Nach § 230 I StPO findet eine Hauptverhandlung ohne den Angeklagten grundsätzlich nicht statt. Sofern nicht die Ausnahmeregeln der §§ 231ff StPO greifen, muss der Angeklagte also während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung anwesend sein.
Erscheint er nun „unentschuldigt“ nicht (eine Entschuldigung käme z.B. bei Krankheit und damit Verhandlungsunfähigkeit in Betracht, die aber rechtzeitig durch ärztliches Attest nachgewiesen werden muss), kann das unangenehme Folgen nach sich ziehen.
Um die Durchführung der Hauptverhandlung zu gewährleisten, kann das Gericht zunächst einen Vorführungsbefehl erlassen, § 230 II Alt. 1 StPO. Das Gericht wird ein neuen Verhandlungstermin ansetzen und damit zusammenhängend anordnen, dass der Angeklagte zu diesem Termin von zu Hause abzuholen und zu Gericht zu bringen ist.
Wurde ein Vorführungsbefehl bereits erfolglos angeordnet oder erscheint dieser Befehl von vorneherein als aussichtslos, dann kann das Gericht einen Sitzungshaftbefehl gem. § 230 II Alt. 2 StPO erlassen. Dieser Sitzungshaftbefehl dient der Durchführung der Hauptverhandlung und wird von der Polizei vollstreckt. Die Voraussetzungen der §§ 112 ff StPO müssen nicht erfüllt sein, es bedarf also keines dringenden Tatverdachts und auch keiner der dort genannten Haftgründe. Der Angeklagte wird in eine JVA verbracht und muss dort bis zum nächsten Verhandlungstermin bleiben. Da es sich hierbei um einen schweren Grundrechtseingriff handelt, ist die Sitzungshaft ultima ratio.
Angeordnet wird der Sitzungshaftbefehl gem. § 126 II StPO von dem in der Hauptsache befassten Gericht. Streitig ist, ob die Schöffen an der Entscheidung mitwirken müssen. Aus § 30 GVG ergibt sich, dass Schöffen „auch an den im Laufe einer Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen teil (nehmen), die in keiner Beziehung zu der Urteilsfällung stehen und die auch ohne mündliche Verhandlung erlassen werden können.“
Von daher wird vertreten, dass die Schöffen auch beim Erlass eines Sitzungshaftbefehls mitwirken müssen (so z.B. OLG Brandenburg FD-StrafR 2019, 415711). Im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot wird aber auch vertreten, dass bei Haftsachen (in der Regel: Anordnung der Untersuchungshaft bzw. deren Aufrechterhaltung) außerhalb der Hauptverhandlung und damit ohne Mitwirkung der Schöffen entschieden werden kann (BGH NStZ 2011, 356). Sofern allerdings die Sitzungshaft in der Hauptverhandlung angeordnet wird, müssen die Schöffen mitwirken.
Gegen die Anordnung der Sitzungshaft und auch des Vorführungsbefehl ist die Beschwerde als Rechtsmittel möglich, §§ 304 ff StPO. Die Sitzungshaft kann zudem mit der Haftprüfung gem. § 117 StPO angefochten werden.
Schließlich kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft auch ein Sitzungsstrafbefehl, §§ 407ff StPO, erlassen werden. Mit dem Strafbefehl kann eine Geldstrafe oder aber – sofern der Angeklagte einen Verteidiger hat - eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr auf Bewährung verhängt werden. Gegen diesen Strafbefehl kann der Angeklagte Einspruch gem. § 410 StPO einlegen.