In dem Beschl. v. 11.01.2023 - BVerwG 20 F 25.22 des BVerwG begehrte der Kläger in dem Zwischenverfahren des Hauptsacheverfahrens die Verpflichtung des Beklagten, weitere Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten personenbezogenen Daten zu erteilen. Im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aufgefordert, die vollständigen Unterlagen zu übersenden. Dieser hat daraufhin einen teilweise geschwärzten Teil der Akten vorgelegt, die Vorlage der vollständigen, ungeschwärzten Akten aber unter Abgabe einer Sperrerklärung verweigert.
In der Klausur könnte dieser Sonderfall des sog. In-camera-Verfahrens einmal als spezielle Zusatzfrage auftauchen. das BVerwG musste prüfen, ob diese Sperrerklärung rechtmäßig war. Um diese Prüfung samt des zugrundeliegenden Verfahrens zu verstehen, schauen wir uns die entsprechenden Grundsätze hierzu an.
Grundsätzlich ist das Gericht durch den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO zur Ermittlung des Sachverhalt von Amts wegen verpflichtet. Zur Ermittlung sind dabei nach § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwGO die Beteiligten heranzuziehen. Die Beweismittel zur Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung sind in § 96 Abs. 1 S. 2 VwGO geregelt. Aus § 87 Abs. 1 S. 1 VwGO folgt zugleich, dass bereits vor der mündlichen Verhandlungen auf eine umfassende Sachverhaltsaufklärung einzuwirken ist. Dafür können nach § 87 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 VwGO insb. die Vorlage von Urkunden und elektronischen Dokumenten angeordnet werden.
Dass die Behörde (Beklagte) zur Vorlage verpflichtet ist, ergibt sich aus § 99 Abs. 1 S. 1 VwGO. Danach sind Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet.
Diese Mitwirkungsobliegenheit der Behörde (und damit der Untersuchungsgrundsatz des Gerichts) wird durch § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO eingeschränkt. Danach kann die oberste Aufsichtsbehörde die Auskunft verweigern, wenn der Inhalt der Urkunden/Dokumente dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen.
Darauf hat sich die Behörde als Beklagte im vorliegenden Fall berufen.
Prozessual muss das Verwaltungsgericht auf Antrag des Klägers als Beteiligten die Frage, ob das Verweigern der Vorlage der Urkunden/Dokumente rechtmäßig war, dem speziellen Fachsenat des OVG (bzw. des BVerwG) vorlegen, §§ 99 Abs. 2 S. 4, 189 VwGO. Dieser Senat prüft sodann die Rechtmäßigkeit der Weigerung in einem Beschlussverfahren, § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO. Nur dieser spezielle Fachsenat erhält Einblick in die geheimen Dokumente und prüft im Beschlussverfahren nach § 99 Abs. 2 S. 1 VwGO, ob die Weigerung der Behörde rechtmäßig war i.S.d. § 99 Abs. 1 S. 2 VwGO.
Gegen den Beschluss des Fachsenats steht den Beteiligten das Rechtsmittel der Beschwerde nach §§ 146 Abs. 1, 152 Abs. 1, 99 Abs. 2 S. 12, S. 13 VwGO zur Verfügung.