Der Gesetzgeber hat seinerzeit mit dem 6. StrRG den Wohnungseinbruchsdiebstahl aus dem Anwendungsbereich der Strafzumessungsnorm § 243 I Nr. 1 StGB herausgenommen und ihn zur Qualifikation gemacht. Damit gibt es nun zum einen keine Geringwertigkeitsklausel gem. § 243 II StGB mehr – der Diebstahl einer Rolle Klopapier aus einer Wohnung muss nun mit Freiheitsstrafe bestraft werden von min. 3 Monaten (§ 244 III StGB) – und zum anderen auch kein Ermessen des Gerichts, welches bei § 243 StGB, obgleich die Voraussetzungen eines Regelbeispiels vorliegen, gleichwohl selbiges aufgrund einer Gesamtschau ablehnen und den Täter nur gem. § 242 StGB verurteilen kann.
Aus diesem Grund lehnt eine starke Literaturmeinung eine Übertragung des weiten Begriffs des § 123 StGB auf § 244 I Nr. 3 StGB ab. Der Begriff der Wohnung müsse auf einen inneren Kern zurückgeführt werden, der aus Räumlichkeiten besteht, die als Mittelpunkt privaten Lebens Selbstentfaltung, - entlastung und vertrauliche Kommunikation gewährleisten (Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT II Rn 290). Nur vorübergehend genutzte Wohnmobile werden damit diesem Begriff nicht unterfallen.
Der BGH (Beschl. V. 11.10.2016 -1 StR 462/16) musste sich nun mit folgendem Sachverhalt befassen: Die Angeklagten brachen auf Parkplätzen abgestellte Wohnwagen und Wohnmobile auf, während die Insassen darin schliefen. In einem Fall wurde die Geschädigte G von Geräuschen und einer Taschenlampe in ihrem Gesicht geweckt. Seit diesem Ereignis leidet sie unter erheblichen Schlafstörungen. Nun stellte sich die Frage, ob es sich bei diesen Diebstählen um Wohnungseinbruchsdiebstähle gem. § 244 I Nr. 3 StGB handeln könnte. Der BGH hat dazu folgendes ausgeführt:
„Der Bundesgerichtshof hat bislang noch nicht entschieden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Wohnmobile oder Wohnwagen als „Wohnungen“ von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB tatbestandlich erfasst werden. Nach seiner Rechtsprechung handelt es sich allerdings bei Wohnmobilen um eine „andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient“ i.S.v. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn dieses seinem Nutzer jedenfalls vorübergehend als Mittelpunkt seines Lebens dient, was nicht nur in der Nutzung als Fortbewegungsmittel, sondern auch in der Nutzung zum Schlafen sowie zur Zubereitung und Einnahme von Mahlzeiten u.ä. zum Ausdruck kommt (BGH, Beschluss vom 1. April 2010 – 3 StR 456/09, NStZ 2010, 519 mit Anm. Bachmann/Goeck JR 2011, 41 f.). Die Wohnungseigenschaft verliert ein Wohnmobil nicht aufgrund des Umstandes lediglich zeitweiliger Nutzung (BGH aaO). Dementsprechend bewertet der Bundesgerichtshof ein Wohnmobil sogar dann als zur Wohnung von Menschen dienende Räumlichkeit i.S.v. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn dieses zur Tatzeit nicht konkret zum Wohnen genutzt wird.“
Unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 244 I Nr. 3 StGB und die daraus sich ergebende teleologische Auslegung hat der BGH alsdann Wohnmobile in den Anwendungsbereich des § 244 I Nr. 3 StGB mit aufgenommen.
„Der Gesetzgeber hat die Strafschärfung des Wohnungseinbruchdiebstahls mit der Erwägung begründet, es handele sich um eine Straftat, die tief in die Intimsphäre des Opfers eingreife und zu ernsten psychischen Störungen, etwa langwierigen Angstzuständen führen könne; nicht selten seien Wohnungseinbrüche zudem mit Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Verwüstungen von Einrichtungsgegenständen verbunden (BT-Drucks. 13/8587 S. 43). Anlass für die Höherstufung des Wohnungseinbruchdiebstahls war somit nicht etwa der besondere Schutz von in einer Wohnung – und damit besonders sicher – aufbewahrten Gegenständen, sondern die mit einem Wohnungseinbruch einhergehende Verletzung der Privatsphäre des Tatopfers (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 – 4 StR 94/01, BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Wohnung 1; Beschluss vom 24. April 2008 – 4 StR 126/08, NStZ 2008, 514; jeweils mwN). Bezweckt also der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben dem Schutz des Eigentums den verstärkten Schutz der häuslichen Privat- und Intimsphäre, scheidet dessen Anwendbarkeit aus, wenn der Täter in Räumlichkeiten einsteigt oder einbricht, die nicht diesem besonderen Schutzbereich zuzuordnen sind.
Ausgehend vom Schutzzweck der Norm können auch Wohnmobile und Wohnwagen Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB sein. Denn bei ihnen handelt es sich um umschlossene Räumlichkeiten, die einen erhöhten Eigentums- und Gewahrsamsschutz bieten und die, wenn sie Menschen zu Unterkunft dienen, eine räumliche Privat- und Intimsphäre vermitteln Auch Räumlichkeiten die, wie es bei Wohnmobilen und Wohnwagen regelmäßig der Fall ist, Menschen nur zur vorübergehenden Unterkunft dienen, sind Wohnungen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, wenn sie entsprechend genutzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 – 4 StR 59/01, NStZ-RR 2002, 68). Denn auch sie können im Zeitraum ihrer Nutzung als Unterkunft eine räumliche Privat- und Intimsphäre vermitteln (vgl. Duttge in Dölling/Duttge/ Rössner, Handkommentar Gesamtes Strafrecht, 3. Aufl., § 244 Rn. 28; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 244 Rn. 30). Auch bei bloß vorübergehendem Gebrauch hat der Nutzer eines Wohnmobils oder Wohnwagens während seines Aufenthalts dort den gewählten Mittelpunkt des privaten Daseins und Wirkens (vgl. Kretschmer in AnwaltKommentar StGB, 2. Aufl., § 244 Rn. 46; zu Hotelzimmern vgl. auch BGH aaO NStZ-RR 2002, 68; Vogel in LK-StGB, 12. Aufl., § 244 Rn. 75 sowie Eser/Bosch aaO). Das Vorhandensein von Schlafplätzen kennzeichnet eine Wohnung typischerweise, ohne aber notwendiges Merkmal einer solchen zu sein (vgl. Duttge aaO; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 244 Rn. 46). Insbesondere aber dann, wenn ein Wohnmobil oder Wohnwagen zu Schlafzwecken genutzt wird, dient es den Insassen zur Unterkunft und ist Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Ausreichend hierfür ist, wenn die Übernachtung im Wohnmobil oder Wohnwagen im Rahmen einer Urlaubsreise stattfindet. Nicht erforderlich ist, dass die bewegliche Unterkunft dauerhaft genutzt wird (a.A. Kudlich in SSW-StGB, 3. Aufl., § 244 Rn. 42).“
Die tatsächlich eingetretenen Angstzustände der G, die aufgrund des Umstands, dass jemand nachts in einen besonders geschützten Raum eingedrungen und in ihren privaten Gegenständen gewühlt hat, spiegeln die Intention des Gesetzgebers wider und sprechen letztlich für die Auslegung des BGH. Sofern es sich um einen minder schweren Fall handeln sollte, kann auf Abs. 3 zurückgegriffen werden.