I. Entscheidung des BVerfG
Antrag auf Bezuschussung der AfD nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V. (DES) verworfen
Anders als die anderen parteinahen Stiftungen hat die DES bisher keine staatliche Förderung erhalten. Diese Förderung der politischen Stiftungen ist üblich. Für die Stiftungen der anderen sechs Parteien sind in diesem Jahr im Haushaltsgesetz148 Millionen Euro vorgesehen, soweit die Gelder zu „verfassungsmäßigen Zwecken“ verwendet werden. Die AfD bemängelte intrasparente Verteilung der Mittel sowie die fehlende Förderung der DES in einem Organstreitverfahren.
Am 22. Juli 2020 hatte der Senat bereits einen ersten Eilantrag als unzulässig verworfen. Antragsgegner des Anordnungsverfahrens waren der Deutscher Bundestag, der Haushaltsausschuss, die Bundesregierung, das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) sowie das Bundesfinanzministerium (BMF). Diese vertreten die Auffassung, Parteien hätten zunächst keinen direkt im Grundgesetz angelegten Anspruch auf Förderung ihnen nahestehender Stiftungen. Darüber hinaus existiere ein hinreichender sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen den verschiedenen Stiftungen.
Das BVerfG (Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juli 2022 - 2 BvE 3/19) ließ den Antrag erneut an der Begründungspflicht, insbesondere im Rahmen der Maßstäbe nach § 32 BVerfGG, scheitern – die AfD habe nicht hinreichend klar gemacht, dass „das geltend gemachte Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) auch die vorläufige Anordnung von Zahlungspflichten zugunsten der nicht verfahrensbeteiligten Desiderius-Erasmus-Stiftung e.V. umfasst und dass es des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung bedarf, um den Eintritt vollendeter Tatsachen im Sinne einer endgültigen Vereitelung des geltend gemachten Rechts zu verhindern.“
Im Ergebnis stellte der Senat fest, dass weder eine Eilbedürftigkeit vorliege, noch die AfD in ihrem Recht als Partei aus Art. 21 GG verletzt sei. In der Hauptsache ist Termin zur mündlichen Verhandlung für den 25. Oktober 2022 angesetzt.
II. Entscheidung des OVG Sachsen
Das Verbot eines "Scheinprozesses" gegen Robert Habeck ist rechtmäßig.
Das OVG Sachsen hat die Entscheidung des Dresdner VG zum Verbot eines inszenierten Prozesses gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei einer Kundgebung der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen bestätigt.
Die Freien Sachsen hatte einen Eilantrag gestellt, nachdem die Versammlungsbehörde das geplante Straßentheater bei einer Kundgebung in Heidenau bei Dresden untersagt hatte. Die rechtsextreme Splitterpartei monierte, dies verletze die Meinungs- und Kunstfreiheit sowie die Versammlungsfreiheit. Dazu wies sie auf Darstellungen von Politikern am Pranger im Straßenkarneval hin, die nicht untersagt wurden.
Das VG bestätigte das Verbot. Die öffentliche Sicherheit sei durch die Aufführung gefährdet. Diese würdige Robert Habeck als Person des öffentlichen Lebens herab und sei nach dem StGB als Beleidigung strafbar. Zwar sei im politischen Meinungskampf zu beachten, dass übertreibende und verallgemeinernde Kennzeichnungen und einseitig gefärbte Stellungnahmen hingenommen werden müssten. Grundsätzlich hätten die Veranstalter das Recht, sich regierungskritisch, auch in der Form eines Theaterstückes, zu äußern. Allerdings müsse das ohne Herabwürdigung und Degradierung geschehen. Die geplante Darstellung überschreite aber die Grenze zulässiger politischer Meinungsäußerungen.
In der Begründung verwies das VG auf ein Video zur Aufführung. Die dortige Darstellung lasse die Assoziation zu Guantanamo-Bay-Häftlingen aufkommen und zeige, wie ermordete Personen des öffentlichen Lebens in Kofferräumen von Fahrzeugen gefunden werden. Durch die geplante Form der Darstellung werde der Bundeswirtschaftsminister herabgewürdigt und zum bloßen Objekt eines „Prozesses“ degradiert, in dessen Ergebnis er der öffentlichen Schmähung am Pranger ausgesetzt werde. Während im Karneval die Darstellungen in einem humoristischen Kontext stünden sei ein solcher Hintergrund hier nicht erkennbar.
Zudem könne der Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens wegen der Darstellung einer Entführung verletzt sein. Es könne – so die Begründung – „nicht ausgeschlossen werden, dass die drastische Darstellung einer Abrechnung mit der Regierungspolitik weitere Wirkungen bei den Zuschauern haben“ könnte. So sei es „nicht fernliegend, dass sich Versammlungsteilnehmer dazu berufen fühlen könnten, die Darstellungen des Theaterstückes in die Tat umzusetzen“.
Auf Beschwerde an das OVG folgte dieses der Vorinstanz. Durch die Art und Weise der Darstellung würde Habeck herabgewürdigt und zum bloßen Objekt eines vermeintlichen Prozesses degradiert, in dessen Ergebnis er der öffentlichen Schmähung am Pranger ausgesetzt würde. Möglicherweise sei auch der „Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens wegen der Darstellung einer Entführung“ verletzt. Die „emotionalisierende Herabwürdigung des Bundeswirtschaftsministers durch sein öffentliches Zurschaustellen an einem Pranger soll diesen schutzlos öffentlichen Schmähungen aussetzen und verdeutlichen, dass gegen ihn Maßnahmen der Selbstjustiz durch das offenbar zugleich als Ankläger und Richter auftretende ‚Volk‘ bzw. den ‚Heidenauer Bürgerprotest‘ richtig und sogar geboten seien“. Somit sei die Aufführung geeignet, auf die Kundgebungsteilnehmer dahingehend einzuwirken, dass diese eine nicht nur kritische und ablehnende, sondern darüber hinaus auch feindselige Haltung gegenüber der Person des Bundeswirtschaftsministers einnehmen oder diese verstärken und sich für „Justizaktionen“ der im Bewerbungsvideo dargestellten Art legitimiert sehen. Der Beschluss ist unanfechtbar.