Der Entscheidung lag folgender (verkürzt dargestellter) Sachverhalt zugrunde: Um sich an R zu rächen, beauftragte der Angeklagte H die weiteren Angeklagten C und M damit, R zu töten. Diese begaben sich daraufhin nachts zu dessen Haus. Die Adresse hatten sie von H erhalten. Während C Schmiere stand, brachte M eine Handgranate unter dem Pkw VW-Passat, der vor einer Garage neben R's Haus geparkt war. Beide nahmen an, daß die Garage zum Haus von R gehöre und es sich um dessen Fahrzeug handele. Tatsächlich gehörte die Garage zum Anwesen von R's Nachbarn St, der sein Fahrzeug dort geparkt hatte. M klemmte die Handgranate nach Abschrauben einer Verkleidung im Radkasten des Autos ein, befestigte daran eine Zugleitung und verband diese mit einer Nadel, welche er in die Innenseite des Vorderreifens stach. Dadurch sollte bei einer Radumdrehung der Zündring der Handgranate gelöst werden. Der Zeuge St benutzte sein Fahrzeug danach erst wieder am 15. 5. 1993. Er wollte seine Kinder zum Bahnhof fahren. Beim Verlassen der Garageneinfahrt riß die Zugleitung der Sprengfalle ab, ohne die Granate zu zünden. St hörte ein Geräusch. Kurz darauf erkannte er die Granate und konnte sie entfernen.
Für C und M war zu prüfen, ob sich diese wegen mittäterschaftlich begangenen, versuchten Mordes gem. §§ 211, 212, 25 II, 22, 23 StGB strafbar gemacht haben könnten, indem M am Auto des St eine Sprengfalle anbrachte und C währenddessen Schmiere stand.
Im Tatentschluss musste diskutiert werden, ob dieser hinsichtlich St vorlag, hatten doch die Täter ursprünglich geplant, R mit der Sprengfalle zu töten. Problematisch war, dass die Täter das Tatopfer nicht unmittelbar individualisiert hatten sondern nur mittelbar über dessen vermeintliches Auto.
In den Fällen der unmittelbaren Individualisierung (A schießt auf B und nimmt aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse irrig an, es handele sich um C, an welchem er sich eigentlich rächen möchte) besteht Einigkeit, dass bei Gleichwertigkeit der Objekte der Vorsatz bejaht werden muss, da das verletzte Objekt identisch ist mit dem Angriffsobjekt zum Zeitpunkt der Vornahme der Handlung. Der Täter hat genau das Objekt getroffen, auf welches er (im obigen Beispiel) gezielt hatte.
Bei der mittelbaren Individualisierung ist die Lösung streitig.
Teilweise wird ausgeführt, dass sich der Vorsatz auf das geistig avisierte Objekt (=Angriffsobjekt) konkretisiert habe. Werde nun ein anderes Objekt getroffen, weiche dieses als Verletzungsobjekt vom Vorgestellten ab, so dass eine aberratio ictus anzunehmen sei (Herzberg JA 81, 470).
Die überwiegende Auffassung, wozu auch der BGH gehört, nimmt hingegen einen unbeachtlichen error in perona an. Es kommt damit nicht darauf an, ob der Täter das Objekt unmittelbar (sinnlich) oder nur mittelbar (z.B. über ein Auto) individualisert hat. In den Fällen der mittelbaren Individualisierung soll sich der Vorsatz auf jenes Objekt beziehen, welches den "Programmvorgaben" des Täters entspricht (Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT Rn 371). Der BGH hat in seinem Urteil (NStZ 1998, 294) dazu folgendes ausgeführt:
"Es handelt sich um eine Verwechslung des angegriffenen Tatopfers ("error in persona”), die wegen tatbestandlicher Gleichwertigkeit der Rechtsgüter als Motivirrtum unerheblich ist. Die Unbeachtlichkeit der Personenverwechslung für den Vorsatz des Täters hatte der BGH bisher zwar nur für Fälle zu beurteilen, bei denen der Täter sein Opfer unmittelbar gesehen und angegriffen, sich jedoch über dessen Identität geirrt hatte (BGHSt 11, 268, 270; 37, 214, 216). Im vorliegenden Fall haben die Täter das Opfer zwar nicht selbst optisch wahrgenommen, aber durch das zur Sprengfalle umfunktionierte Fahrzeug mittelbar individualisiert. In einem solchen Fall gilt im Ergebnis nichts anderes als bei optischer Wahrnehmung des Opfers selbst. Die Angeklagten haben das als Tatmittel benutzte Fahrzeug der falschen Person zugeordnet (vgl. Stratenwerth in FS Baumann, 1992, S. 57, 61f.).
Der beiläufigen Bemerkung des 4. Strafsenats in BGHSt 37, 214, 216 ist nichts anderes zu entnehmen (krit. dazu Küpper JR 1992, 294, 295; LK- Roxin 11. Aufl., § 26 Rn 94); soweit dort von der Wahrnehmung des Opfers durch den Täter gesprochen wird, ist damit auch der Fall der mittelbaren optischen Wahrnehmung gemeint.
Bei Herstellen einer Autobombe mag zudem eine Konkretisierung des Tötungsvorsatzes durch den Täter von vornherein nur auf diejenige Person erfolgen können, welche zuerst das Auto benutzt (Prittwitz GA 1983, 110, 130; AKStGB- Zielinski §§ 15, 16 Rn 63; s.a. Geppert Jura 1992, 163, 165)."
Der Tatentschluss bezogen auf die Tötung des St konnte somit bejaht werden. Dieser war auch auf eine heimtückische Begehung gem. § 211 gerichtet.
Die Täter müssten nun durch das Platzieren der Bombe bereits unmittelbar angesetzt haben. Der BGH führt dazu folgendes aus.
"Die Angeklagten C und M haben mit beiden Handgranatenattentaten nach ihrer Vorstellung unmittelbar zur Begehung des Mordes angesetzt (§ 22 StGB). Soweit der Täter alles nach seiner Vorstellung von der Begehung der Tat Erforderliche getan hat, der Versuch also gegebenenfalls bereits beendet ist, liegt grundsätzlich bereits ein Versuch der Tatbegehung vor (vgl. Roxin JuS 1979, 1, 9f.). Ausnahmsweise ist dies zwar dann nicht anzunehmen, wenn durch die Handlung des Täters das Rechtsgut noch nicht unmittelbar gefährdet wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Täter eine Falle stellt, aber unklar ist, ob und wann sich das Opfer ihr nähern wird (vgl. Senat Urt. v. 12. 8. 1997 - 1 StR 234/97, zum Abdruck in BGHSt bestimmt). So lag der Fall hier jedoch nicht. Bei beiden Attentaten waren sich die Täter bewußt, daß irgendwann ein Fahrzeugführer erscheinen würde. Tatsächlich haben sich auch in beiden Fällen die Fahrzeugführer den mit Sprengfallen versehenen Kraftwagen soweit genähert, daß sie in den unmittelbaren Wirkungsbereich dieser Fallen gelangt waren und das Auslösen der Sprengfallen unmittelbar bevorstand."
Damit hatten sich also C und M des mittäterschaftlich begangenen, versuchten Mordes an St strafbar gemacht.
Fraglich war nunmehr aber, wie sich der für M und C unbeachtliche error in persona auf den Anstifter H auswirkt. Dieser könnte sich der Anstiftung zum versuchten, mittäterschaftlich begangenen Mord gem. §§ 211, 212, 25 II, 22, 26 StGB strafbar gemacht haben, indem er beide mit der Tatbegehung beauftragte.
Der objektive Tatbestand der Anstiftung ist unproblematisch verwirklicht. Fraglich ist aber, ob H auch Vorsatz bezüglich der Tötung des St hatte.
Eine in der Literatur vertretene Auffassung (Jeschek/Weigend, Strafrecht AT, § 64 II 4) sieht in der Objektverwechselung des Angestifteten eine aberratio ictus für den Anstifter, mit der Folge, dass letzterer nur wegen versuchter Anstiftung bestraft werden kann. Problematisch ist, dass dann eine Strafbarkeitslücke bei Vergehen entsteht, da die versuchte Anstiftung gem. § 30 I StGB nur bei Verbrechen strafbar ist.
Die Gegenauffassung, zu der auch der BGH gehört, befindet den error in persona des unmittelbar Handelnden auch für den Anstifter als unbeachtlich, solange sich die Verwechselung noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren halte (so der BGH) was - so die Lit. - immer dann der Fall sein soll, wenn der Anstifter dem Täter die Individualisierung überlassen und damit das Risiko einer Verwechslung gesetzt hat (Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, Rn 826). Im vorliegenden Fall führt der BGH dazu unter Berufung auf ein vorangegangenes Urteil folgendes aus:
"Auch für diese Angeklagten als Anstifter ist der Fehler der Täter C und M bei der Zuordnung des Fahrzeugs zu einem bestimmten Tatopfer rechtlich unbeachtlich. Diese Rechtsfolge für einen Anstifter hat der BGH bereits entschieden (BGHSt 37, 214, 218f.; hierzu Geppert Jura 1992, 163ff.; Küpper JR 1992, 294ff.; J. Müller MDR 1991, 830f.; Puppe NStZ 1991, 124ff.; Schlehofer GA 1992, 207ff.; Stratenwerth aaO, S. 57ff.; Streng JuS 1991, 910f.; Weßlau ZStW 104 (1992), 105ff.; abl. bes. Bemmann in FS Stree/Wessels, 1993, S. 397ff.; Roxin JZ 1991, 680f. und in FS Spendel, 1992, S. 289ff.). Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der erhobenen Kritik fest. Die dazu aufgeworfene Frage, wie die Strafbarkeit des Anstifters zu beurteilen wäre, wenn der Täter nach der Personenverwechslung auch noch das seinem Auftrag entsprechende Opfer angreifen würde, bedarf hier keiner Entscheidung.
Für die Anstifter lag hier jedenfalls die Verwechslung ebenso wie für die Täter “in der Streubreite des ... gesehenen Risikos" (AKStGB- Zielinski aaO). Dem früheren Mitangekl. L hatten sie die Wohnungen der vorgesehenen Tatopfer gezeigt, aber keine genauere Bestimmung des Tatopfers getroffen; den später angestifteten Tätern C und M haben sie keine Vorgaben für das Erkennen der “richtigen” Tatopfer gemacht, sondern nur Namen und Adressen mitgeteilt. Schließlich waren sie auch mit der Verwendung der in ihrer Wirkung auf beliebige Opfer unbeherrschbaren Handgranaten einverstanden. Auch ihr Vorsatz war demnach nur auf die nächsten Fahrzeugbenutzer konkretisiert."
Damit hatte sich H der Anstiftung zum versuchten, mittäterschaftlich begangenen Mord gem. §§ 211, 212, 25 II, 22, 26 StGB strafbar gemacht.
Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie in unserem GuKO SR I sowie in unseren ExO`s. Einen Auszug aus dem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12526.