Überwachergaranten beherrschen eine Gefahrenquelle und müssen dementsprechend dafür Sorge tragen, dass sich die Gefahren gegenüber Dritten nicht in einem Schaden realisieren. Die Klausur-typische Überwachergarantenstellung ist die Ingerenz. Hier ist der Täter selber die Gefahrenquelle.
Bei den Beschützergaranten ist es anders: hier besteht ein besonderes Verhältnis zwischen dem Täter und dem Opfer, welches dazu führt, dass der Täter verpflichtet ist, Gefahren vom Opfer fern zu halten. Diese Garantenstellungen können rechtlich fundiert sein. So sind die Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern gem. § 1626 BGB zur elterlichen Sorge verpflichtet. Aus dieser Pflicht ergibt sich eine entsprechende Garantenstellung. Aber gilt das auch umgekehrt? Sind erwachsene Kinder gegenüber ihren Eltern als Garanten anzusehen? Und können sie sich z.B. gem. §§ 212, 13 StGB strafbar machen, wenn sie es unterlassen, die pflegebedürftigen Eltern zu versorgen?
Der BGH (4 StR 169/17 - www.bundesgerichtshof.de) hat das im Einzelfall bejaht und sich dabei auf die Wertung des § 1618a BGB gestützt. Daraus ergibt sich, dass Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schulden. Der BGH weist darauf hin, dass diese Vorschrift als Leitlinie für alle Eltern-Kind-Beziehungen ins BGB aufgenommen worden sei und dementsprechend als Wertemaßstab auch Wirkung bei der Konkretisierung strafrechtlicher Garantenpflichten entfalte. Dies alleine jedoch reiche nicht zur Begründung einer Garantenstellung aus. Vielmehr müsse die faktische Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhältnisses ermittelt werden. Dies geschehe anhand zahlreicher Umstände wie z.B. des Alters, des Gesundheitszustandes, der Lebensumstände und des Zusammenlebens der betroffenen Personen.
Wie bei anderen Beschützergarantenstellungen auch muss auch hier eine besondere Beziehung zwischen Täter und Opfer bestehen, die dazu führt, dass das Opfer auf den Schutz durch den Täter vertraut.
Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob Geschwister untereinander als Garanten verpflichtet sind, einen Erfolg abzuwehren oder ob nur die allgemeine, sich aus § 323c StGB ergebende Hilfspflicht besteht. Das LG Kiel (NStZ 2004, 157, 158 f.) hat allein die verwandtschaftliche Nähe nicht als ausreichend angesehen, es müsse vielmehr ein besonderes Obhutsverhältnis begründet werden.