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Die Gläubigerversammlung entscheidet durch Beschluss. Ein Beschluss der Gläubigerversammlung ist nur wirksam, wenn das Insolvenzgericht die Versammlung ordnungsgemäß einberufen (§ 74 Abs. 1 S. 1 InsO) und die Tagesordnung mit den Beschlussgegenständen ordnungsgemäß bekannt gemacht hat (§ 74 Abs. 2 S. 1 InsO).[2] Andernfalls ist der Beschluss nichtig. Ordnungsgemäß gefasste Beschlüsse der Gläubigerversammlung sind für alle Gläubiger, auch die nicht Erschienenen, bindend.
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Nicht jeder anwesende und teilnahmeberechtigte Gläubiger hat auch ein Stimmrecht. Nach § 77 Abs. 1 S. 1 InsO gewähren nur Insolvenzforderungen, die angemeldet (§ 174 InsO) und weder vom Verwalter noch von einem Gläubiger bestritten wurden (§ 178 Abs. 1 S. 1 InsO), ein Stimmrecht. Findet die erste Gläubigerversammlung (der Berichtstermin), wie in der Praxis üblich, vor dem Prüfungstermin statt, genügt es für das Stimmrecht, wenn der Gläubiger seine Forderung direkt in der Gläubigerversammlung anmeldet. Wird die Forderung sogleich bestritten, ist eine Einigung über das Stimmrecht nach § 77 Abs. 2 S. 1 InsO nötig; andernfalls entscheidet das Insolvenzgericht (§ 77 Abs. 2 S. 2 InsO). Auch absonderungsberechtigte Gläubiger sind stimmberechtigt.[3] Nachrangige Gläubiger haben kein Stimmrecht (§ 77 Abs. 1 S. 2 InsO).
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Die Beschlüsse werden mit einfacher Summenmehrheit der Anwesenden gefasst (§ 76 Abs. 2 InsO). Maßgeblich sind die Forderungsbeträge. Daher ist zunächst ist festzustellen, wie hoch die Forderungsbeträge aller stimmberechtigten (§ 77 InsO) anwesenden Gläubiger sind.Braun/Herzig InsO § 76 Rn. 10. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Forderungsbeträge der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Forderungsbeträge der abstimmenden Gläubiger beträgt (§ 76 Abs. 2 Hs. 1 InsO). Ist dies der Fall, ist der Beschluss zustande gekommen, auch wenn nur ein einziger Gläubiger anwesend ist und abstimmt.Vgl. Foerste Insolvenzrecht Rn. 74. Eine zusätzliche Kopfmehrheit in der Gläubigerversammlung ist nur noch in den Fällen der §§ 57 S. 2, 244 Abs. 1 Nr. 1, 272 Abs. 1 Nr. 3 InsO nötig.
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Gegen die Beschlüsse der Gläubigerversammlung gibt es kein Rechtsmittel.Bork Insolvenzrecht Rn. 90; BeckOK InsR/Karg InsO § 76 Rn. 5. Ausnahmsweise kann das Gericht den Beschluss der Gläubigerversammlung nach § 78 Abs. 1 InsO aufheben, wenn der Beschluss dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger widerspricht und ein Insolvenzgläubiger, ein Absonderungsberechtigter oder der Insolvenzverwalter dies beantragt. Der Verstoß muss erheblich sein. Ein Beschluss, den Betrieb des Schuldners einzustellen, ist daher aufzuheben, wenn objektiv feststeht, dass durch eine Betriebsfortführung eine erhebliche Quotenerhöhung zu erwarten ist.BGH NZI 2017, 758 Rn. 12.