Familien- und Erbrecht

Zugewinngemeinschaft - Zugewinnausgleich

3. Zugewinnausgleich

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Expertentipp

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Wegen des Zugewinnausgleichs von Todes wegen siehe ausführlich unter Rn. 298 ff.

Der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, wird nach § 1363 Abs. 2 S. 2 ausgeglichen, wenn die Zugewinngemeinschaft endet. Der Ausgleich des Zugewinns beruht auf der Erwägung, dass jeder Ehegatte an dem teilhaben soll, was die Ehegatten während des Güterstands im Rahmen einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit erworben haben. Der Ausgleich des Zugewinns erfolgt zu Lebzeiten der Ehegatten im Fall der Scheidung (§§ 1564 ff.) oder bei Aufhebung der Ehe (§§ 1313 ff.) bzw. bei Aufhebung des gesetzlichen Güterstands durch Ehevertrag, §§ 1385, 1386. Erfolgt die Beendigung der Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten der Ehegatten, so wird der Zugewinn nach der güterrechtlichen Lösung ausgeglichen, §§ 1372 bis 1390. Dem ausgleichsberechtigten Ehegatten steht eine Ausgleichsforderung aus § 1378 Abs. 1 zu. Wird die Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten beendet, vollzieht sich der Zugewinnausgleich gemäß § 1371 Abs. 1 i.V.m. § 1931 Abs. 3 nach der sog. erbrechtlichen Lösung.

a) Berechnung der Ausgleichsforderung

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Prüfungsschema

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Wie prüft man: Ausgleichsanspruch aus § 1378 Abs. 1

I.

Anspruchsentstehung

 

1.

Ehe mit Güterstand der Zugewinngemeinschaft

 

2.

Beendigung der Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten der Ehegatten

 

3.

Umfang

 

 

a)

Hälftiger Zugewinnüberschuss des Anspruchsgegners

 

 

 

aa)

Zugewinn des Gegners nach §§ 1373 ff.

 

 

 

bb)

abzüglich des Zugewinns des Anspruchstellers nach §§ 1373 ff.

 

 

 

cc)

verbleibender Zugewinnüberschuss des Gegners?

 

 

 

dd)

Halbierung des generischen Überschusses

 

 

b)

Begrenzung gem. § 1378 Abs. 2

 

 

c)

Anrechnung von Vorausempfängen, § 1380 Abs. 1

II.

Rechtsvernichtende Einwendungen (insbes. §§ 362 ff.)

III.

Durchsetzbarkeit

 

1.

Fälligkeit

 

2.

Einreden

aa) Ausgangsformel

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Der Zugewinn ist nach der Legaldefinition des § 1373 der Betrag, um den das Endvermögen (§ 1375) eines Ehegatten dessen Anfangsvermögen (§ 1374) übersteigt.

Hinweis

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Der Zugewinn wird also wie folgt berechnet:

Zugewinn (§ 1373) = Endvermögen (§ 1375) – Anfangsvermögen (§ 1374)

125

Hat ein Ehegatte einen größeren Zugewinn erzielt, so hat derjenige mit dem geringeren Zugewinn gegen den anderen einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch auf Zahlung der Hälfte des Überschusses § 1378 Abs. 1.

Beispiel

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Ehemann

Ehefrau

Anfangsvermögen

 10 000 €

30 000 €

Endvermögen

100 000 €

60 000 €

Zugewinn

 90 000 €

30 000 €

Ausgleichsanspruch: Zugewinn Ehemann von 90 000 € – Zugewinn Ehefrau von 30 000 € = 60 000 € : 2 = 30 000 €.

Der Ausgleichsanspruch der Ehefrau beträgt damit 30 000 €.

Hinweis

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Die Höhe des Ausgleichsanspruchs berechnet sich damit wie folgt:

(Höherer Zugewinn – niedriger Zugewinn) : 2 = Höhe des Ausgleichsanspruchs

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Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als sein Anfangsvermögen, so findet kein Verlustausgleich statt. Wegen des in § 1373 enthaltenen Gesetzeswortlauts „übersteigt“ kann der Zugewinn nicht negativ sein

BGH Urt. v. 6.10.2010 (Az. XII ZR 10/09) = FamRZ 2011, 25; a.A. Kogel Negativer Zugewinn, FamRZ 2010, 2036; Braeuer Kann der Zugewinn negativ sein?, FamRZ 2010, 1614..

Beispiel

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Ehemann

Ehefrau

Anfangsvermögen

30 000 €

30 000 €

Endvermögen

10 000 €

60 000 €

Zugewinn

     0 €

30 000 €

Ausgleichsanspruch: Zugewinn der Ehefrau von 30 000 € – Zugewinn des Ehemanns von 0 € = 30 000 € : 2 = 15 000 €.

Der Zugewinnanspruch des Ehemannes beträgt damit 15 000 €.

bb) Anfangsvermögen

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Für die Ermittlung des Zugewinns ist zunächst das jeweilige Anfangs- und Endvermögen zu ermitteln. Nach §§ 1377 Abs. 2, 1035 S. 3 kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten verlangen, dass ein Inventar über das Anfangsvermögen durch einen Notar aufgenommen wird. Diese Verpflichtung ist eine unvertretbare Handlung, die nach § 120 FamFG, § 888 ZPO vollstreckt werden kann.

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Anfangsvermögen ist nach § 1374 das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Eintritt des Güterstands gehört. Soweit die Ehegatten keinen Ehevertrag geschlossen haben, ist in der Regel der Zeitpunkt der Eheschließung für den Eintritt des Güterstands maßgebend. Haben die Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung im Rahmen eines Ehevertrages Gütertrennung vereinbart und heben sie im Laufe der Ehe den vereinbarten Güterstand durch einen weiteren Ehevertrag wieder auf, indem sie den gesetzlichen Güterstand vereinbaren, ist für das Anfangsvermögen auf den Zeitpunkt des Abschlusses des zweiten Ehevertrages abzustellen.

(1) Aktivvermögen

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Zu den zu berücksichtigenden Aktiva zählen alle dem Ehegatten am Stichtag zustehenden rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, d.h. also neben den einem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die bei Eintritt des Güterstandes bereits bestanden haben.

BGH Urt. v. 20.6.2007 (Az. XII ZR 32/05) = FamRZ 2007, 1307 (Restitutionsanspruch); BGH Urt. v. 28.1.2004 (Az. XII ZR 221/01) = BGHZ 157, 379; BGH Urt. v. 31.10.2001 (Az. XII ZR 292/99) = NJW 2002, 436; BGH Urt. v. 15.11.2000 (Az. XII ZR 197/98) = BGHZ 146, 64; BGH Urt. v. 29.10.1981 (Az. IX ZR 86/80) = BGHZ 82, 149; MüKo-Koch § 1374 Rn. 6; Palandt-Brudermüller § 1376 Rn. 2. Dazu gehören unter anderem auch geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie vergleichbare Rechtspositionen, die einen Anspruch auf eine künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben (notfalls durch Schätzung) bewertbar sind.BGH Urt. v. 15.11.2000 (Az. XII ZR 197/98) = BGHZ 146, 46; BGH Urt. v. 9.6.1983 (Az. IX ZR 41/82) = BGHZ 87, 367; BGH Urt. v. 14.1.1981 (Az. IVb ZR 525/8) = NJW 1981, 1038; MüKo-Koch § 1375 Rn. 12.

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Nicht zum Anfangsvermögen gehören alle vor dem Stichtag begründeten Rechts- und Dauerschuldverhältnisse, die Ansprüche auf künftig fällige, wiederkehrende Einzelleistungen (Arbeitsentgelt, Besoldung, Unterhaltsleistungen) begründen. Ein güterrechtlicher Ausgleich findet ebenfalls nicht statt, soweit eine Vermögensposition bereits auf andere Weise ausgeglichen wird.

BGH Urt. v. 21.4.2004 (Az. XII ZR 185/01) = NJW 2004, 2675; BGH Urt. v. 11.12.2002 (Az. XII ZR 27/00) = NJW 2003, 1396. Auch Hausrat, der nach §§ 1568a ff. verteilt wird, und Anwartschaften, die durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen werden, fallen nicht in das Anfangsvermögen.

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Die Wertermittlung des Anfangsvermögens erfolgt nach §§ 1376 Abs. 1. Danach wird bei der Berechnung des Anfangsvermögens der Wert zugrunde gelegt, den das Vermögen im Zeitpunkt des Eintritts in den Güterstand hatte. Für den Wert des Vermögens, das dem Anfangsvermögen zuzurechnen ist, ist der Zeitpunkt des Erwerbs maßgebend.

(2) Verbindlichkeiten

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Vom Wert des Aktivvermögens sind alle am Stichtag vorhandenen Verbindlichkeiten aller Art abzuziehen, also sowohl öffentlich-rechtliche wie private Schulden, Steuern und Abgaben, wie private Lasten. Die Verbindlichkeiten müssen am Stichtag schon entstanden, aber noch nicht fällig sein.

BGH Urt. v. 24.10.1990 (Az. XII ZR 101/89) = NJW 1991, 1547; BGH Urt. v. 23.10.1985 (Az. IVb ZR 62/84) = NJW-RR 1986, 226.

Hinweis

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Bis zum 30.8.2009 war durch § 1374 Abs. 1. Hs. 2 die Abzugsfähigkeit der Verbindlichkeiten beschränkt auf die Höhe des Aktivvermögens. Das Anfangsvermögen konnte daher nur den Wert Null haben. Damit wurde bezweckt, dem Ausgleichsschuldner beim Zugewinnausgleich mindestens die Hälfte seines Zugewinns zu belassen.

Staudinger-Thiele § 1374 Rn. 17, 18. Nach Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB gilt die alte Rechtslage weiter, wenn der Scheidungsantrag vor dem 1.9.2009 anhängig gemacht wurde. Das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6.7.2009BGBl. I S. 1696. hat die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Verbindlichkeiten beseitigt; es wurde § 1374 Abs. 1 Hs. 2 aufgehoben und in dem neu eingefügten § 1374 Abs. 3 klargestellt, dass Verbindlichkeiten über die Höhe des Anfangsvermögens hinaus abgezogen werden können. Als Konsequenz des Halbteilungsgrundsatzes wird daher nunmehr für die Berechnung des Zugewinnausgleichs auch ein negatives Anfangsvermögen berücksichtigt. Verbindlichkeiten sind bei der Berechnung des Anfangsvermögens abzuziehen, sofern sie am Stichtag bereits vorhanden waren. Auf deren Fälligkeit kommt es nicht an.Brudermüller FamRZ 2009, 1185. Auch wenn sich dadurch an den Haftungsverhältnissen im Außenverhältnis nichts ändert, wird damit der wirtschaftliche Erfolg aus der Ehezeit zur Hälfte auf die Ehegatten verteilt.Brudermüller FamRZ 2009, 1185.

Beispiel

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Der Ehemann hat im Zeitpunkt der Eheschließung Schulden in Höhe von 200 000 €. Das Anfangsvermögen der Ehefrau beträgt 5000 €. Während der Ehezeit tilgt der Ehemann seine Verbindlichkeiten und hat im Zeitpunkt der Scheidung ein Endvermögen von 0 €. Die Ehefrau verfügt über ein Endvermögen in Höhe von 20 000 €. Nach altem Recht hätte der Ehemann gegen die Ehefrau einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 7500 € (20 000 € [Endvermögen] – 5000 € [Anfangsvermögen] = 15 000 € : 2) gehabt. Dieses Ergebnis wurde als ungerecht empfunden, weshalb § 1374 Abs. 1 Hs. 2 gestrichen wurde. Stattdessen bestimmt § 1374 Abs. 3, dass Verbindlichkeiten auch über die Höhe des Vermögens hinaus abgezogen werden können, so dass das Anfangsvermögen auch negativ sein kann. Danach beträgt der Zugewinn des Ehemannes 200 000 €, da er während der Ehezeit Verbindlichkeiten in dieser Höhe getilgt hat. Der Ehefrau stünde daher ein Zugewinnausgleich in Höhe von 92 500 € (200 000 € [Zugewinn des Mannes] – 15 000 € [Zugewinn der Frau] = 185 000 € : 2) zu. Der Ausgleichanspruch der Ehefrau ist nach § 1378 Abs. 2 S. 1 indes auf die Hälfte des Vermögens beschränkt, über das der Ehemann am Stichtag verfügt. Da dieses im Beispielsfall 0 € beträgt, steht der Ehefrau kein Zugewinnausgleich zu. Im Gegensatz zur alten Regelung steht in diesem Fall aber auch dem Ehemann gegenüber der Ehefrau kein Zugewinnausgleich zu.

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Während nach der alten Rechtslage jeder Ehegatte die Höhe seines Anfangsvermögen beweisen musste, wird nunmehr nach § 1377 Abs. 3 i.S.v. § 292 S. 1 ZPO gegenüber dem anderen Ehegatten widerlegbar vermutet, dass das Anfangsvermögen der Ehegatten null beträgt, wenn sie gemäß § 1377 Abs. 1, Abs. 2 kein Vermögensverzeichnis erstellt haben. Nach § 1379 Abs. 1 Nr. 2 steht jedem Ehegatten nach der Beendigung des Güterstands ein Auskunftsanspruch über die Höhe des Anfangsvermögens zu.

(3) Privilegiertes Vermögen

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Nach § 1374 Abs. 2 wird Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands der Zugewinngemeinschaft von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung oder Ausstattung erwirbt, nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Erwerb von Vermögen privilegiert und damit nicht ausgleichspflichtig sein soll, der auf einer besonderen persönlichen Beziehung des Erwerbers zum Zuwendenden oder auf ähnlichen persönlichen Umständen beruht.

BGH Urt. v. 22.12.1976 (Az. IV ZR 11/76) = BGHZ 68, 43. Nur bei den in § 1374 Abs. 2 genannten Fallgruppen handelt es sich um ein nicht ausgleichspflichtiges Anfangsvermögen. Bei der Vorschrift des § 1374 Abs. 2 handelt es sich nach h.M.BGH Urt. v. 22.12.1976 (Az. IV ZR 11/76) = BGHZ 68, 43; BGH Urt. v. 27.5.1981 (Az. IVb ZR 577/80) = BGHZ 80, 384. um eine abschließende und nicht analogiefähige Sonderregelung. Aus diesem Grund unterliegen Lottogewinne, Spekulationsgewinne oder ein Schmerzensgeldanspruch nicht der Vorschrift des § 1374 Abs. 2. Die Privilegierung tritt ohne eine entsprechende Anordnung des Zuwendenden kraft Gesetzes ein.MüKo-Koch § 1374 Rn. 18; Staudinger-Thiele § 1374 Rn. 46. Das durch den privilegierten Erwerb dem Anfangsvermögen hinzurechnende Vermögen wird gemäß § 1374 Abs. 1 nach dem Wert berechnet, den es im Zeitpunkt des Erwerbs hatte.

(a) Schenkungen während der Ehe

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Der Begriff der Schenkung entspricht § 516, so dass eine Schenkungsabrede erforderlich ist. Bei gemischten Schenkungen ist nur der unentgeltliche Teil dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen.

BGH Urt. v. 7.9.2005 (Az. XII ZR 209/02) = NJW 2005, 3710; OLG Bamberg Urt. v. 20.7.1989 (Az. UF 202/88) = FamRZ 1990, 408; Staudinger-Thiele § 1374 Rn. 34. Spätere Gewinne wie Zinsen oder Wertsteigerungen des geschenkten Vermögensgegenstands fallen dagegen in den Zugewinn des Ehegatten.

Beispiel

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Die Ehefrau bekommt während der Ehe von ihren Eltern ein Sparbuch mit einem hohen Sparguthaben geschenkt. Bei der Schenkung handelt es sich um einen privilegierten Erwerb i.S.v. § 1374 Abs. 2, so dass das auf dem Sparbuch befindliche Guthaben nicht in den Zugewinn fällt. Dagegen unterliegen die Zinsen, die seit der Schenkung angefallen sind, dem Zugewinnausgleich, wenn sich die Ehegatten scheiden lassen.

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Freiwillige Leistungen des Arbeitgebers wie Gratifikationen oder Trinkgelder stellen in der Regel kein Geschenk, sondern eine Entlohnung dar.

OLG München Urt. v. 7.12.1994 (Az. 12 UF 1150/94) = FamRZ 1995, 1069.

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Auf Schenkungen zwischen den Ehegatten ist § 1374 Abs. 2 nicht anzuwenden.

BGH Urt. v. 20.5.1987 (Az. IVb ZR 62/86) = BGHZ 101, 65; Palandt-Brudermüller § 1374 Rn. 15; a.A. MüKo-Koch § 1374 Rn. 23. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck dieser Bestimmung. Danach sollen nur Zuwendungen von dritter Seite, zu deren Erwerb der andere Ehegatte weder unmittelbar noch mittelbar etwas beigetragen hat, vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden. Bei Zuwendungen zwischen den Ehegatten ist demgegenüber eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleichsverfahren gerade gewollt. Den Zugewinnausgleich nimmt der BGH in diesem Fall nach § 1380 (Anrechnung von Vorausempfängen) vor. Bei ehebezogenen (unbenannten) Zuwendungen findet § 1374 Abs. 2 ebenfalls keine Anwendung.BGH Urt. v. 26.11.1981 (Az. IX ZR 91/80) = BGHZ 82, 227. Zuwendungen seitens der Schwiegereltern sind dagegen nach der neueren Rechtsprechung des BGHBGH Urt. v. 3.2.2010 (Az. XII ZR 189/06) = BGHZ 184, 190; BGH Urt. v. 20.7.2011 (Az. XII ZR 149/09) = FamRZ 2012, 273. als Schenkungen dem Anfangsvermögen des Schwiegerkindes hinzuzurechnen. Der Wert dieser Schenkungen ist allerdings zu mindern, wenn die Schwiegereltern bei dem Scheitern der Ehe einen Rückforderungsanspruch nach § 313 haben. Die Höhe des Rückforderungsanspruchs entspricht dabei der Wertminderung der Schenkung.

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Wird die Schenkung vor dem Endvermögensstichtag widerrufen oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückgängig gemacht, so sind die entstehenden Rückgewähransprüche in der Zugewinnbilanz entsprechend zu berücksichtigen.

Soergel-Lange § 1374 Rn. 14.

Eine an sich privilegierte Schenkung ist dem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB nicht hinzuzurechnen, soweit sie den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Was in diesem Zusammenhang unter Einkünften zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht näher. Mit der Zielsetzung, die der Zugewinnausgleich verfolgt, sollen nur Vermögenszuwächse ausgeglichen werden. Bei unentgeltlichen Zuwendungen im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB ist deshalb in erster Linie danach zu unterscheiden, ob sie zur Deckung des laufenden Lebensbedarfes dienen oder die Vermögensbildung fördern sollen. Das wird im Einzelfall unter Berücksichtigung des Anlasses der Zuwendung, der Willensrichtung des Zuwendenden und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zuwendungsempfängers zu beurteilen sein. Dabei werden sich bei größeren Sachzuwendungen brauchbare Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob es sich um Einkünfte handelt, vor allem aus der Prognose gewinnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Zuwendungsgegenstand, wäre die Ehe in einem überschaubaren Zeitraum nach der Zuwendung gescheitert, noch mit einem nennenswerten Vermögenswert im Endvermögen des begünstigten Ehegatten vorhanden gewesen wäre. Nach diesen Maßstäben sind Zuwendungen einer Stiftung zur Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs nicht zu den Einkünften zu rechnen.

BGH Beschl. v. 16.11. 2016 (Az. XII ZB 362/15) = FamRZ 2017, 191.

(b) Erwerb von Todes wegen

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Zu dem privilegierten Erwerb gehören auch die Vermögensgegenstände, die ein Ehegatte im Rahmen der gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge als Allein-, Mit-, Vor- oder Nacherbe erhält oder durch ein Vermächtnis, durch eine Auflage, durch ein Pflichtteil bzw. als Abfindung für einen entgeltlichen Erbverzicht erlangt. Hierzu gehören auch die durch einen Erbfall eingetretene Befreiung von einer Verbindlichkeit (Konfusion)

OLG Düsseldorf Beschl. v. 7.10.1987 (Az. 10 WF 212/87) = FamRZ 1988, 287. sowie Ansprüche aus Vergleichen über erbrechtliche Rechtsverhältnisse.BGH Urt. v. 20.9.1995 (Az. XII ZR 16/94) = BGHZ 130, 377; Staudinger-Thiele § 1374 Rn. 30. Zum privilegierten Erwerb gehört auch das Anwartschaftsrecht des Nacherben einschließlich der realen Wertsteigerungen.

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Zu dem privilegierten Erwerb zählen auch alle Vermögensgegenstände, die ein Ehegatte aufgrund einer vorweggenommenen Erbfolge erhält. Dass der erwerbende Ehegatte gesetzlicher oder gewillkürter Erbe des Zuwendenden ist, ist nicht erforderlich; entscheidend ist, dass der Erwerb von Todes wegen (wenigstens teilweise) durch eine vorweggenommene Erbfolge ersetzt wird.

Soergel-Kappler/Kappler § 1374 Rn. 31. Die Vereinbarung einer Gegenleistung (etwa Versorgungsrechte wie laufende Rentenzahlungen, Erbringung von Pflegeleistungen) ist oftmals geradezu typisch und hindert daher nicht den Abzug der zugesagten Leistungen.OLG Koblenz Beschl. v. 30.11.2005 (Az. 7 WF 511/05) = FamRZ 2006, 624.

141

Ist Vermögen, das ein Ehegatte mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zugunsten des Übergebers mit einem Nießbrauch belastet, unterliegt der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Werts des Nießbrauchs für den dazwischen liegenden Zeitraum bzw. die Zeit zwischen dem Erwerb des Grundstücks und dem Erlöschen des Nießbrauchs nicht dem Zugewinnausgleich. Bei der Berechnung des Zugewinns des Zuwendungsempfängers wird auf ein Einstellen des Wertes des Nießbrauchs zum Ausgangs- und Endzeitpunkt in die Vermögensbilanz insgesamt verzichtet. Ist hingegen der Wert des Nießbrauchs gestiegen, weil das belastete Grundstück im maßgeblichen Zeitraum einen Wertzuwachs (hier: infolge gestiegener Grundstückspreise) erfahren hat, muss der Wert des Nießbrauchs im Anfangs- und Endvermögen eingestellt werden, ohne dass es weiterer Korrekturen des Anfangsvermögens bedarf.

BGH Beschl. v. 6.5.2015 (Az. XII ZB 306/14) = BGHZ 205, 241.

142

Auch eine Lebensversicherungssumme, die der Ehegatte als Begünstigter nach dem Tod eines nahen Verwandten aus dessen Versicherung ausgezahlt erhält, fällt entsprechend dem Normzweck der Privilegierung hierunter, auch wenn „rechtstechnisch“ kein Erwerb aus dem Nachlass vorliegt (§§ 330, 331), sondern ein rechtsgeschäftlicher Erwerb nach § 159 VVG.

BGH Urt. v. 20.9.1995 (Az. XII ZR 16/94); BGHZ 130, 377; MüKo-Koch § 1374 Rn. 189. Hat ein Ehegatte in Zusammenhang mit der Zuwendung ein Wohnrecht oder ein Nießbrauch übernommen, so ist dieses bei Ermittlung des Anfangs- als auch des Endvermögens wertmindernd zu berücksichtigen, wenn das übernommene Recht fortbesteht. Dabei ist der fortlaufende Wertzuwachs der Zuwendung aufgrund des abnehmenden Wertes des Wohn- bzw. Nießbrauchrechtes zu bewerten, um den gleitenden Erwerbsvorgang zu erfassen und vom Zugewinnausgleich ausnehmen zu können. Dabei ist das jährliche Absinken des Wertes gesondert zu indexieren und inflationsbedingt zu bereinigenBGH Urt. v. 22.11.2007 (Az. XII ZR 8/05) = BGHZ 170, 324..

143

Nach der Neufassung des § 1374 Abs. 2 ist der privilegierte Erwerb mit einem negativen Anfangsvermögen zu verrechnen.

Beispiel

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Der Ehemann hat im Zeitpunkt der Eheschließung Schulden in Höhe von 30 000 €. Während der Ehe erbt er 20 000 €. Seit dem 1.9.2009 ist die Erbschaft als privilegierter Erwerb mit dem negativen Anfangsvermögen zu verrechnen, so dass von einem negativen Anfangsvermögen in Höhe von 10 000 € auszugehen ist. Unter der alten Rechtslage war umstritten, ob zunächst das Anfangsvermögen auf 0 zu setzen ist und sodann mit der Erbschaft zu addieren ist. Dieser Streit hat sich durch die Neufassung des § 1374 Abs. 2 erledigt.

cc) Endvermögen

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Nach § 1375 Abs. 1 S. 1 ist Endvermögen das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug aller Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Als maßgeblichen Ermittlungszeitpunkt nennt § 1375 Abs. 1 S. 1 zunächst die Beendigung des Güterstands. Nach der Neufassung des § 1384 tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags.

BGH Urt. v. 4.7.2012 (Az. XII ZR 80/10) = NJW 2012, 2657. Eine einschränkende Auslegung des § 1384 dahin, dass bei einem vom Ausgleichspflichtigen nicht zu verantwortenden Vermögensverlust die Begrenzung des § 1378 Abs. 2 S. 1 an die Stelle des § 1384 tritt, kommt nach der Rechtsprechung des BGHBGH Urt. v. 4.7.2012 (Az. XII ZR 80/10) = NJW 2012, 2657. nicht in Betracht. In einem solchen Fall soll aber § 1381 eine Korrektur grob unbilliger Ergebnisse ermöglichen. Darauf muss sich allerdings der Ausgleichspflichtige in dem gerichtlichen Verfahren berufen. Der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist nur dann maßgebend, wenn die Scheidung den gesetzlichen Güterstand beendet. Haben die Ehegatten vor der Erhebung des Scheidungsantrags einen Ehevertrag geschlossen und dadurch den gesetzlichen Güterstand aufgehoben, ist dieser Zeitpunkt für die Berechnung des Endvermögens maßgebend.

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Die Berechnung des Endvermögens erfolgt durch die Summierung aller Aktiva unter Abzug aller Verbindlichkeiten,

OLG Köln Urt. v. 1.7.1998 (Az. 27 UF 12/98) = NJW-RR 1999, 229. wobei das Endvermögen grundsätzlich auch negativ sein kann § 1375 Abs. 1 S. 2. Eine Gesamtschuld der Ehegatten wird jeweils zur Hälfte als Verbindlichkeit bei dem Endvermögen berücksichtigt. Steht dagegen fest, dass der von dem Gläubiger in Anspruch genommene Ehegatte seinen Ausgleichsanspruch aufgrund der Vermögenslosigkeit des anderen Ehegatten nicht durchsetzen kann, ist die gesamte Verbindlichkeit bei dem Endvermögen des zahlenden Ehegatten als Abzugsposten zu berücksichtigenBGH Urt. v. 6.10.2010 (Az. XII ZR 10/09) = FamRZ 2011, 25..

Die Rechtspositionen, die bei der Ermittlung des Anfangsvermögens unberücksichtigt bleiben, werden auch nicht bei dem Endvermögen hinzugerechnet. Der Miteigentumsanteil an Hausrat, der den Ehegatten gemeinsam gehört, wird bei dem Endvermögen nicht berücksichtigt, da § 1568b vorrangig ist. Steht dagegen ein Hausratgegenstand im Alleineigentum eines Ehegatten, wird er im Rahmen des Zugewinnausgleiches berücksichtigt.

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Der Berechnung des Endvermögens wird der Wert zugrunde gelegt, den das Vermögen bei Beendigung des Güterstands hatte. Bei der Wertermittlung sind auch Wertänderungen zu berücksichtigen, etwa wenn Ackerland nach der Eheschließung zum Bauland wird, Wertpapiere im Kurswert steigen oder sinken. Diese an sich eheneutralen Vorgänge wirken sich als echte Wertsteigerungen auch auf die Ausgleichsforderung aus.

Nach welcher Methode der Wert eines Unternehmens zu bewerten ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH

BGH Urt. v. 5.12.2018 (Az. XII ZR 116/17) = FamRZ 2019, 429. ist die Ertragswertmethode, die immanent auch den ideellen Wert des Unternehmens abbildet, im Regelfall geeignet, als Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu dienen. Der Ertragswert eines Unternehmens wird aus den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelten nachhaltig ausschüttbaren Überschüssen berechnet, die kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen werden. Im Rahmen der Ertragswertmethode wird die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt (Zukunftserfolgswert), und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt.

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Sofern ein Unternehmen keine Überschüsse produziert, ist der Substanzwert eines Unternehmens heranzuziehen, der grundsätzlich mit dem Betrag zu bemessen ist, mit dem die Gesamtheit aller materiellen Wirtschaftsgüter im Falle eines Unternehmensverkaufs auf den gedachten Erwerber übergeht. Für den Substanzwert bzw. Reproduktionswert sind die Wiederbeschaffungspreise maßgeblich. Kann der zu bewertende Vermögensgegenstand nicht ohne weiteres wiederbeschafft werden, weil es für ihn keinen relevanten Gebrauchtgütermarkt gibt, kann der Wert hilfsweise durch Abschreibung aus dem Neupreis entwickelt werden. Die Heranziehung des Substanzwerts bzw. Reproduktionswerts für die Bemessung des Unternehmenswerts beruht allerdings auf der Grundannahme, dass das Unternehmen über den Bewertungsstichtag hinaus fortgeführt wird. Der Liquidationswert gilt in der Regel als unterste Grenze des Unternehmenswerts. Sein Ansatz kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn das Unternehmen zur Mobilisierung des Vermögens „versilbert“ werden muss, um den Zugewinnausgleich zahlen zu können, oder wenn dem Unternehmen wegen schlechter Ertragslage oder aus sonstigen Gründen keine günstige Fortführungsprognose gestellt werden kann.

148

Dem Endvermögen eines Ehegatten wird nach § 1375 Abs. 2 S. 1 der Betrag hinzugerechnet, um den sein Vermögen dadurch vermindert worden ist, dass er nach Eintritt des Güterstands unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat, Vermögen verschwendet hat oder Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. Der Tatbestand einer illoyalen Vermögensminderung ist nur dann schlüssig dargelegt, wenn der in Rede stehende Betrag nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht worden sein kann.

BGH Beschl. v. 20.5.2015 (Az. XII ZB 314/14) = FamRZ 2015, 1272.  Der Betrag der Vermögensminderung wird nach § 1375 Abs. 3 dem Endvermögen nur dann nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens 10 Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder Verschwendung des Vermögens einverstanden war. Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, so hat er nach § 1375 Abs. 2 S. 2 darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen i.S.v. § 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 zurückzuführen ist.

Beispiel

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Die Ehegatten haben während der Ehe folgenden Zugewinn erzielt:

 

Ehemann

Ehefrau

Anfangsvermögen

60 000 €

20 000 €

Endvermögen

80 000 €

20 000 €

Zugewinn

20 000 €

     0 €

Der Ehemann hat 2 Jahre vor der Scheidung seiner Geliebten Schmuck geschenkt, der im Zeitpunkt der Schenkung 20 000 € wert war. Hierbei handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung i.S.v. § 1375 Abs. 2, die seinem Endvermögen zuzurechnen ist:

 

Ehemann

Ehefrau

Anfangsvermögen

 60 000 €

20 000 €

Endvermögen

100 000 €

20 000 €

Zugewinn

 40 000 €

     0 €

Der Ausgleichsanspruch der Ehefrau beträgt daher 40 000 € : 2 = 20 000 €

149

Nach § 1378 Abs. 2 S. 1 wird die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist. Sinn und Zweck dieser Begrenzung ist der Schutz der übrigen Gläubiger des Ehegatten, denen durch den Ausgleich nicht ihre Haftungsmasse entzogen und damit die Durchsetzung ihrer Forderungen erschwert werden soll. Die Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich allerdings nach § 1378 Abs. 2 S. 2 in den in § 1375 Abs. 2 S. 1 genannten Fällen um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag.

Unter den Voraussetzungen des § 1390 kann sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte auch an einen Dritten halten. Nach § 1390 Abs. 1 kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte von dem Dritten Wertersatz verlangen, wenn der ausgleichsverpflichtete Ehegatten dem Dritten in der Absicht eine unentgeltliche Zuwendung gemacht hat, den Ausgleichsgläubiger zu benachteiligen. Unerheblich ist dabei, ob der Dritte die Benachteiligungsabsicht kannte.

dd) Anrechnung von Vorausempfängen, § 1380

150

Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird nach § 1380 Abs. 1 S. 1 angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Nach § 1380 Abs. 1 S. 2 wird im Zweifel angenommen, dass diejenigen Zuwendungen angerechnet werden sollen, die den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigen, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind. Die Vorschrift des § 1380 setzt weiter voraus, dass der Zuwendungsempfänger auch Gläubiger der Ausgleichsforderung ist.

Die Anrechnungsbestimmung muss vor oder bei der Zuwendung getroffen werden. Später können nur noch beide Ehegatten gemeinsam eine Anrechnung vereinbaren und zwar in der Form des § 1378 Abs. 3 S. 2.

BGH Urt. v. 16.12.1982 (Az. IX ZR 90/81) = BGHZ 86, 143-152. Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs wird nach § 1380 Abs. 2 die Zuwendung bei der Berechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.

Nach § 1380 Abs. 2 wird die Zuwendung hypothetisch dem Zugewinn des Zuwendenden hinzugerechnet und dann als Leistung an Erfüllungs statt von der Ausgleichsforderung abgezogen.

Hinweis

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Der Grund für den Abzug der Schenkung vom Zugewinn des Beschenkten ist darin zu sehen, dass die Schenkung für die Berechnung der Ausgleichsforderung neutralisiert werden muss. Ansonsten würde sie sowohl bei dem Zugewinn des Zuwendenden als auch bei dem Zugewinn des Beschenkten berücksichtigt.

BGH Urt. v. 26.11.1981 (Az. IX ZR 91/80) = BGHZ 82, 234.

151

Zu dem gleichen Ergebnis kommt man, wenn das Zugewandte dem Anfangsvermögen des Empfängers und seinem Endvermögen zugerechnet wird. Diese Methode scheidet allerdings aus, wenn § 1374 Abs. 2 weder nach seinem Sinn, noch seinem Wortlaut anwendbar ist, also insbes. bei sog. unbenannten Zuwendungen.

OLG Karlsruhe Urt. v. 30.5.2003 (5 UF 315/01) = FamRZ 2004, 1033. Es empfiehlt sich daher, die Zuwendung mit ihrem auf den Zurechnungszeitpunkt bezogenen Wert aus dem Endvermögen des Empfängers heraus zu rechnen.BGH Urt. v. 20.12.2000 (Az. XII ZR 237/98) = NJW-RR 2001, 793; OLG Karlsruhe Urt. v. 28.3.2002 (Az. 2 UF 50/01) = NJW-RR 2003, 361-363.

Beispiel

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Während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft hat der Ehemann seiner Ehefrau anrechnungspflichtig 10 000 € zugewandt. Die Ehegatten haben folgenden Zugewinn erzielt:

 

Ehemann

 

 

Ehefrau

 

 

Endvermögen

(ohne Zuwendung)

50 000 €

 

Endvermögen

(inkl. der Zuwendung)

25 000 €

Anfangsvermögen des

Ehemanns 

20 000 €

Anfangsvermögen der

Ehefrau

0 €

=

Zugewinn

30 000 €

=

Zugewinn

25 000 €

+

Zuwendung

10 000 €

Zuwendungsersatz

10 000 €

 

 

 

 

 

 

=

Zugewinn unter Einbeziehung v. § 1380 Abs. 2 S. 1

40 000 €

=

Zugewinn nach Abzug des

Zuwendungsersatzes

15 000 €

 

 

Zugewinnsaldo der Ehegatten

 

 

 

Ehemann

40 000 €

 

 

Ehefrau

15 000 €


 

=

Zugewinnsaldo

25 000 €

 

Ausgleichsforderung der Ehefrau vor Anrechnung (25 000 € : 2)

12 500 €

Ausgleichsforderung nach der Anrechnung (12 500 € – 10 000 €)

2 500 €

152

Wenn der Zugewinn des Empfängers geringer ist als der Wert der Zuwendung, kommt § 1380 mit der Folge zur Anwendung, dass der Wert der Zuwendung nicht unter 0 anzusetzen ist.

Palandt-Brudermüller § 1380 Rn. 15.

Beispiel

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Beträgt das beiderseitige Anfangsvermögen der Ehegatten 0 €, das Endvermögen des Ehemanns 100 000 € und der Ehefrau 20 000 €, so steht der Ehefrau grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 40 000 € zu (100 000 € – 20 000 € = 80 000 € : 2). Hat sie während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft von dem Ehemann eine Zuwendung in Höhe von 50 000 € anrechnungspflichtig erhalten, so erhöht sich der Zugewinn des Ehemanns um den Wert der Zuwendung und beträgt daher 150 000 €, während der Zugewinn der Ehefrau nur 20 000 € beträgt. Würde man in diesem Fall der Ehefrau die Zuwendung in Höhe von 50 000 € anrechnen, so hätte sie einen negativen Zugewinn von 30 000 €. Da jedoch ein negativer Zugewinn nicht möglich ist, wird in diesen Fällen ihr Zugewinn mit 0 € angesetzt. Das hat zur Folge, dass sie sich auf ihren Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 75 000 € die Zuwendung von 50 000 € anrechnen lassen muss, so dass ihr Zugewinn 25 000 € beträgt.

153

Wenn die Zuwendung nicht mehr im Endvermögen des Empfängers vorhanden ist, ist umstritten, ob die Zuwendung auch in diesen Fällen von dem Zugewinn des Empfängers abzuziehen ist. Nach h.M.

BGH Urt. v. 20.5.1987 (Az. IVb ZR 62/86) = BGHZ 101, 65; Palandt-Brudermüller § 1380 Rn. 13 m.w.N.; a.A. Soergel-Kappler/Kappler § 1380 Rn. 29. trägt das Risiko eines Untergangs oder einer Verschlechterung des Zuwendungsgegenstandes (bzw. seines Surrogats) der Empfänger. Aus diesem Grund wird auch bei einem ersatzlosen teilweisen oder vollständigen Untergang des Zuwendungsgegenstands der Wert der Zuwendung angerechnet. Im obigen Beispiel würde sich daher an der Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs durch den Untergang des Zuwendungsgegenstands nichts ändern.

154

Die Vorschrift des § 1380 findet indes keine Anwendung, wenn schon nach den allgemeinen Berechnungsvorschriften der Zuwender nicht den größeren Zugewinn erzielt hat.

BGH Urt. v. 10.7.1991 (Az. XII ZR 114/89) = BGHZ 115, 132; BGH Urt. v. 26.11.1981 (Az. IX ZR 91/80) = NJW 1982, 1093. Dieses Ergebnis ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1380 Abs. 1 S. 1, wonach der Ausgleichspflichtige dem Ausgleichsberechtigten eine Zuwendung gemacht haben muss.

Beispiel

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Ist das beiderseitige Anfangsvermögen der Ehegatten 0 €, das Endvermögen des Ehemanns 80 000 € und der Ehefrau 100 000 €, so steht dem Ehemann grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 10 000 € zu (100 000 € – 80 000 € = 20 000 € : 2). Hatte der Ehemann der Ehefrau eine Zuwendung von 30 000 € gemacht, so würde sich bei Anwendung des § 1380 der Zugewinn der Ehefrau auf 70 000 € ermäßigen. Der Zugewinn des Ehemannes wäre fiktiv um 30 000 € erhöht und würde daher 110 000 € betragen. Der Zugewinn der Ehefrau beträgt nach Anrechnung der Zuwendung 0 €, da die Ehefrau einen negativen Zugewinn von 10 000 € (110 000 € – 70 000 € = 40 000 € : 2 = 20 000 € – 30 000 € = -10 000 €) erzielt hat. Durch die Anwendung des § 1380 wäre der Ehemann benachteiligt, da er in diesem Fall seinen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 10 000 € verloren hätte.

b) Verjährung

155

Die Vorschrift des § 1378 Abs. 4 in der Fassung vom 6.7.2009, wonach die Ausgleichsforderung in drei Jahren verjährte, ist durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 24.9.2009

BGBl. I 2009, 3142. mit Wirkung zum 1.1.2010 entfallen. Durch die Streichung des § 197 Abs. 1 Nr. 2 wurden die familien- und erbrechtlichen Vorschriften der regelmäßigen Verjährung der §§ 195, 199 unterworfen.Ermann/Schmidt-Räntsch BGB 15. Aufl. 2017 § 195 Rn. 10.

Hinweis

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Nach § 207 Abs. 1 S. 1 ist die Verjährung des Ausgleichsanspruchs bis zur Rechtskraft der Scheidung gehemmt. Dieser Vorschrift kommt vor allem Bedeutung zu, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch einen Ehevertrag beendet wird. Das gilt auch dann, wenn die Zugewinngemeinschaft vorzeitig aufgehoben worden ist.

BGH Beschl. v. 20.6.2018 (Az. XII ZB 84/17) = NJW 2018, 2871.

c) Rechte des Ausgleichspflichtigen

aa) Stundung des Ausgleichsanspruchs, § 1382

156

Nach § 1382 Abs. 1 S. 1 kann das Familiengericht auf Antrag des Ausgleichspflichtigen die Ausgleichsforderung stunden, soweit sie vom Schuldner nicht bestritten wird und wenn die sofortige Zahlung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers zur Unzeit erfolgen würde. Davon ist nach § 1382 Abs. 1 S. 2 auszugehen, wenn die sofortige Zahlung die Wohnverhältnisse oder die Lebensverhältnisse der gemeinsamen Kinder nachhaltig verschlechtern würde.

bb) Leistungsverweigerungsrecht wegen grober Unbilligkeit, § 1381

157

Nach § 1381 Abs. 1 kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Die grobe Unbilligkeit kann sich aus einem Fehlverhalten eines Ehegatten ergeben, wobei auch die Verletzung persönlicher Pflichten eine Rolle spielen kann. Einzubeziehen in die bewertende Betrachtung ist auch die Versorgungslage der beiden Ehegatten, ihr Einkommen und ihr Vermögen. Das Gesetz konkretisiert in § 1381 Abs. 2 einen Fall der Unbilligkeit, wenn ein Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, die sich aus dem ehelichen Verhältnis ergeben, schuldhaft nicht erfüllt hat. Dazu gehören die Unterhaltspflichten genauso wie die Pflicht der Haushaltsführung, soweit sie einvernehmlich von einem Ehegatten übernommen wurde. Auch die aus § 1353 abgeleitete Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Belange des anderen ist hier zu nennen. Ob die Verfehlung längere Zeit gedauert hat, ist im Verhältnis zur Ehedauer und zur Schwere der Pflichtverletzung zu sehen.

cc) Verfügung über die Ausgleichsforderung

158

Nach § 1378 Abs. 3 S. 3 kann kein Ehegatte sich vor der Beendigung des Güterstands verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen. Etwas anderes gilt nach § 1378 Abs. 3 S. 2 dann, wenn die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns treffen. Eine solche Vereinbarung bedarf der notariellen Beurkundung, die auch durch die Protokollierung eines Vergleichs in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht erfolgen kann.

dd) Vorzeitiger Zugewinnausgleich

159

Die Ehegatten können gemäß §§ 1385 Nr. 1, 1386 einen vorzeitigen Zugewinnausgleich verlangen, wenn sie drei Jahre getrennt leben. Das gleiche Recht haben die Ehegatten, wenn die in § 1385 Nr. 2–4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. In den Fällen der §§ 1385 und 1386 tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt, in dem die entsprechenden Anträge gestellt sind.

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