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E. Zurückbehaltungsrechte aus §§ 320, 321, 348
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Im gegenseitigen Vertrag bzw. im Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 346 ff. stehen beiden Parteien besondere Zurückbehaltungsrechte aus §§ 320, 348 zu.
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Die Einrede des § 320 hat die Funktion, die geschuldete (Gegen-)Leistung zu erzwingen. Sie setzt nach ihrem Sinn und Zweck voraus, dass derjenige, der sich auf sie beruft, seinerseits erfüllungsbereit ist.
St. Rspr. des BGH, vgl. Urteil des BGH vom 4. Juli 2002 (Az: I ZR 313/99 m.w.N.). Dagegen kann sich derjenige, der deutlich macht, dass er an dem Vertrag gar nicht festzuhalten gedenke, die Einrede nicht zu Nutze machen.Beispiel
Wer den Rücktritt vom Vertrag erklärt, ohne dazu berechtigt zu sein, kann sich später gegen den – mangels wirksamen Rücktritts – nicht erloschenen Primäranspruch seines Vertragspartners nicht mit dem Zurückbehaltungsrecht aus § 320 verteidigen.
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Die Einrede des nichterfüllten gegenseitigen Vertrages aus § 320 Abs. 1 S. 1 steht dem Vertragspartner dann nicht zu, wenn er nach dem Vertrag seinerseits vorzuleisten hat, § 320 Abs. 1 S. 1 Hs. 2. Dann muss die andere Vertragspartei schließlich noch gar nichts unternehmen, sondern darf die Vorleistung abwarten. Solange die Vorleistung noch nicht bewirkt wurde, steht der anderen Vertragspartei die Einrede des § 320 zu.
Hinweis
Von diesem Schema macht wiederum § 321 Abs. 1 eine Ausnahme. Danach darf der vorleistungspflichtige Vertragspartner die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Dieses Leistungsverweigerungsrecht entfällt nach § 321 Abs. 1 S. 2 wieder, wenn die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird. Der vorleistungspflichtige Vertragspartner kann also bei drohender Insolvenz des anderen Teils oder einem Unvermögen aus anderen Gründen
Etwa vorübergehende Unmöglichkeit, BGH Urteil vom 11. Dezember 2009 (Az: V ZR 217/08) unter Tz. 18 f. = NJW 2010, 1272 ff. zumindest eine Sicherheitsleistung erzwingen und darf seine Leistung so lange zurückhalten. Er kann dem anderen Teil über §§ 321 Abs. 2, 323 dazu sogar eine Frist setzen und nach fruchtlosem Fristablauf vom Vertrag zurücktreten.506
Auch die Zurückbehaltungsrechte aus §§ 320, 348 führen zur Zug-um-Zug-Verpflichtung, wie sich aus § 322 Abs. 1 ergibt. Bei Gläubigerverzug eines Teils kommt § 274 Abs. 2 über § 322 Abs. 3 zur Anwendung. Insoweit bestehen also keine Unterschiede.
Jedoch kann der Schuldner die Zug-um-Zug-Wirkung der Zurückbehaltungsrechte aus §§ 322, 348 nicht durch Sicherheitsleistung abwenden, § 320 Abs. 1 S. 3.
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Ferner kann der Schuldner – vorbehaltlich treuwidrigen Verhaltens – seine Leistung auch dann zurückbehalten, wenn nur ein Teil seines Anspruchs noch nicht erfüllt ist, § 320 Abs. 2.
Bei mangelhafter Leistung des Werkunternehmers beachten Sie bitte die besondere Regel in § 641 Abs. 3.