Art. 3 GG normiert den allgemeinen Gleichheitssatz – wesentlich Gleiches muss gleichbehandelt werden. Gleichgelagerte Sachverhalte dürfen aber ungleich behandelt werden, wenn Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (sog. „Neue Formel“ des BVerfG). Art. 3 Abs. 3 enthält Begründungen, aufgrund derer eine Ungleichbehandlung grundsätzlich nicht gerechtfertigt werden kann (sog. Diskriminierungsverbote).
Diese Aufzählung, insbesondere die Aufnahme des Begriffs „Rasse“, war Reaktion auf das Unrecht des Nationalsozialismus und sollte verstanden werden als grundlegende Abkehr von dieser Ideologie, insbesondere der von diesem verbrecherischen Regime vertretenen „Rassenlehre“. Dieses naturwissenschaftlich völlig unhaltbare Gedankengut trat rechtlich vor allem in den sog. Nürnberger Rassengesetzen hervor und wurde als Grundlage für die millionenhaften Tötung von Menschen jüdischen Glaubens, Sinti und Roma, politisch Andersdenkenden, Homosexuellen und anderen brutal verfolgten Gruppen missbraucht. Mit diesen Normen institutionalisierten die Nationalsozialisten ihre rassistische, insbesondere antisemitische, Ideologie auf juristischer Grundlage. Sie wurden anlässlich des 7. Reichsparteitages der NSDAP, des sogenannten „Reichsparteitags der Freiheit“, am 15. September 1935 einstimmig vom Reichstag angenommen und umfassten das sog. Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, auch „Blutschutzgesetz“ genannt, und das Reichsbürgergesetz.
Die Begriffsklärung im Hinblick auf das Grundgesetz war von Beginn an problematisch, die heutzutage meist verwendete Definition zum Begriff der „Rasse“ lautet: „Betrifft die Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit realen oder vermeintlichen vererbbaren Merkmalen.“ Hierbei ist zu bemerken, dass der Zusatz „vermeintlich“ erst in den letzten Jahren hinzukam, und in Kommentierungen lange als Beispiel auf „Zigeuner“ verwiesen wurde. Heute wird der Begriff oft lediglich, wie auch in diesem Beitrag, in Anführungszeichen verwendet.
In internationalen Abkommen, vgl. etwa Art. 1 Abs. 3 Charta der VN oder Art. 19 AEUV, wird der Begriff „Rasse“ weiterhin verwendet. In § 1 AGG formulierte der Gesetzgeber nach den Vorgaben der Antirassismus-RL 2000/43/EG des Rats der Europäischen Union „aus Gründen der Rasse“, um den Eindruck zu vermeiden, dass ein Gesetz die Existenz unterschiedlicher „Menschenrassen“ annimmt. Nach der Begründung impliziert der Ausdruck „Rasse“ nicht die Akzeptanz von Theorien, die Menschen in „Rassen“ (Zeichenergänzung durch Autor) einordnen. Vorbild für die Formulierung ist die International Labor Organisation Konvention Nr. 111 von 1958, wonach „jede Unterscheidung, Ausschließung oder Bevorzugung“ „auf Grund der Rasse“ verboten ist.
Der Begriff „Rasse“ bleibt aber, speziell in Verbindung mit Begriff „wegen“, hochproblematisch, da diese Formulierung nahelegt, es gäbe verschiedene menschliche „Rassen“. Der Begriff der „Rasse“ ist in Bezug auf Menschen aber naturwissenschaftlich nicht haltbar – es gibt keine „menschlichen Rassen“ Auch juristisch ist er keiner wirklich nachvollziehbaren Interpretation zugänglich. Jeder Ansatz, der auf die Existenz unterschiedlicher menschlicher „Rassen“ abstellt, ist in sich rassistisch. Es liegt somit ein unbestimmter und wohl auch unbestimmbarer, faktisch willkürlicher, Rechtsbegriff vor. Damit ist eine Diskriminierung „wegen der Rasse“ in der Rechtspraxis nur möglich, wenn sich diese selbst rassistischer Stereotypen bedient. Die Begründungen und Auslegungen des Begriffs sind dem juristischen Laien nicht bekannt und auch in Fachkreisen nicht immer klar, wie der Eklat um einen Aufsatz der Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA 2021, 166) verdeutlicht.
Das Europäische Parlament hat schon vor geraumer Zeit empfohlen, den Begriff nicht mehr in Dokumenten und Rechtstexten der EU zu gebrauchen. Staaten wie Finnland, Schweden und Österreich haben in ihrem nationalen Recht bereits Abstand von ihm genommen. Auf Ebene der VN, insbes. der UNESCO, hat ein ebensolcher Wandel stattgefunden - von der Erklärung „über Rassefragen“ 1950 zur Erklärung „gegen den Rassebegriff“ 1995.
Dem folgend sollte der Begriff „Rasse“ aus Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz gestrichen werden. Eine Streichung allein würde aber den Schutzzweck unzulässig verkürzen. Notwendig ist daher eine Ersetzung des Begriffs. In Art. 116 Abs. 2 GG wird die Begrifflichkeit auch verwendet. Hier ist aber ein klarer Bezug auf das oben erläuterte Nazi-Unrecht gegeben, so dass die Formulierung „rassisch“ dort Bestand haben kann. Über eine Neuformulierung des Art. 3 Abs. 3 GG herrscht weitegehende Einigkeit, das Bundeskabinett hat hier schon Vorschläge erarbeitet, zudem gibt es eine Initiative im Bundesrat und die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt haben ihre Landesverfassungen bereits geändert. Wie aber die neue Fassung aussehen sollte wird im zweiten Teil des Beitrags behandelt.