Dem Urteil zugrunde lag folgender Sachverhalt: Pferdehändler V verkaufte K einen Wallach. Kurz vor dem Verkauf hatte V bei Tierarzt T eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung in Auftrag gegeben. In dem zwischen V und T geschlossenen Vertrag wurde K nicht erwähnt; in den AGB des T wurde zudem die Haftung gegenüber namentlich nicht genannten Dritten ausgeschlossen. Bei der Untersuchung konnte T keine gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen feststellen. 18 Monate später untersuchte ein zweiter Tierarzt den Wallach und entdeckte dabei eine schwerwiegende Arthrose eines Hufgelenkes, die T bei der tierärztlichen Ankaufsuntersuchung nicht bemerkt hatte. K macht nun geltend, die Untersuchung durch T sei mangelhaft durchgeführt worden. Sie verlangt von T Zahlung des Kaufpreises und Übernahme der Kosten, die in der Folge für die Unterhaltung des Tieres anfallen. Gewährleistungsrechte gegen V macht K nicht geltend. Hat sie einen Anspruch auf Zahlung gegen T?
Das OLG Hamm prüft hier zunächst einen Anspruch der K gegen T aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB. Dies würde voraussetzen, dass zwischen K und T ein Werkvertrag geschlossen wurde. Ein Vertragsschluss liegt hier jedoch allein zwischen V und T vor. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass V die K vertreten haben könnte. Damit ist zwischen K und T kein Vertrag zustande gekommen. Ein Anspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs.1 BGB besteht nicht. Ein Anspruch auf Zahlung könnte allerdings aus § 280 Abs. 1 BGB folgen. Dazu müsste zwischen K und T ein Schuldverhältnis bestehen und T müsste eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis schuldhaft verletzt haben. In Betracht kommt ein Schuldverhältnis im Sinne des § 311 Abs. 3 BGB. Nach § 311 Abs. 3 BGB kann ein Schuldverhältnis auch zu solchen Personen entstehen, die zwar selbst nicht Vertragspartei werden, aber erhebliches Vertrauen für sich in Anspruch nehmen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflussen. Einige Stimmen der Literatur wollen die Haftung des Gutachter unter diese Norm fassen: Dem Gutachter werde aufgrund seines Fachwissens ein erhebliches Vertrauen von Dritten entgegengebracht. Zwischen Gutachtern und Personen, die auf sein Gutachten vertrauen, entstehe daher ein Schuldverhältnis iSd § 311 Abs. 3 BGB. Dies wird von der Rechtsprechung allerdings konsequent abgelehnt. Dem folgt hier auch das OLG Hamm: Ein Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 3 BGB entstehe zu Dritten nur, wenn diese ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluss haben. Im Übrigen folge die Haftung des Gutachters für ein unrichtiges Gutachten nicht aus § 311 Abs. 3 BGB, sondern aus den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. K könnte hier also in den Schutzbereich des Vertrages zwischen V und T einbezogen worden sein. Eine Einbeziehung setzt voraus, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der geschuldeten Leistung in Berührung kommt (und damit den Gefahren einer Pflichtverletzung genauso ausgesetzt ist wie der Gläubiger) (1), die Drittbezogenheit der Leistung für den Schuldner erkennbar ist (2), der Vertragspartner ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages hat (3) und der Dritte schutzbedürftig ist (4). An einer korrekten Ermittlung des Gesundheitszustands des Pferdes ist hier vor allem K interessiert, die ja sichergehen will, dass sie ein gesundes, von seinem Wert her dem Kaufpreis entsprechendes Pferd kauft. Sie kommt damit bestimmungsgemäß mit der von T geschuldeten Leistung – nämlich der Untersuchung des Pferdes – in Kontakt. Da der Tierarzt wusste, dass es sich um eine Ankaufsuntersuchung handelte, war die Drittbezogenheit der Leistung hier auch erkennbar. Fraglich ist jedoch, ob V auch ein Interesse an der Einbeziehung der K in den Schutzbereich des Vertrages hatte. Dies könnte zu verneinen sein, da V und T nach den in den Vertrag einbezogenen AGB des T die Haftung für (unbekannte) Dritte ausdrücklich ausgeschlossen haben. Fraglich ist, ob ein solcher Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden kann. Hierzu stellt der das OLG Hamm fest, dass die Entscheidung darüber, wer in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen werden soll, im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich der freien Disposition der Parteien unterliegt. Auch AGB-rechtlich sei eine entsprechende Vereinbarung unbedenklich: Die Kardinalspflichten der Parteien würden durch die Vereinbarung nicht modifiziert, die Regelung betreffe ja nur die Frage, gegenüber welchem Personenkreis eine Haftung bestehen soll. Daran seine Haftung auf einen überschaubaren Personenkreis zu beschränken, habe T hier auch ein schutzwürdiges Interesse – ohne eine entsprechende Regelung sei T ja potenziell der Haftung gegenüber einer unüberschaubaren Vielzahl von Personen ausgesetzt, insbesondere wenn es zu einer Weiterveräußerung des Tieres unter Bezugnahme auf das erste Untersuchungsergebnis des T komme. Die Vereinbarung eines Haftungsausschluss war damit möglich. V hatte danach kein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des K in den Schutzbereich des Vertrages. Darüber hinaus fehlt es nach dem OLG Hamm auch an der Schutzbedürftigkeit der K. Diese sei nur gegeben, wenn dem Dritten keine eigenen gleichwertigen vertraglichen Ansprüche zustehen. Hier könnte K gegen V kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche geltend machen. Damit stünden K eigene gleichwertige vertragliche Ansprüche zu. K sei damit nicht schutzbedürftig. Dies gelte selbst dann, wenn die Ansprüche gegen den Verkäufer wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar seien – für die Frage der Schutzbedürftigkeit sei nämlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. K ist nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen T und V einbezogen worden. Mangels Vorliegen eines Schuldverhältnisses besteht kein Anspruch der K gegen T aus § 280 Abs. 1 BGB.
Genaueres über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist in unserem GuKO ZR II zu lesen (und natürlich in dem entsprechenden ExO). Einen Einblick in das Probeskript gibt es hier.