Inhaltsverzeichnis
- 3. Anspruch auf Sicherheitsleistung
- a) Vertraglicher Anspruch
- aa) Grenzen der Vereinbarung in Wohnraummietverhältnissen
- bb) Auswirkungen eines Verstoßes gegen § 551
- (1) Individualvereinbarung
- (2) Formularklausel
- cc) Rückzahlungsanspruch
- b) Gesetzliche Anspruch auf Sicherheitsleistung
- c) Rückgabe einer geleisteten Sicherheit
3. Anspruch auf Sicherheitsleistung
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Der Vermieter kann vom Mieter entweder kraft Gesetzes oder kraft vertraglicher Vereinbarung Sicherheitsleistungen verlangen.
a) Vertraglicher Anspruch
aa) Grenzen der Vereinbarung in Wohnraummietverhältnissen
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Die Parteien können Art und Umfang der Kaution grundsätzlich frei vereinbaren. Sie müssen sich dabei nicht auf einen der in § 232 genannten Typen festlegen.
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In Wohnraummietverhältnissen setzt § 551 der Vereinbarung aber zwingend (vgl. § 551 Abs. 4) enge Grenzen. Die Sicherheitsleistung darf nach § 551 Abs. 1 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. Ist Sicherheit durch Bereitstellung einer Geldsumme zu leisten,Also durch Barkaution (Zahlung an Vermieter), Verpfändung eines Guthabens auf separatem Kautionskonto des Mieters oder durch Hinterlegung. ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt, wobei die erste Teilzahlung zu Beginn des Mietverhältnisses fällig ist.
Eine Barkaution des Mieters muss der Vermieter nach Erhalt in der von § 551 Abs. 3 beschriebenen Weise anlegen.
bb) Auswirkungen eines Verstoßes gegen § 551
(1) Individualvereinbarung
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Fraglich ist, welche Auswirkungen Verstöße gegen § 551 im Einzelnen haben.
Beispiel
V schließt mit M einen Mietvertrag über Wohnräume. In dem Mietvertrag heißt es: „Der Mieter leistet bei Abschluss des Mietvertrages eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten (ohne Nebenkostenvorauszahlungen) in bar an den Vermieter. (…)“. Hier verstößt die Fälligkeitsregel gegen § 551 Abs. 2. Diese ist in jedem Fall nach § 551 Abs. 4 unwirksam.
Die Unwirksamkeit einer Bestimmung zur Sicherheitsleistung kann möglicherweise sogar insgesamt zur Nichtigkeit der vertraglichen Zahlungsverpflichtung führen. Eine solche Wirkung könnte sich aus § 139 ergeben, der im Zweifel die Gesamtnichtigkeit einer Vereinbarung zur Folge hat.
Verstößt eine Regelung zur Kaution in einer individuellen Vereinbarung gegen § 551 Abs. 1–3 werden die Parteien davon aber in der Regel das Schicksal des gesamten Vertrages nicht abhängig machen wollen. Der Verstoß führt also regelmäßig nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages. Auch ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit auf eine Kautionsleistung gänzlich verzichtet hätten.
Die Verpflichtung zur Kautionszahlung im Beispiel als solche ist damit wirksamUrteile des BGH vom 30.6.2004 (Az.: VIII ZR 243/03), vom 3.12.2003 (Az.: VIII ZR 86/03) = NZM 2003, 754 und vom 25.6.2003 (Az.: VIII ZR 344/02) = NJW 2003, 2899. mit Ausnahme der Fälligkeitsregel. Die Fälligkeit richtet sich dann nach § 551 Abs. 2.
Verstößt die Höhe der vereinbarten Kaution gegen § 551 Abs. 1, ist die Vereinbarung nach § 140 in eine Kautionsvereinbarung nach den Regeln der § 551 umzudeuten.
(2) Formularklausel
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Bei Verwendung von AGB werden §§ 139, 140 durch § 306 verdrängt.Palandt-Heinrichs § 306 Rn. 1. Nach § 306 Abs. 1 bleibt der Mietvertrag ohne die unwirksamen Klauseln bestehen, die nach § 306 Abs. 2 durch die gesetzlichen Bestimmungen ersetzt werden.
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Enthält eine Klausel zulässige und unzulässige Tatbestände, ist das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion zu beachten. Danach führt ein unzulässiger Teil zur Gesamtnichtigkeit der ganzen Klausel, wenn die Ausgrenzung der unzulässigen und die Aufrechterhaltung der zulässigen Teile nur durch eine sprachliche und inhaltliche Umgestaltung erreicht werden könnte.BGH NJW 1984, 2816 unter Ziff. II 3; BGH in BGHZ 136, 314, 322.
Im Beispiel kann die Fälligkeitsregel „bei Abschluss des Mietvertrages“ herausgenommen werden. Die in der restlichen Klausel enthaltene Verpflichtung zur Kautionsleistung kann aufrechterhalten bleiben.
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Entsprechend wäre zu verfahren, wenn die Klausel die Höhe der Kaution falsch bezeichnen würde.
Beispiel
In der Formularklausel heißt es: „Der Mieter leistet eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten (inkl. Nebenkostenvorauszahlungen) in bar an den Vermieter. (…)“ Hier verstößt die Höhe der Kaution gegen § 551 Abs. 1. Diese ist in jedem Fall nach § 551 Abs. 4 unwirksam. Streicht man die Passage ab „in Höhe von…“ heraus, bleibt aber immer noch die Verpflichtung zur Kautionsleistung als in sich verständlicher und zulässiger Teil übrig. Die Höhe richtet sich dann nach § 551 Abs. 1.
cc) Rückzahlungsanspruch
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Soweit die Kautionsleistung auf einer nach § 551 Abs. 4 unwirksamen Vereinbarung beruht, kann der Mieter den nicht geschuldeten Teil gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 zurückverlangen.
b) Gesetzliche Anspruch auf Sicherheitsleistung
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In Wohnraummietverhältnissen gewähren § 563b Abs. 3 (Eintritt Dritter anstelle des verstorbenen Mieters) und – indirekt über Zurückbehaltungsrechte – auch § 554a Abs. 2 (Herstellung einer Barrierefreiheit) sowie §§ 539 Abs. 2, 258 S. 2 (Wegnahme von Einrichtungen) einen Anspruch auf Sicherheitsleistung.
c) Rückgabe einer geleisteten Sicherheit
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Soweit der Mieter wirksam zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, muss der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses dem Mieter eine Abrechnung (§ 259) erteilen und die nicht verbrauchte Kaution einschl. aufgelaufener Zinsen (vgl. § 551 Abs. 3 S. 3) zurückerstatten oder – je nach Art der Sicherheitsleistung – freigeben. Der Rückerstattungsanspruch wird im Zweifel im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157) gewonnen und entsteht unter der aufschiebenden Bedingung der Beendigung des Mietverhältnisses und der Rückgabe des Mietobjekts.Palandt-Weidenkaff Einf. v. § 535 Rn. 126. Der Anspruch wird fällig, wenn Klarheit über abrechenbare Gegenansprüche des Vermieters besteht, für die die Kaution haftet. Zur Feststellung dieser Lage steht dem Vermieter eine angemessene Prüfungsfrist von 3–6 Monaten zu.Palandt-Weidenkaff Einf. v. § 535 Rn. 126.
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Mehrere Mieter bilden eine Mitgläubigerschaft i.S.d. § 432.Palandt-Weidenkaff Einf. v. § 535 Rn. 126. Sofern nach § 566 (ggf. i.V.m. § 578) ein Wechsel auf Vermieterseite eintritt, gilt § 566a.
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