Voraussetzungen der Anwendbarkeit von § 830 im Rahmen der Gefährdungshaftung
Entscheidung/AZ/Fundstelle:
BGH Urteil vom 24.4.2018 – VI ZR 25/17; NJW 2018, 3439
Link zum Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2018-4-24&nr=89856&pos=14&anz=22
Wesentliche Fragen:
- Was ist Sinn und Zweck von § 830 I?
- Ist § 830 auf die Gefährdungshaftung generell anwendbar?
- Welche Anforderungen sind an die VSS zustellen?
Leitsätze:
„a) Der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht auf die Verschuldenshaftung beschränkt, sondern erfasst auch die Gefährdungshaftung, insbesondere die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB (Fortführung Senatsurteil vom 15. Dezember 1970 - VI ZR 121/69, BGHZ 55, 96, 98 ff.).
- b) "Beteiligter" im Sinne von § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nur derjenige, dessen Tatbeitrag zu einer rechtswidrigen Gefährdung der Schutzsphäre des Betroffenen geführt hat und zur Herbeiführung der eingetretenen Verletzung geeignet war (Fortführung Senatsurteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 320/88, NJW 1989, 2943, 2944). Im Falle der Gefährdungshaftung bedarf es hierzu einer konkreten Gefährdung des Betroffenen, die geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen.
- c) Im Falle der Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB ist für die Anwendung von § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB Voraussetzung, dass sich in dem Verhalten aller als Schadensverursacher infrage kommenden Tiere eine spezifische Tiergefahr gezeigt hat und dass diese spezifische Tiergefahr im Hinblick auf den eingetretenen Schaden kausalitätsgeeignet war.“
Verkehrssicherungspflichten, Haftung wegen Fahrzeugbeschädigung in einer Waschstraße
Entscheidung/AZ/Fundstelle:
BGH Urteil vom 19.7.2018 – VII ZR 251/17; NJW 2018, 2956
Link zum Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2018-7-19&nr=86554&pos=24&anz=26
Wesentliche Fragen:
- Wann kann eine Pflichtverletzung vermutet werden?
- Verkehrssicherungspflichten
- Umfang von Hinweispflichten bei Benutzung einer Anlage?
Leitsätze:
„Der Schutz der Rechtsgüter der Benutzer erfordert es, dass von dem Betreiber einer Waschstraße nicht nur die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangt wird. Sind Schädigungen zu besorgen, wenn die Kunden bei der Nutzung der Anlage - zwar selten, aber vorhersehbar - nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten, muss der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass kein Fehlverhalten vorkommt. Den Betreiber einer Waschstraße trifft deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.“
Ergänzende Anmerkungen
Beachte in diesem Zusammenhang auch den Beitrag im CLUB
Link:
https://www.juracademy.de/rechtsprechung/article/garantiert-sauber-garantiert-unfallfrei
Gegenstand der Besprechung ist das Urteil des OLG Frankfurt vom 14.12.2017, abgedruckt in NJW 2018, 637. Im Rahmen einer solchen Aufgabenstellung im Examen wäre der Vertragsschluss zur Reinigung eines Fahrzeugs in der Waschstraße genau zu betrachten (mit diesem Aspekt setzt sich das Urteil allerdings nicht auseinander). Ein wesentlicher Schwerpunkt läge bei der Prüfung von Verkehrssicherungspflichten und der Frage welche Anforderungen an die Beweislast im Rahmen vertraglicher und deliktischer Ansprüche zu stellen sind. Es müsste zudem gezeigt werden wie die Auslegung von AGB zu erfolgen hat und ob im vorliegenden Fall eine Garantiehaftung aus den AGB folgt. Insgesamt stellt dieses Urteil damit eine schöne Vorlage für einen Teil einer Examensklausur dar.
Zulässigkeit eines individualvertraglich vereinbarten dauerhaften Kündigungsausschlusses (immerwährender Kündigungsausschluss)
Entscheidung/AZ/Fundstelle:
BGH Beschluss vom 8.5.2018 – VIII ZR 200/17; NZM 2018, 556
Link zum Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2018-5-8&nr=84235&pos=22&anz=25
Wesentliche Fragen:
- Anforderungen an Stellen von AGB
- Können AGB durch Aushandeln zu einer individualvertraglichen Vereinbarung werden?
- Ist ein dauerhafter Kündigungsausschluss durch AGB möglich?
- Kann eine etwaige Unwirksamkeit auch vom Verwender selbst geltend gemacht werden?
- Welchen Grenzen unterliegt ein individualvertraglicher dauerhafter Kündigungsausschluss?
Vererblichkeit eines Kontos in einem sozialen Netzwerk, hier Facebook-Zugang
Entscheidung/AZ/Fundstelle:
BGH Urteil vom 12.7.2018 – III ZR 183/17; NJW 2018, 3178
Link zum Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2018-7-12&nr=86602&pos=8&anz=19
Wesentliche Fragen:
- Ist ein Facebook-Zugang vererblich?
- Stehen der Vererblichkeit konkrete vertragliche Regelungen entgegen?
- Kann die Vererblichkeit ausgeschlossen werden?
- Ist die Vererblichkeit schon nach dem Wesen des Vertrags ausgeschlossen?
- Stehen der Vererblichkeit besondere Vorschriften entgegen?
Leitsätze:
„Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.“
Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausuel und Wechselwirkung mit einer Abrede zwischen Mieter und Nachmieter
Entscheidung/AZ/Fundstelle:
BGH Urteil vom 22.8.2018 – VII ZR 277/16; NJW 2018, 3302
Link zum Urteil:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2018-8-22&nr=87673&pos=4&anz=10
Wesentliche Fragen:
- Zulässigkeit von Schönheitsreparaturklausueln
- Auswirkungen von vertraglichen Abreden zwischen Vormieter und Nachmieter auf die besagte(n) Klausuel(n)
Leitsätze:
„Im Falle einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14, BGHZ 204, 302 Rn. 15, 35).
Eine allein zwischen dem bisherigen und dem neuen Mieter getroffene Renovierungsvereinbarung vermag - mit Rücksicht darauf, dass die Wirkungen eines Schuldverhältnisses grundsätzlich auf die daran beteiligten Parteien beschränkt sind - daran nichts zu ändern.“
Ergänzende Anmerkungen
Hierbei handelt es sich um die Fortführung des Urteils aus dem Jahr 2015 (s.o.). Im Beitrag der NJW finden sich interessante Ausführungen zur Frage nach einer etwaigen Schuldübernahme und weitere durch das Urteil nicht abschließend geklärte Fragen
Link zu Beck-online:https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fzeits%2Fnjw%2F2018%2Fcont%2Fnjw.2018.3302.1.htm&pos=1&hlwords=on