Durch den Vertrag von Lissabon (in Kraft zum 01.12. 2009, faktisch umgesetzt am 01.01.2010, wobei teils noch Übergangsregelungen in Kraft waren) sollte die Europäische Union (EU) demokratischer, transparenter und effizienter werden. Hierzu wurden zahlreiche institutionelle Änderungen vorgenommen. Eine davon ist die Einführung der drei Führungspersönlichkeiten: Präsident des Europäischen Rates, Kommissionspräsident und Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik.
Das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission ist nicht neu, die Rolle als Führungspersönlichkeit jedoch schon. Hierdurch soll die Kommission, die oft gleichgesetzt wird mit „Bürgerferner Demokratie“, zugänglicher und nahbarer werden. Der Präsident der Europäischen Kommission ist Vorsitzender der Europäischen Kommission. Er wird vom Europäischen Rat nominiert und durch das Europäische Parlament für fünf Jahre gewählt. Der Kommissionspräsident gibt die Leitlinien der Kommissionsarbeit vor (Art. 17 Abs. 6 EUV, vergleichbar der Richtlinienkompetenz) und soll für eine effektive und kollegiale Arbeitsorganisation der Kommission sorgen.
Zudem entscheidet er über die Zuständigkeitsbereiche der Kommissionsmitglieder, die er auch während der Amtszeit neu ordnen kann. Er ernennt die Vizepräsidenten und kann auch einzelne Mitglieder der Kommission entlassen. Anders aber als nationale Regierungschefs, die i.d.R. selbst das recht haben, Minister für ihre Regierung auszuwählen, hat der Kommissionspräsident bei der Auswahl der Kommissionsmitglieder deutlich begrenzte Befugnisse. Die Anzahl der Kommissionsmitglieder bleibt grundsätzlich auf einen Kommissar pro Land festgelegt. Die Kommissare werden von den nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten vorgeschlagen und vom Rat der EU mit qualifizierter Mehrheit nominiert. Der Kommissionspräsident kann zwar der Ernennung eines Kommissionsmitglieds widersprechen, üblicherweise aber werden Vorschläge der nationalen Regierungen übernommen. Nach der Nominierung der Kommission muss diese komplett vom Europäischen Parlament bestätigt werden.
Als Oberhaupt der Exekutive der EU ist sein Amt in vielerlei Hinsicht mit dem eines Regierungschefs auf Landesebene bzw. Bürgermeisters auf kommunaler Ebene zu vergleichen. Das Amt wurde 2014-2019 vom Luxemburger Jean-Claude Juncker bekleidet, seit dem 01.12. 2019 steht mit Ursula von der Leyen aus Deutschland erstmals eine Frau an der Spitze der Kommission.
Das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates wurde im Vertrag von Lissabon neu geschaffen. Erst durch diesen wurde der Europäische Rat auch ein Organ der EU. Das Amt des Vorsitzenden des Europäischen Rates war vorher eine inoffizielle Funktion, ausgeübt von dem Staats- oder Regierungschef des Mitgliedstaats, der zu diesem Zeitpunkt die Ratspräsidentschaft innehatte. Die Aufgaben des Präsidenten sind in Artikel 15 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) festgelegt. Zu den Aufgaben des Präsidenten gehört es, die Sitzungen des Europäischen Rates, das sind die sogenannten Gipfeltreffen, vorzubereiten. In Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission sorgt er auf der Grundlage der Arbeiten des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ für die Vorbereitung der Tagungen des Europäischen Rates und die Kontinuität der Arbeiten;
Er führt sodann den Vorsitz bei den Tagungen des Europäischen Rates, gibt dessen Arbeit Impulse und wirkt auf Zusammenhalt und Konsens hin bzw. vermittelt bei möglichen Konflikten (unterstützt von der Ratspräsidentschaft). Im Anschluss an jede Tagung des Europäischen Rates legt er dem Europaparlament einen Bericht vor. In der Außenpolitik arbeitet er mit dem Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik zusammen und nimmt mit diesem die Außenvertretung der EU wahr; bei internationalen Gipfeltreffen nimmt er in der Regel gemeinsam mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission teil. Der Europäische Rat und sein Präsident werden vom Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union unterstützt. Der Präsident verfügt auch über einen eigenen Mitarbeiterstab, das Kabinett des Präsidenten.
Der Präsident des Europäischen Rates wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren gewählt (einmalige Wiederwahl ist möglich); er darf während seiner Amtszeit kein einzelstaatliches Amt ausüben. Mit qualifizierter Mehrheit kann er auch des Amtes enthoben werden; eine Bestätigung durch das Europäische Parlament ist nicht vorgeschrieben. Am 01.12. 2019 folgte der Belgier Charles Michel auf den Polen Donald Tusk. 2009-2014 war Herman van Rompuy (ebenfalls aus Belgien) Ratspräsident.
Der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HV, im Vertragstext kurz: Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik) ist eine neu geschaffene Position innerhalb des Institutionengefüges der EU mit mehreren Funktionen in verschiedenen Organen: Der Hohe Vertreter ist auch Vizepräsident der Kommission, Vorsitzender des Rates für Auswärtige Angelegenheiten und Außenbeauftragter des Europäischen Rates. Der Hohe Vertreter erhält damit wichtige Posten in gleich zwei bedeutenden EU-Institutionen, nämlich der Europäischen Kommission und dem Rat der EU. Man spricht daher von einem „Doppelhut“. Umgangssprachlich wird der Posten häufig als EU-Außenminister oder EU-Außenbeauftragter bezeichnet. Die erste Bezeichnung wurde aber bewusst offiziell nicht gewählt. Die geplante EU-Verfassung-Verfassung bzw. der Verfassungsvertrags über die EU sah vor, das Amt des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Aussen und Sicherheitspolitik (GASP) mit dem des Kommisars für Außenbeziehungen zusammenzulegen und in „Außenminister der Union“ umzubenennen. Hierbei stand zur Debatte, ob und inwieweit sich die EU von einer supranationalen Entität zu einem Bundesstaat entwickeln würde. Die Bezeichnung als „Minister“ hätte nach Ansicht der Kritiker eine Staatlichkeit der EU suggeriert, die dieser eben nicht zukommen sollte. Nach dem Scheitern des Verfassungsvertrags einigte man sich auf die Beibehaltung des bisherigen Titels in leicht geänderter Form, ansonsten wurden die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Regelungen jedoch komplett übernommen.
Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik vereinigt somit die früheren Ämter des Hohen Vertreters für die GASP und des Kommisars für Außenbeziehungenund vertritt die EU gemeinsam mit dem Präsidenten des Europäischen Rates nach außen. Seine Vorschläge dienen zur Festlegung der GASP und als Teil dieser der Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Beide führt er im Auftrag des Rates mit Hilfe des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) durch. Dieser neu geschaffene Dienst, der auf den früheren Delegationen der EU-Kommission aufbaut und auch abgeordnetes Personal der nationalen diplomatischen Corps umfasst, ist dem Hohen Vertreter unterstellt. Der Hohe Vertreter koordiniert zudem die Arbeit der EU-Sonderbeauftragten.
Der Hohe Vertreter wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit (mit Zustimmung des Kommisionspräsidenten) für eine Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Für die Ernennung des Hohen Vertreters ist außerdem gemäß Art.17 EUV die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich, da er zugleich auch der Europäischen Kommission angehört und das Europäische Parlament der Ernennung der Europäischen Kommission insgesamt zustimmen muss. Aktueller Amtsinhaber ist seit dem 1. Dezember 2019 der ehemalige spanische Außenminister Josep Borrell Fontelles; er löst Federica Mogherini aus Italien ab. Erste Amtsinhaberin war bis zum 30.11.2014 die Britin Catherine Ashton.