I. Der Sachverhalt
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklage (B) bot Ende Dezember 2011 über die Internetplattform eBay einen Kraftfahrzeugmotor zum Verkauf an. Am 4. Januar 2012 beendete der B sein Angebot und strich die bis dahin abgegebenen Gebote. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger (K) Höchstbietender mit einem Betrag von 1.509 €. Als Grund gab der B gegenüber dem K an, er habe außerhalb der Internetauktion ein besseres Angebot für den Motor erhalten. Später begründet B die Angebotsrücknahme damit, der Motor habe seine Zulassung im Straßenverkehr verloren; dies habe er bei der Freischaltung des Angebots bei eBay noch nicht gewußt.
Die Versteigerung des Motors erfolgte auf der Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay. Dort heißt es (auszugsweise):
§ 10 Ziffer 1 Satz 5:
"Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen."
§ 10 Ziffer 7:
"Bieter dürfen ein Gebot nur dann zurücknehmen, wenn sie dazu gesetzlich berechtigt sind. Weitere Informationen."
In den "Weiteren Informationen" wird auf folgendes hingewiesen:
"Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) können Sie sich von einer verbindlichen Willenserklärung [...] lösen, wenn ein so genannter Anfechtungsgrund vorliegt. Ein Anfechtungsgrund liegt vor, wenn Sie sich bei der Abgabe einer Willenserklärung in einem relevanten Irrtum befanden [...].
Sofern ein Anfechtungsgrund vorliegt, der Sie dazu berechtigt, sich von Ihrem Angebot zu lösen, können Sie dies durch das vorzeitige Beenden des Angebots und Streichung bereits vorhandener Gebote technisch umsetzen. Sie sollten auf jeden Fall den Grund für die vorzeitige Beendigung des Angebots dem Höchstbietenden gegenüber zusätzlich gesondert in Form einer Anfechtungserklärung geltend machen. Die Anfechtung muss dabei unverzüglich gegenüber dem Höchstbietenden erklärt werden. Geben Sie hierbei den Grund für die vorzeitige Beendigung an."
Mit seiner Klage nimmt der K den B auf Zahlung von 3.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Er behauptet, der vom B angebotene Motor habe einen Marktwert von 5.009 €; für diesen Preis hätte er den Motor verkaufen können. Durch die Angebotsrücknahme sei ihm ein entsprechender Schaden entstanden.
Hat K gegen B den geltend gemachten Anspruch?
II. Falllösung
Fraglich ist, ob K gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 3.500 € hat. Als Anspruchsgrundlage kommt hier ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 281 I 1 1. Var. BGB in Betracht.
Der Anspruch müsste entstanden sein.
Es müsste ein wirksames Schuldverhältnis gegeben sein. Dies könnte hier ein Kaufvertrag sein gemäß § 433 BGB.
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei einer Internetauktion (eBay) nicht um eine Versteigerung i.S.v. § 156 BGB handelt. Es gibt keinen Zuschlag und somit ist § 156 BGB nicht anwendbar.
Vielmehr bleibt es bei den allgemeinen Bestimmungen der §§ 145 ff. BGB. Die Auslegung der Willenserklärungen von K und B muss unter Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay erfolgen. Nach § 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt kein Vertrag zustande, wenn der Anbieter nach dem objektiven Empfängerhorizont, aufgrund gesetzlicher Regelungen dazu berechtigt war, sein Angebot zurückzuziehen.
Die §§ 145 ff. BGB sprechen jedenfalls nicht hiergegen, da die Vorschriften es auch zulassen, dass das Angebot einschränkend abgegeben wird.
Hierzu führt der BGH aus: „Ein solcher Vorbehalt, der die Bindungswirkung des Verkaufsangebots einschränkt, verstößt nicht gegen Grundsätze über die Bindungswirkung von Angeboten (§§ 145, 148 BGB), sondern ist zulässig. Denn gemäß § 145 BGB kann der Antragende die Bindungswirkung seines Angebots ausschließen; ebenso kann er sie einschränken, in dem er sich den Widerruf vorbehält (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 305/10, aaO Rn. 17).“
Aus den „Weiteren Informationen“ ergibt sich, dass der Antragende bereits dann eine Lösungsmöglichkeit von dem Angebot hat, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt.
Hier könnte ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft gemäß § 119 II BGB gegeben sein. Vorliegend irrte sich der B über die Zulassung des Motors für den Straßenverkehr. Hierbei handelt es sich auch um eine verkehrswesentliche Eigenschaft.
Damit lag ein Anfechtungsgrund vor und der B war unter Zugrundelegung von § 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, dass Angebot zurückzunehmen.
Fraglich ist aber, wie es sich auswirkt, dass der B den Anfechtungsgrund gemäß § 119 II BGB nicht unverzüglich – als ohne schuldhaftes Zögern – geltend gemacht hat (§ 121 I 1 BGB). Hier hatte der K als Grund nämlich zuerst angegeben, dass er ein besseres Angebot erhalten hat und erst später, dass er sich über die straßenrechtliche Zulassung des Motors geirrt habe.
Dies ist hier jedoch unschädlich, da es gerade nicht um eine Anfechtung geht, sondern um die Möglichkeit, ein Angebot wieder zurückzuziehen, sodass schon kein wirksames Angebot vorliegt. Nach Auslegung der AGB von eBay ist allein entscheidend, für das Recht des Antragenden sich vom Angebot zu lösen, dass vorliegen eines Anfechtungsgrundes. Auf § 121 BGB kommt es nicht an.
Hierzu führt der BGH aus: „[...] Nach § 10 Ziffer 1 Satz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay ist schon das Angebot des Verkäufers nicht bindend ist, wenn ein Tatbestand vorliegt, der den Verkäufer bei einem zustande gekommenen Vertrag zur Lösung vom Vertrag berechtigen würde.“
Es ist kein wirksames Angebot des B gegeben. Mithin wurde kein Kaufvertrag zwischen K und B geschlossen. Der Anspruch ist nicht entstanden.
Im Ergebnis hat K gegen B daher keinen Anspruch auf Zahlung von 3.500 gemäß §§ 280 I, III, 281 I 1 1. Var. BGB.
Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie in unseren ExO`s und im GuKO ZR I. Eine Leseprobe aus unserem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/skript.php?id=37266.