Das ist streitig.
Gegen die Annahme einer eigenen Anspruchsgrundlage wird der Wortlaut der Vorschrift angeführt. Die Vorschrift enthält keine Tatbestandsmerkmale, an denen eine entsprechende Ersatzpflicht bemessen werden könnte. Nach dieser Ansicht ist dem besonderen Schutzverhältnis über die §§ 280 I, 241 II, 1664 BGB Rechnung zu tragen. Hierbei wird das familienrechtliche Schutzverhältnis als gesetzliches Schuldverhältnis verstanden. (Instruktiv dazu Engler, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 2009, § 1664 Rn. 6.). Teilweise wird auch vorgetragen, dass dieselbe Norm nicht zugleich haftungsbegründend und haftungsbefreiend sein kann (Professor Dr. Jens Petersen in Jura 1998, 399).
Die herrschende Meinung und insbesondere der BGH sehen -regelmäßig ohne nähere Begründung - in § 1664 I auch eine Anspruchsgrundlage für Ersatzansprüche eines Kindes gegen seine Eltern für den Fall einer Pflichtverletzung in Ausübung der elterlichen Sorge (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2019 - XII ZB 425/18, BGHZ 222, 376 Rn. 12; Urteile vom 7. April 1993 - XII ZR 266/91, NJW 1993, 2305, juris Rn. 22; vom 10. Februar 1988 - IVb ZR 111/86, juris Rn. 14; Götz, in: Palandt, BGB 80. Aufl., § 1664 Rn. 1; a.A. Amend-Traut, in: BeckOGK BGB [1.10.2020], § 1626 BGB Rn. 167; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht 7. Aufl., § 58 Rn. 65).
Im 1. Examen kann an dieser Stelle frei gewählt werden. Wie schon dem Beitrag zu entnehmen, lässt sich die zuerst genannte Ansicht in der Klausur überzeugender begründen. Im 2. Examen ist klar, es wird der Rechtsprechung gefolgt und damit der zweitgenannten Ansicht. Die Ergebnisse beider Ansichten sind regelmäßig gleich.