„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, so steht es seit 1949 im Grundgesetz (Art. 3 GG). Dieses Gebot wurde aus Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 übernommen. Frauen und Männer hatten nach der WRV grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten, Deutschland gewährte somit 1919 als eines der ersten Länder Frauen das allgemeine Wahlrecht (Neuseeland führte weltweit als erstes Land 1893 das aktive Frauenwahlrecht ein, Finnland als 1. Land in Europa 1906). Doch das Wahlrecht allein sorgt nicht für Gleichberechtigung.
So galten in der alten Bundesrepublik lang Regelungen, die Frauen direkt benachteiligten. 1958 änderte das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau einiges: Bis zu diesem Zeitpunkt gab es vor allem im Zivilrecht deutliche Benachteiligungen. Vorher durften Ehemänner sogar Arbeitsverträge ihrer Frauen kündigen und hatten das alleinige Bestimmungsrecht über Frau und Kinder. Bis 1962 durften Ehefrauen allein kein Konto eröffnen, erst 1969 wurden verheirate Frauen voll geschäftsfähig. Erst 1977 (1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts) wurde das BGB dahingehend geändert, dass Frauen auch ohne Erlaubnis ihres Ehemannes einer Arbeit nachgehen durften. Vorher musste dies „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ sein. Großer Streit entbrannte 1971 über die Reform von § 218 StGB zum Schwangerschaftsabbruch. In der ehemaligen DDR galt seit 1950 das „Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau“, weswegen der andere deutsche Staat oft als Vorreiter bei der Emanzipation gesehen wurde.
Die Gleichberechtigung der Geschlechter wurde durch den im Oktober 1994 neu eingeführten Absatz 2 ergänzt durch die Formulierung: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“. Diese Sonderregelung in Bezug auf die Differenzierung nach Geschlecht steht im Gegensatz zu Art. 3 Absatz 3 GG, der grundsätzlich eine Ungleichbehandlung nach Geschlecht verbietet. Umgesetzt wurde er auch im 2. Gleichberechtigungsgesetz. Weiter hin jedoch gibt es faktische mittelbare Ungleichbehandlungen die auf dem Geschlecht beruhen. So belasten beispielsweise negative Konsequenzen der Teilzeitarbeit überwiegend Frauen, da diese Beschäftigungsform überwiegend von Frauen ausgeübt wird. Auch herrscht in Deutschland weiterhin ein großes Gefälle in der Vergütung, Frauen verdienen im Schnitt ca. 22% weniger als Männer bei gleicher Arbeit, wobei der europaweite Schnitt bei „nur“ 15% liegt. Das Anfang 2018 verabschiedete Entgelttransparenzgesetz sollte dem entgegenwirken. Als besonders armutsgefährdet gelten alleinerziehende Mütter.
In Zukunft bleibt abzuwarten, ob und inwieweit Art. 3 GG um Regelungen zum Dritten Geschlecht oder auch zur sexuellen Orientierung ergänzt wird, wie seit Jahren gefordert. Weiterhin gibt es Überlegungen, mehr und verbindlichere Quoten etwa bei der Besetzung von Vorstandsposten oder Aufsichtsräten einzuführen. Auch wenn es in Sachen Gleichberechtigung in den letzten 100 Jahren große Fortschritte gegeben hat bleibt noch viel Raum und Notwendigkeit für Verbesserungen.