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Störung der Geschäftsgrundlage
Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann gemäß § 313 Abs. 1 eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Der Deutsche Bundestag hat am 17.12.2020 ein Gesetz zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Miet- und Pachtrecht beschlossen. Danach können staatlich angeordnete Schließungen von Geschäften, Gastronomiebetrieben, Dienstleistungsbetrieben im Bereich der Körperpflege usw. zu einer Anpassung eines Mietvertrages oder Pachtvertrages wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ führen.
Der Gesetzgeber hat beschlossen, dem Art. 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch einen § 7 anzufügen, der folgenden Inhalt hat:
„Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen
(1)Sind vermietete Grundstücke oder Vermieter der Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insbesondere ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
(2)Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.“
Danach hat der Gesetzgeber jedenfalls die bis dahin problematische Frage, ob eine coronabedingte Unbenutzbarkeit oder eingeschränkte Benutzbarkeit der Mietsache zu dem vorgesehenen gewerblichen Zweck zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führtGrundsätzlich verneinend LG Heidelberg vom 30.7 2020 Az: 5 O 66/20, dort Rn. 46 wegen Vorrangs der mietrechtlichen Mängelrechte, aber offen gelassen wegen Nichtvorliegens der weiteren Voraussetzungen im konkreten Fall (dort Rn. 55–60)., geklärt. Offen ist aber, ob im Einzelfall auch die weiteren Voraussetzungen des § 313 vorliegen.
§ 313 verlangt nämlich zusätzlich, dass eine Anpassung des Vertrags nur insoweit verlangt werden kann, als einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dies wird nur unter engen Voraussetzungen bejaht, da der Mieter nach § 536 Abs. 1 grundsätzlich das Verwendungsrisiko trägt. Eine Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze wird im Allgemeinen dann bejaht, wenn die Nutzungsbeschränkung längerfristig andauert und eine Existenzgefährdung zur Folge hatBGH Urt. v. 16.2.2000 – XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714; Daßbach/Bayrak, Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJW 2020, 185.. Außerdem besteht eine vorrangige Obliegenheit des Mieters zur anderweitigen Umsatzgenerierung und zur Inanspruchnahme staatlicher HilfenLG Heidelberg, a.a.O..