I. Negative Beschaffenheitsvereinbarung
Unter einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung versteht man eine vereinbarte Beschaffenheit, welche unter den Anforderungen des objektiven Mangelbegriffs liegt.
434 Abs. 3 zeigt mit seiner Formulierung, dass die Vereinbarung einer bestimmten Eigenschaft zum einen zulässig ist und zum anderen dem objektiven Mangelbegriff vorgeht.
„Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie…“
II. B2B und C2C
Daraus folgt, dass (auch) eine negative Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich zulässig ist. Dies gilt grundsätzlich uneingeschränkt im Bereich B2B und C2C. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten zur bereits bekannten Rechtslage.
III. B2C
Besonderheiten sind jedoch im Bereich des Verbrauchervertrags (B2C) über Waren zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist die Abweichung von den Anforderungen nach § 434 Abs. 3 sowie § 475b Abs. 4 vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nur dann zulässig, wenn
- der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht, und
- die Abweichung im Sinne der Nummer 1 im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.
1. In Kenntnis setzen
Notwendig ist eine ausreichende Inkenntnissetzung in Gestalt einer ausdrücklichen und gesonderten Vereinbarung der Parteien. Nach dem Wortlaut der Richtlinie muss der Käufer „eigens“ (in der englischen bzw. französischen Übersetzung: „specifically“ o. „spécifiquement“) auf die Abweichung von der objektiven Beschaffenheit hingewiesen werden. Die Formulierung macht deutlich, dass gerade ein „Mehr“ im Vergleich zur Erteilung anderer vorvertraglicher Informationen verlangt wird.
Expertentipp
Zu prüfen sind demnach zwei Elemente:
1. Ausreichende „Form“ eingehalten?
2. Im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart?
Insoweit genügt gerade nicht die Abweichung nur als eine von mehreren Eigenschaften der Kaufsache in der Produktbeschreibung anzuführen. Wie kann dies in der Praxis umgesetzt werden? Im stationären Handel kann die Eigenschaft auf der Produktbeschreibung durch besondere Hervorhebung (farbliche Kennzeichnung, größere Schriftgröße, sonstige grafische Aufhebung) gekennzeichnet werden. Im Onlinehandel muss ebenfalls eine deutliche Kennzeichnung bei der Produktpräsentation erfolgen.
2. Ausdrückliche und gesonderte Vereinbarung
Die Formulierung „ausdrücklich“ macht deutlich, dass eine konkludente Vereinbarung gerade nicht ausreicht.
Das Merkmal „gesondert“ will sicherstellen, dass die Abweichung der Art hervorgehoben wird, damit der Verbraucher sie bewusst in seine Kaufentscheidung einbeziehen kann. Eine Vereinbarung in einem Formularvertrag oder in separaten Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird daher unzulässig sein. Die Vertragsunterlagen müssen vielmehr so gestaltet sein, dass dem Verbraucher bei Abgabe seiner Vertragserklärung bewusst wird, dass er eine Kaufsache erwirbt, die von den objektiven Anforderungen an die Vertragsgemäßheit abweicht oder abweichen kann. Dazu reicht es im Onlinehandel auch nicht aus, ein schon vorangekreuztes Kästchen vorzusehen, dass der Verbraucher deaktivieren kann. Der Unternehmer kann im Online-Handel aber eine ausdrückliche und gesonderte Erklärung des Verbrauchers etwa dadurch herbeiführen, dass er auf seiner Webseite ein Kästchen oder eine Schaltfläche vorsieht, dass die Verbraucher anklicken oder auf andere Weise betätigen können (BT-Drs. 19/27424, S. 42).
Hinweis
Von einer wörtlichen Übernahme des in Artikel 7 Absatz 5 WKRL für den Hinweis genannten Zeitpunkts („zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags“) wurde abgesehen, weil dies für eine wohlüberlegte Entscheidung des Verbrauchers in Kenntnis der Abweichung zu spät sein kann. Es soll der Eindruck vermieden werden, der Verkäufer könne zunächst das Angebot des Verbrauchers abwarten und erst im Zeitpunkt seiner Annahme auf die Abweichung hinweisen.