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C. Rück- und Weiterverweisung
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Soweit eine deutsche Kollisionsnorm auf eine fremde Rechtsordnung verweist, so verweist sie gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 grundsätzlich auf ihr IPR, nicht auf ihr Sachrecht (sog. Grundsatz der GesamtverweisungSynonym zur Gesamtverweisung wird mitunter von einer „IPR-Verweisung“ gesprochen, um deutlich(er) zu machen, dass auf das jeweilige IPR verwiesen wird.). Daher muss in einem weiteren Schritt das fremde IPR geprüft werden, um zum letztlich anwendbaren Sachrecht zu gelangen.
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Das fremde IPR kann die Verweisung annehmen, also das eigene Sachrecht für anwendbar erklären, oder ablehnen (renvoi), indem es andere Anknüpfungsmomente als das deutsche IPR vorsieht und so zu einer Verweisung zurück auf deutsches Recht (sog. Rückverweisung) oder auf drittstaatliches Recht (sog. Weiterverweisung) führt. Kommt es zu einer Rückverweisung, nimmt das deutsche IPR diese Verweisung gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 stets an, d.h. es erklärt in diesem Fall immer die eigenen Sachvorschriften für anwendbar. Das ist sinnvoll, denn andernfalls käme es zu einem nicht endenden „Pingpong-Effekt“ zwischen dem deutschen und dem rückverweisenden ausländischen IPR.
Beispiel
Die argentinischen Staatsangehörigen M und F sind 2009 wirksam die Ehe eingegangen und leben seither in Deutschland. M fragt Sie im Jahre 2018, welchem Recht die Wirkungen ihrer Ehe unterstehen.
Die allgemeinen Ehewirkungen richten sich nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1. Danach ist die gemeinsame Staatsangehörigkeit maßgebliches Anknüpfungsmoment. Verwiesen wird mithin auf argentinisches Recht. Das ist aber noch nicht die Antwort auf die Fallfrage, denn es handelt sich nur um die Verweisung auf argentinisches IPR (Gesamtverweisung). Das argentinische IPR knüpft im Unterschied zum deutschen IPR an den Wohnsitz der Ehegatten an (das wäre in einer Klausur im Sachverhalt angegeben). Da der gemeinsame Wohnsitz vorliegend in Deutschland liegt, kommt es zu einer Rückverweisung auf deutsches Recht. Der renvoi wird gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 angenommen. Folglich ist im Ergebnis deutsches Sachrecht auf die Scheidung anzuwenden.
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Den Gegensatz zu Gesamtverweisungen bilden die sog. Sachnormverweisungen. Wie Art. 3a Abs. 1 verdeutlicht, führen diese Verweisungen nicht zunächst zur Anwendung des fremden IPR, sondern unmittelbar zum jeweiligen Sachrecht (sog. lex causae = das letztlich anwendbare Recht). Von einer derartigen Sachnormverweisung ist nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 auszugehen, wenn eine Gesamtverweisung dem Sinn der Verweisung widerspricht. Dies ist nach h.M. v.a. dann der Fall, wenn die Anwendung einer Ausweichklausel zu dem fremden Recht führt.
Vgl. Erman-Hohloch Art. 4 EGBGB Rn. 17 mit zahlreichen Nachweisen zum (kaum klausurrelevanten) Streitstand. Weiterhin ist bei einer wirksamen Rechtswahl stets von einer Sachnormverweisung auszugehen, Art. 4 Abs. 2.Expertentipp
Sofern es nach der für Sie maßgeblichen Prüfungsordnung zulässig ist, können Sie sich Gesamtverweisungen im EGBGB durch Hinweis auf Art. 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und Sachnormverweisungen jeweils durch Verweise auf Art. 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 am Rande Ihres Gesetzestextes kenntlich machen.
Im EGBGB sind Sachnormverweisungen die Ausnahme, außerhalb des EGBGB sind sie die Regel: Das Ziel der Rechtsvereinheitlichung, das Unionsrecht und Staatsverträge verfolgen, verlangt die Verweisung auf Sachnormen. Dementsprechend sind etwa Verweisungen in der Rom I- und Rom II-VO nach deren Art. 20 bzw. 24 allesamt
Von den beiden nebensächlichen Ausnahmen in Art. 7 Abs. 3 und 4 Rom I-VO abgesehen, vgl. MüKo-Martiny Art. 20 Rom I-VO Rn. 4. Sachnormverweisungen.Expertentipp
Wenn dem Klausursachverhalt keine Gesetzestexte zu ausländischem IPR beigefügt sind, könnte für die Lösung des Falles eine Sachnormverweisung entscheidend sein. Andernfalls spricht alles dafür, dass die Anwendung der Gesamtverweisungsnorm zu deutschem Recht führt. Denn ein Fall mit Gesamtnormverweisung auf fremdes Recht kann ohne das entsprechende ausländische IPR nicht zu Ende gelöst werden.