Einzige Aufgabe der Bundesversammlung ist nach Art. 54 Abs. 1 die Wahl eines Bundespräsidenten. Mit 1472 Personen war die 17. die größte Bundesversammlung aller Zeiten – 736 Mitglieder des Bundestages wurden um die gleiche Zahl von Vertreten aus den Ländern ergänzt (Art. 54 Abs. 3 GG), darunter auch zahlreiche Prominente - von den 736 Delegierten der Landesparlamente waren 255 nicht Mitglied eines Landtags. Die von den Volksvertretungen der Länder entsandten Delegierten haben kein freies Mandat, vgl. Umkehrschluss aus Art. 77 Abs. 2 S. 3 GG. Die 17. Bundesversammlung wurde aufgrund der Covid-19 Pandemie im neben dem Reichstaggebäude gelegenen Paul-Löbe Haus abgehalten, weil dort die notwendigen Bedingungen besser realisiert werden konnten.
Vier Kandidaten traten an: Die Linkspartei hatte den Mediziner Gerhard Trabert, die AfD den Ökonom Max Otte und die Freien Wähler die Physikerin Stefanie Gebauer nominiert. Trabert bekam 96 Stimmen, Otte 140. Für Gebauer als einzige weibliche Kandidatin stimmten 58 Delegierte, damit deutlich mehr als die 18 Wahlpersonen der Freien Wähler. Otte 140 bekam Stimmen (die AfD entsandte 152 Vertreter), Trabert 96 (und damit mehr als die 71 Delegierten der Linkspartei); es gab 86 Enthaltungen, zwölf Stimmen waren ungültig.
Steinmeier erhielt somit bereits im ersten Wahlgang 1045 von 1472 möglichen Stimmen und damit die nach Art. 54 Abs. 5 i.V.m. Art. 121 GG notwendige qualifizierte Mehrheit. Steinmeier ist der fünfte Bundespräsident mit einer zweiten Amtszeit. Er nahm unmittelbar im Anschluss die Wahl an, seine zweite Amtszeit beginnt am 19. März. Steinmeier trat vor gut zehn Jahren für die SPD als Bundeskanzlerkandidat an und gilt als Sozialdemokrat durch und durch. Steinmeier hat nun seine zweite fünfjährige Amtszeit vor sich, nach deren Ende er nicht erneut direkt wieder antreten darf (Art. 54 Abs. 2 GG).
In seiner Antrittsrede gab er sich betont kämpferisch: Demokratie brauche Kontroverse, so Steinmeier. Aber es gebe eine rote Linie, „und die verläuft bei Hass und Gewalt. Und diese rote Linie müssen wir halten in diesem Land“. […] „Denen, die in der Not der Pandemie Hass und Lügen verbreiten, die von 'Corona-Diktatur' fabulieren und sogar vor Bedrohung und Gewalt nicht zurückschrecken, gegen Polizistinnen, Pflegekräfte und Bürgermeister, denen sage ich: Ich bin hier, ich bleibe.“ Seinem unterlegenen Mitbewerber Gerhard Trabert bot er eine Zusammenarbeit im Kampf gegen Obdachlosigkeit an: „Sie haben mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land.“ Steinmeier mahnte auch: „Wir sind inmitten der Gefahr eines militärischen Konflikts, eines Krieges in Osteuropa. Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine! Und suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt.“
CDU/CSU gelang es nicht, einen eigenen Kandidaten, besser: eine eigene Kandidatin, die man angestrebt hatte, zu finden. Die Christlichdemokraten waren daher plötzlich voll des Lobes auf Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier und kündigten vor geraumer Zeit an, ihn unterstützen zu wollen - damit war Steinmeiers zweite Amtszeit zementiert. Peinlich berührt gab man sich, als die AfD Max Otte ins Rennen schickte. Der 57-jährige Otte ist CDU-Mitglied und Vorsitzender der erzkonservativen Werteunion. In der Partei gilt seit Jahren ein Beschluss, der eine Zusammenarbeit mit der AfD verbietet. Der Parteivorstand erklärte darauf gestützt auch sofort, Otte aus der Partei auszuschließen. Der Vorstand entzog ihm sofort alle Mitgliederrechte und leitete ein Verfahren zum Parteiausschluss ein. Das kündigte Generalsekretär Paul Ziemiak an. Otte begründete seine Kandidatur mit dem Mangel an Alternativen und versuchte, den Ball an seine Partei zurückzuspielen. Er werde von einer Kandidatur absehen, falls die CDU einen Kandidaten nominiere, der sich aktiv dafür einsetze, „die Spaltung im Land zu überwinden und zu versöhnen“. Für sich führte er an, dass es im Bundespräsidialamt jemanden brauche, der Bürger- und Freiheitsrechte zum Thema mache. Otte war Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.