Sachverhalt
A bot B mit Kostenvoranschlag vom 10.8 die Entfernung eines alten Teppichbodens und die Beschaffung und Verlegung eines neuen Teppichbodens in den Privaträumen des B für insg. 15.000€ an.
Dieses Angebot wurde von B angenommen.
Sodann änderten die Parteien die Abrede wie folgt. A sollte nur eine fingierte Rechnung i.H.v. 8.200€ über Verlegearbeiten in einer von B vermieteten Wohnung stellen, weitere 6.000€ sollten bar bezahlt werden.
B überwies in der Folgezeit 8.200€ an A. Der Rest wurde vereinbarungsgemäß bar bezahlt.
Nach kurzer Zeit zeigten sich die ersten Mängel am Werk.
A wurde von B sodann erfolglos zur Nacherfüllung aufgefordert. Nach Rücktritt vom Kaufvertrag verlangt B Rückabwicklung des Vertrags.
Welche Ansprüche stehen B zu?
Besonderheit des Falls.
In Abgrenzung zu den bisher ergangenen Entscheidungen beschäftigt sich der BGH vorliegend mit der Frage, ob eine nachträgliche Vereinbarung über Schwarzarbeit zur Nichtigkeit des Vertrags führt.
I. Anspruch des B aus §§ 346, 634 Nr. 3 Alt. 1, 323 I Alt. 2
Hierfür müsste ein zunächst ein Mangel i.R.e. Werkvertrags bestehen.
1. Werkvertrag
Fraglich ist, ob zwischen A und B ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist.
Ursprünglich wurde der Vertrag wirksam geschlossen und war auf einen Erfolg gerichtet. Demnach wurde ein Werkvertrag gem. § 631 geschlossen.
2. Unwirksamkeit wegen nachträglicher Schwarzgeldabrede
Fraglich ist, ob sich etwas anderes aus der nachträglichen Abrede ergibt, dass für einen Teil der Arbeiten keine Rechnung gestellt werden sollte (sog. „Ohne – Rechnung – Abrede“). Hieraus könnte Nichtigkeit aufgrund eines Verstoßes gegen § 134 i.V.m. dem SchwArbG folgen.
Hierfür müsste die nachträgliche Abrede zunächst gegen das SchwarzArbG verstoßen und die Regelungen des SchwarzArbG Verbotsgesetze darstellen.
a. Verstoß gegen das SchwarzArbG
Gem. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG ist eine vertragliche Abrede unwirksam, wenn sie Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt.
Die nachträgliche Abrede diente der Verhinderung steuerlicher Plichten und ist als Schwarzarbeit gem. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG einzuordnen.
b. Beidseitigkeit des Verstoßes
Fraglich ist, ob eine bloß einseitige Absicht des A Schwarzarbeit zu leisten ausreicht.
Nach allgemeiner Ansicht ist zum Schutz der gesetzestreuen Partei zu fordern, dass sie den Verstoß des Leistenden zumindest kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die Notwendigkeit eines beiderseitigen Verstoßes ergibt sich zudem aus dem SchwarzArbG selbst, welches sich sowohl an den Besteller als auch den Unternehmer richtet.
Vorliegend kannte B die Absicht des A Schwarzarbeit leisten zu wollen, zudem wollte sich B Vorteile, in Form eines vergünstigten Gesamtbetrags sichern.
Ein beiderseitiger Verstoß gegen § 1 II SchwarzArbG liegt vor.
c. SchwarzArbG als Verbotsgesetz i.S.d. § 134
Fraglich ist, ob ein Verstoß gegen das SchwarzArbG überhaupt zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führt. Dies wäre der Fall, wenn es sich um ein Verbotsgesetz und keine bloße Ordnungsvorschrift handeln würde.
Die ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.
Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich die Eigenschaft als Verbotsgesetz nicht zwingend, da das Gesetz nicht ausdrücklich von einem Verbot spricht.
Die Einordnung als Verbotsgesetz könnte sich jedoch aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben. Das SchwarzArbG will Schwarzarbeit verhindern. Diese ist weit verbreitet und schädigt die Volkswirtschaft in enormen Ausmaß. Das Gesetz will daher den auf Schwarzarbeit basierenden Austausch von Leistungen generell unterbinden. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass harte Rechtsfolgen am ehesten geeignet sind einen solchen Austausch unattraktiv zu belegen und die Parteien so von Schwarzarbeit abzuhalten. Die Nichtigkeit des Vertrags führt dazu, dass der Besteller sich nicht auf Gewährleistungsrechte berufen kann und der Unternehmer – im Fall der Vorleistung – kein Entgelt für seine Leistung verlangen kann. Der Sinn und Zweck des Gesetzes spricht für derart harte Folgen. Aus diesem Grund wird von der neuen gefestigten Rechtsprechung des BGH und der überwiegenden Literatur der Verbotscharakter des SchwarzArbG aufgrund teleologischer Erwägungen angenommen.
d. Andere Bewertung wegen „nur“ nachträglicher Schwarzgeldabrede?
Fraglich ist, ob die Nichtigkeit nach § 134 auch dann anzunehmen ist, wenn die Schwarzgeldabrede erst nachträglich erfolgt ist. Dies ist streitig.
(1) Eine Ansicht
Nach e.A. ist nur die Änderung nichtig.
Nach dieser Ansicht kommt es zu keiner Änderung des ursprünglichen Vertrags, da der angestrebte Änderungsvertrag (§ 311 I BGB) nichtig ist.
(2) Andere Ansicht
Insb. nach Ansicht des BGH ist von Gesamtnichtigkeit auszugehen.
Im Hinblick auf den Telos des Schwarzarbeitsgesetzes (s.o.) stellen sowohl die anfängliche als auch die nachträgliche Schwarzgeldabrede einen zu missbilligenden Versuch dar die steuerrechtlichen Vorschriften zu umgehen. Es besteht demnach ein Bedürfnis auch die nachträgliche Schwarzgeldabrede mit den gleichen harten Sanktionen zu belegen wie die ursprüngliche Entgeltabrede.
(3) Entscheidung
Für dieses Ergebnis streitet auch der Umstand, dass die Änderungsvereinbarung für sich allein genommen nicht die Voraussetzungen von § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG i.V.m. 134 BGB erfüllt. Die Änderungsvereinbarung betrifft bloß die Zahlungsmodalitäten und gerade nicht die Erbringung der Dienst- oder Werkleistung. Die Verknüpfung der Zahlungsmodalitäten ergibt sich erst in Zusammenschau mit der ursprünglichen Abrede. Daher ist die isolierte Betrachtung der Änderungsvereinbarung im o.g. Sinne nicht vorzunehmen.
Zum gleichen Ergebnis führt der Vergleich mit den Fällen der anfänglichen Schwarzgeldabrede. Hier erfolgt keine isolierte Betrachtung der „Ohne Rechnung Abrede“
(4) Andere Bewertung wegen steuerrechtlicher Verstöße?
Fraglich ist, ob ein anderes Ergebnis daraus folgen kann, dass die „Ohne Rechnung Abrede“ schon wegen steuerrechtlicher Vorschriften unwirksam ist. Auch bei unterstellter Unwirksamkeit wegen steuerrechtlicher Aspekte sind keine Gründe ersichtlich § 1 II SchwarzArbG i.V.m. § 134 BGB nicht anzuwenden. Aus dem Zweck des steuerrechtlichen Verbots ergibt sich kein Vorrang der isolierten Betrachtung und Unwirksamkeit der „Ohne Rechnung Abrede“.
Das SchwarzArbG dient dem Schutz der gesetzestreuen Unternehmen und verfolgt nicht bloß fiskalische Zwecke. Daher ist die Annahme der vollständigen Unwirksamkeit zum Schutz der genannten Belange anzunehmen.
3. Ergebnis
Der Vertrag ist gem. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG i.V.m. 134 BGB nichtig. Damit bestehen keine Ansprüche aus Rücktrittsrecht.
II. Anspruch des B aus § 812 I 1 Alt. 1 oder § 817 S. 1
A hat einen Auszahlungsanspruch gegen seine Bank in Höhe von 8.200€ erlangt und Eigentum und Besitz an weiteren 6.000€.
Fraglich ist, ob dies durch Leistung des B geschah. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Vorliegend Leistete B bewusst und zweckgerichtet unter Einschaltung der Bank als bloßen Leistungsmittler.
Die Leistung erfolgte zudem ohne Rechtsgrund.
Wegen des vorliegenden Gesetzesverstoßes ist auch § 817 S. 1 erfüllt (s.o.).
Die Kondiktionen könnten jedoch wegen § 817 S. 2 ausgeschlossen sein. § 817 S. 2 findet auf § 817 Satz 1 unmittelbare Anwendung und ist analog auf alle Leistungskondiktionen anzuwenden.
Demnach ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Verstoß gegen das Gesetz zur Last fällt. Wie oben bereits festgestellt, liegt vorliegend ein beiderseitiger Gesetzesverstoß vor. Demnach sind auch Ansprüche aus 817 S. 1 und § 812 I 1 Alt. 1 ausgeschlossen.
III. Gesamtergebnis
B stehen keine Ansprüche zu.
Wiederholungsfragen:
1. Ist das SchwarzArbG als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 anzusehen?
2. Führt nur die anfängliche Vereinbarung von Schwarzarbeit zur Nichtigkeit oder ist auch die nachträgliche Schwarzgeldabrede erfasst?
3. Worauf ist § 817 S. 2 im Bereicherungsrecht anwendbar?
Beachte: Der Anwendungsbereich außerhalb des Bereicherungsrechts ist streitig. Insbesondere im Hinblick auf den sogenannten Doppelmangel wird auch eine Anwendbarkeit außerhalb des Bereicherungsrechts vertreten.