Vor dem Hintergrund einer sich weiter verschärfenden Corona-Lage haben Bund und Länder am 18.11. neue Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung beschlossen. Das Robert-Koch-Institut meldete eine Inzidenz von 336,9, bundesweit wurden binnen 24 Stunden 65.371 neue Infektionen registriert. Der Bundestag verabschiedet das Paket zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). In namentlicher Abstimmung waren bei 688 abgegebenen 398 Abgeordnete dafür und 254 dagegen, es gab 36 Enthaltungen. „Wir reagieren mit notwendigen und rechtssicheren Maßnahmen auf die sehr schwierige Corona-Lage“, verteidigte SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar die geplanten Neuregelungen. Anders sah es Unionsfraktionsvize Thorsten Frei, er warf den Ampel-Parteien vor, bei der Bekämpfung der Pandemie in die verkehrte Richtung zu laufen. Die Planungen, die bisher vom Bundestag festgestellte epidemische Lage nicht zu verlängern, seien unverantwortlich. Unionsfraktionsvize Stephan Stracke (CSU) erklärte, die neuen Regeln würden der Dramatik der Lage nicht gerecht.
Das neu gefasste IfSG beinhaltet nun die 3G-Regelung für Arbeitsstätten sowie ÖPNV. Hier würden also Nachweise über Impfung, Genesung oder Vorlage eines negativen Tests nötig. Die Kontrollen der Impf- und Testnachweise sollen verschärft werden. Für besonders gefährdete Bereiche wie Pflegeheime und Kliniken sind Testpflichten auch beim Besuch vorgesehen. Die grundsätzliche Homeoffice-Pflicht kehrt zurück. Nicht mehr vorgesehen sind zukünftig flächendeckende Schließungen von Kitas & Schulen, Geschäften und Betrieben. Reisebeschränkungen und Schließungen von Restaurants soll es nicht mehr geben. Im Einzelfall können Einrichtungen mit besonders hohen Infektionszahlen geschlossen werden. Kontaktbeschränkungen, Vorschriften zum Abstand halten, die Maskenpflicht und auch Zutrittsbeschränkungen nur auf Geimpfte und Genesene (2G) sind ebenfalls weiter möglich.
Gestärkt wurde dabei die Rolle der Parlamente: Bisher hatten die Landesregierungen die weitreichende Möglichkeit, auf einfachem Verordnungsweg Einhgriffe zu legitimieren. Künftig sollen über viele Fragen, etwa Beschränkungen im Kulturbereich, die Landesparlamente direkt entscheiden müssen.
Notwendig war dann die Zustimmung des Bundesrates. Die Länder hatten zunächst Widerstand angekündigt. Dies hätte Probleme bereitet, da der Vermittlungsausschuss sich noch nicht konstituiert hat. Am Ende stimmte aber auch der Bundesrat – einstimmig – für das Paket. Sehr kritisch gesehen wurde vor allem die Beendigung der „Epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Dies, so vor allem die Union, sende das falsche Signal und sei zu riskant. Die noch verbliebenen Regelungen schränke die Möglichkeiten der Länder zu stark ein und reiche nicht zum Brechen der Infektionswelle, hatten CDU-Politiker kritisiert. Es könne nicht sein, dass etwa die flächendeckendere Schließung der Gastronomie nicht mehr möglich sei, sagte NRW-Ministerpräsident Wüst. Die CDU hatte daher im Bundesrat für die zehn Landesregierungen, an denen sie beteiligt ist, mit einer Blockade gedroht. Nach einer Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) samt geschäftsführender Kanzlerin Merkel wurde aber ein Kompromiss gefunden: Das Gesetz soll bereits Anfang Dezember evaluiert und gegebenenfalls nachgebessert werden. Nur unter dieser Voraussetzung könne man dem Gesetz im Bundesrat überhaupt zustimmen, machten mehrere Ministerpräsidenten unionsgeführter Länder klar.
Zudem einigte man sich in der Bund-Länder-Runde auf einheitlich schärfere Corona-Maßnahmen, sobald bestimmte Belastungswerte in Krankenhäusern überschritten werden. Die MPK legte dazu drei Stufen fest, gekoppelt an die Corona-Hospitalisierungsrate nach Bundesland pro 100.000 Einwohner in einem Sieben-Tage-Zeitraum. Bei Überschreiten eines Schwellenwertes von 3 sollen die Länder – soweit nicht bereits geschehen - flächendeckende Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G) einführen, etwa für Restaurantbesuche. In vielen Regionen ist dieser Wert bereits überschritten. Ab 6 sollen dazu in bestimmten Einrichtungen auch für Geimpfte und Genesene zusätzlich Testnachweise oder andere Maßnahmen vorschreiben (2G plus). Spätestens bei Überschreiten des Schwellenwerts von 9 sind die Länder dann gehalten weitergehenden Beschränkungen auszusprechen, etwa Kontaktbeschränkungen oder Einschränkungen und Verbote von Veranstaltungen.
Darüber hinaus wollen die Länder für Beschäftigte unter anderem in Krankenhäusern und Pflegeheimen Impfpflichten einführen lassen und baten den Bund für solche Einrichtungen eine Impfpflicht für alle zu beschließen, die Kontakt zu besonders gefährdeten Personen haben. Auch die FDP-Bundestagsfraktion sich für eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen zuletzt offen. Der Bund werde hierzu bald entscheiden, kündigte die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an.