwägung der Meinungsfreiheit der DVU gegenüber dem postmortalen Persönlichkeitsrechts Kaisens (geltend gemacht von seiner Tochter) verfassungsrechtliche relevante Fehler gemacht hat.
Zunächst stellt das Gericht fest, dass es sich bei der Aussage, dass Kaisen die DVU wählen würde, um eine Äußerung handelt, die der Meinungsfreiheit unterfällt. Der Satz sei dem Beweise nicht zugänglich und könne daher keine Tatsache sein, die grundsätzlich nicht dem Schutz der Meinungsfreiheit unterfalle. Zur Zeit Kaisens gab es die DVU noch gar nicht, was denn rein spekulative Charakter dieser Aussage unterstreiche. Kennzeichnend sei das subjektiv-wertende Element. Insbesondere im Wahlkampf nehme die Meinungsfreiheit eine bedeutende Rolle ein. Die Grenzen seien erst dann erreicht wenn kollidierende Verfassungsgüter schutzwürdiger sind. Eine Verletzung von Rechten von Kaisen vermag das Gericht jedoch nicht zu erkennen. Es führt aus:
"Allein dadurch, dass einer verstorbenen Person unterstellt wird, sie würde, lebte sie noch, durch ihre Wahlentscheidung eine bestimmte nicht verbotene Partei unterstützen, wird der Person ihrer personalen Würde jedenfalls dann nicht entkleidet, wenn die Unterstellung - wie im vorliegenden Fall durch das OLG angenommen - nicht darauf gerichtet ist, die betroffene Person in ihrem Ansehen herabzusetzen. Die Äußerung der VU zielte gerade darauf, sich das Renommee von Wilhelm Kaisen im politischen Wahlkampf zu Nutze zu machen. Ausdruck der Verachtung von Kaisen sollte sie ersichtlich nicht sein."
"Die Adressaten dieser Spekulation konnten die Äußerung selbst auf ihre Plausibilität hin überprüfen. Dem unbefangenen und verständigen Äußerungsadressaten ist in aller Regel bewusst, dass Wahlkampfaussagen - ähnlichen kommerziellen Zwecken dienende Werbeaussagen - häufig Übertreibungen enthalten und verzerrte Bilder zeichnen, wenn dies dem Ziel entgegenkommt, die eigenen Aussichten auf einen Wahlerfolg zu verbessern."
Im Fortgang führt das Gericht aus, dass die Inanspruchnahme politischer Gegner für die eigenen Zwecke von den Adressaten ohne weiteres durchschaut werden könne. Übersetzt lautet das wohl: So ein offensichtlicher Quatsch kann überhaupt nicht das postmortale Persönlichkeitsrecht beeinträchtigen. Ob diese Argumentation zwingend ist, mag dahin gestellt bleiben.
Schlussendlich resümiert das Gericht:
"Die DVU hat zwar durch den geschaffenen Kontext Regeln des politischen Anstands eindeutig verletzt. Der Menschenwürde von Wilhelm Kaisen kann die Aussage jedoch nichts anhaben."
Die Verfassungsbeschwerde blieb somit erfolglos.