Unter „gemeingefährlichen Mitteln“ werden solche verstanden, die geeignet sind, in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben zu gefährden und deren Wirkungsweise der Täter nicht sicher beherrschen kann (BGH NStZ 2020, 284).
Die besondere Verwerflichkeit dieser Tötung liegt also darin, dass der Täter bereit ist, eine Vielzahl von Menschen zu gefährden, ohne über das Tatmittel Kontrolle zu haben. Die darin zum Ausdruck kommende Rücksichtslosigkeit oder Gleichgültigkeit den Belangen anderer gegenüber macht den Totschlag zum Mord.
Wichtig ist aber die Verwendung in der konkreten Tatsituation. Dazu der BGH (a.a.O.): „Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters.“
So ist eine detonierende Bombe im Hauptbahnhof zur Rush Hour ein gefährliches Tatmittel, nicht jedoch, wenn sie gezielt unter einem Fahrzeug platziert wird.
Auch Feuer kann ein gemeingefährliches Tatmittel sein. Die Gemeingefährlichkeit ergibt sich aber nicht schon aus dem Umstand, dass der Täter mit dem Feuer mehrere, zuvor individualisierte Tatopfer töten wollte. Legt er z.B. Feuer, um seine ehemalige Lebensgefährtin und deren beiden Kinder zu töten, dann will er eine „Mehrfachtötung“ begehen, nicht aber eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln, sofern das Feuer nicht auf eine Vielzahl anderer Gebäude überspringen und weitere Menschen gefährden kann (BGH a.a.O.).
Was ist nun aber der Unterschied zwischen einer „Mehrfachtötung“ und einer Tötung „mit gemeingefährlichen Mitteln? Der Unterschied liegt in der Individualisierung: Hat der Täter eines oder mehrere Opfer individualisiert und will er genau diese Opfer töten, dann liegt eine Mehrfachtötung vor. Ist es ihm hingegen gleichgültig, wen er trifft, dann kommt eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln in Betracht. Teilweise wird dabei darauf abgestellt, dass es sich bei den Gefährdeten um unbeteiligte Dritte und damit um Personen handeln muss, auf die sich der Tötungsvorsatz des Täters gerade nicht erstreckt (vgl. MüKoStGB/Schneider § 211 Rn.12), teilweise soll zu den Gefährdeten jeder zählen, „der als (letztlich austauschbarer) Repräsentant der Allgemeinheit und nicht als ausgesuchte, bestimmte Individualperson betroffen wird“ (Rengier Strafrecht BT II, 20. Aufl. 2019, § 4 Rn. 47c; BGH NJW 1993, 210). Ein gemeingefährliches Mittel liegt demzufolge also vor, wenn es dem Täter letztlich egal ist, wer verstirbt.
Expertentipp
Natürlich sollte man in Fallgestaltungen, in denen der Täter seine Opfer durch einen Brand töten möchte, auch an die Mordmerkmale "Heimtücke" und "Grausam" denken. Grausam scheint sich aufzudrängen, da Verbrennen ein qualvoller Tod ist. Denken Sie aber daran, dass es dem Täter aus rücksichtsloser und unbarmherziger Gesinnung darauf ankommen muss, dem Opfer Qualen zuzufügen. In den meisten Fällen erleiden die Opfer im Schlaf eine Rauchvergiftung und sind bereits tot, wenn sie verbrennen. In diesen Fällen liegt keine grausame Tötung vor. Heimtücke kann vorliegen, wenn der Brand nachts gelegt wird und die Opfer überraschen soll. In diesem Fall muss kurz dargelegt werden, warum schlafende Opfer arg- und wehrlos sind.