Inhaltsverzeichnis
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Ist der Schuldner eine natürliche Person, sind gem. § 4a Abs. 1 S. 1 InsO die Verfahrenskosten auf seinen Antrag hin zu stunden, sofern er einen Eigenantrag (§ 13 InsO) sowie einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat (§ 287 Abs. 1 InsO) und sein Vermögen nicht ausreicht, die Verfahrenskosten zu decken. Der Schuldner muss seine wirtschaftlichen Verhältnisse umfassend offenlegen. Wenzel in: Kübler/Prütting/Bork InsO § 4a Rn. 31 ff. Zudem muss er nach § 4a Abs. 1 S. 3 InsO eine Erklärung beifügen, ob ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegt. Über den Stundungsantrag entscheidet das Gericht durch Beschluss.
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Hat der Schuldner in den letzten fünf Jahren eine Insolvenzstraftat nach §§ 283 bis 283c StGB begangen und ist er mindestens zu 90 Tagessätzen Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden, ist die Stundung zu versagen (§ 4a Abs. 1 S. 3, 4 InsO). Die in § 4a Abs. 1 S. 3 InsO aufgezählten Gründe sind nicht abschließend. BGH NZI 2020, 476; AG Marburg NZI 2018, 277; a.A. BeckOK InsR/Madaus InsO § 4a Rn. 20. Liegt der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO vor, etwa weil der Schuldner im Eröffnungsantrag in erheblichem Maß unrichtige Angaben zu seinem Vermögen gemacht hat, ist die Stundung ebenfalls zu versagen. AG Marburg NZI 2018, 277. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Stundung außerdem zu versagen, wenn das Ziel der Restschuldbefreiung nicht erreicht werden kann, weil die wesentlichen am Verfahren teilnehmenden Forderungen gem. § 302 Nr. 1 InsO nicht von der Restschuldbefreiung erfasst sind (z.B. Forderungen aus unerlaubter Handlung). BGH NZI 2020, 476 Rn. 11.
Beispiel
Steuerberater Stefan (S) sitzt wegen Steuerhinterziehung in Haft. Er hat einen Eröffnungsantrag, einen Restschuldbefreiungsantrag und einen Stundungsantrag gestellt. Er hat 33 Gläubiger mit einem Forderungsvolumen mit 4,5 Mio. EUR. Eine Forderung besteht gegenüber dem Finanzamt in Höhe von 1,8 Mio. EUR; sie beruht auf vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung. Der Stundungsantrag ist nach Ansicht des BGH zu versagen, weil ein wesentlicher Teil der Forderungen gar nicht an der Restschuldbefreiung teilnimmt (§ 302 Nr. 1 InsO). Das Ziel der Restschuldbefreiung („Fresh Start“) kann nicht erreicht werden.
Fall bei Becker Insolvenzrecht § 11 Rn. 97.
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Der Stundungsbeschluss ist jederzeit abänderbar, sollten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich ändern (§ 4b Abs. 2 InsO). Änderungen muss der Schuldner von sich aus anzeigen. Das Gericht kann die Stundung aufheben, wenn der Schuldner ein in § 4c InsO sanktioniertes Fehlverhalten begeht, insbesondere seine Pflicht zur Erwerbstätigkeit nicht erfüllt (§ 4c Nr. 4 InsO).