A Sachverhalt:
Bei Klägerin K erschien ein Mann M als Kaufinteressent für ein Fahrzeug im Wert von 52.000€, um eine Probefahrt zu unternehmen. Er legte einen italienischen Personalausweis, eine Meldebestätigung einer deutschen Stadt und einen italienischen Führerschein vor.
Die Unterlagen, die sich später als hochwertige Fälschungen herausstellten, wurden durch einen Mitarbeiter der K kopiert.
In einem als „FahrzeugBenutzungsvertrag“ bezeichneten Formular wurden die Durchführung einer Probefahrt in dem Zeitraum von 11.30 Uhr bis 12.30 Uhr, eine Haftungsreduzierung auf 1.000 € sowie eine vorgebliche Mobilfunknummer des M eingefügt.
Ihm wurde für eine unbegleitete Probefahrt ein Fahrzeugschlüssel, das mit einem roten Kennzeichen versehene Fahrzeug, das diesbezügliche Fahrtenbuch und Fahrzeugscheinheft sowie eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil I ausgehändigt.
M kehrte mit dem Fahrzeug nicht mehr zu dem Autohaus zurück.
Im September 2017 wurde die Beklagte B – die spätere Käuferin des Fahrzeugs – in einem Internetverkaufsportal auf das dort von M angebotene Fahrzeug aufmerksam.
Bei dem telefonisch vereinbarten Treffen am Hauptbahnhof in H. legte M die Zulassungsbescheinigungen Teil I und II vor, die auf seine angeblichen Personalien ausgestellt waren und die die Fahrzeugidentifikationsnummer des Fahrzeuges auswiesen. Die Bescheinigungen waren auf Originalvordrucken, die aus einer Zulassungsstelle gestohlen worden waren, angefertigt.
Die B, die die Fälschungen nicht erkannte, schloss mit dem M einen Kaufvertrag über das Fahrzeug für einen Kaufpreis von 43.000€.
Der B wurden nach Zahlung das Fahrzeug, die Zulassungspapiere, ein passender sowie ein weiterer - nicht dem Fahrzeug zuzuordnender - Schlüssel übergeben.
Die zuständige Behörde lehnte eine Zulassung ab, da das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war.
Fallfrage:
Hat K einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs?
B Leitsätze:
a) Ein Kaufinteressent, der eine Probefahrt mit einem Kraftfahrzeug unternimmt, ist nicht Besitzdiener des Verkäufers
b) Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht anderweitig überwachten Probefahrt eines Kaufinteressenten auf öffentlichen Straßen für eine gewisse Dauer (hier eine Stunde) ist keine Besitzlockerung, sondern führt zu einem freiwilligen Besitzverlust.
c) Wird das Fahrzeug in einem solchen Fall nicht zurückgegeben, liegt daher kein Abhandenkommen im Sinne des § 935 BGB vor.
C Lösung:
K könnte gegen B einen Herausgabeanspruch haben.
I Anspruch des K gegen B aus § 985 bzgl. des Fahrzeugs
1 Ursprünglicher Eigentümer
Ursprünglicher Eigentümer war K, dies ergibt sich hilfsweise aus der Vermutung aus § 1006 I 1.
2 Eigentumsverlust an B
K könnte sein Eigentum durch gutgläubigen Erwerb des M an B gem. § 929 S.1, § 932 I 1 verloren haben. Eine Übereignung käme jedoch dann nicht in Betracht, wenn das Kfz dem K gem. § 935 abhandengekommen wäre.
Nach § 935 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt ein gutgläubiger Erwerb auf Grund der §§ 932 bis 934 BGB nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst abhandengekommen war. Der unfreiwillige Besitzverlust entwertet nämlich den unmittelbaren Besitz und die an ihn anknüpfende Eigentumsvermutung (§ 1006 BGB) als Grundlage des gutgläubigen Erwerbs.
a Abhandenkommen?
Eine bewegliche Sache kommt ihrem Eigentümer abhanden, wenn dieser den Besitz an ihr unfreiwillig verliert (vgl. Senat, Urteil vom 13. Dezember 2013 - V ZR 58/13, aaO Rn. 8 mwN).
K hat das Fahrzeug freiwillig dem M überlassen, sodass ein Abhandenkommen grds. abzulehnen ist.
aa Abhandenkommen wegen täuschungsbedingter Besitzüberlassung?
Nach h.M. ist eine Besitzaufgabe nicht unfreiwillig, wenn sie durch Täuschung bestimmt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1953 - IV ZR 181/52, juris Rn. 22, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 10, 81; MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl., § 935 Rn. 7; Staudinger/Wiegand, BGB [2017], § 935 Rn. 11; Palandt/Herrler, BGB, 79. Aufl., § 935 Rn. 5).
bb Abhandenkommen durch Weitergabe des Fahrzeugs an M?
Ein Abhandenkommen käme in Betracht, wenn M während der Probefahrt bloß Besitzdiener der K gewesen wäre. Ein Abhandenkommen käme dagegen nicht in Betracht, wenn M unmittelbarer Fremdbesitzer gewesen wäre. Fraglich ist, wie die Besitzposition des M einzuordnen ist.
(1) Begründung unmittelbaren Besitzes in Abgrenzung zur bloßen Besitzlockerung
Der unmittelbare Besitz an einer Sache wird gemäß § 854 Abs. 1 BGB durch die tatsächliche Gewalt über die Sache erworben. In wessen tatsächlicher Herrschaftsgewalt sich die Sache befindet, hängt maßgeblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falles entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens.
Für die Besitzverhältnisse an einem Kraftfahrzeug kommt es in der Regel darauf an wer die tatsächliche Sachherrschaft über die Fahrzeugschlüssel ausübt. Die Übergabe eines Schlüssels bewirkt allerdings nur dann einen Besitzübergang, wenn der Übergeber die tatsächliche Gewalt an der Sache willentlich und erkennbar aufgegeben und der Empfänger des Schlüssels sie in gleicher Weise erlangt hat.
Hinweis
Hieran fehlt es etwa, wenn der Schlüssel zwecks bloßer Besichtigung des Fahrzeugs übergeben wird.
Für eine Übertragung des Besitzes und damit gegen eine bloße Besitzlockerung spricht insb., dass die Übergabe des Fahrzeugs für einen nicht unerheblichen Zeitraum erfolgte, die Fahrt unbegleitet unternommen wurde und keine besondere technische Sicherung stattfand. Dadurch hatte K gerade keine Möglichkeit auf die Nutzung des Fahrzeugs während der Fahrt einzuwirken.
Hinweis
Anders bei Zurverfügungstellung des Fahrzeugs für einen bloß sehr kurzen Zeitraum in der Sphäre des bisherigen Besitzers (Probefahrt auf dem Gelände des Verkäufers).
Auch die Tatsache, dass bloß Überführungskennzeichen (rote Kennzeichen) verwendet wurden, führt zu keiner anderen Bewertung. Diese Kennzeichen werden typischerweise auch dafür eingesetzt weite Distanzen zu überbrücken und ermöglichen dem Veräußerer keine faktische Zugriffsmöglichkeit.
Damit hat M während der Fahrt unmittelbaren Besitz ausgeübt.
(2) konkrete Ausgestaltung des Verhältnisses
Fraglich ist, ob das Besitzverhältnis des M eine unmittelbare Sachherrschaft im Rahmen einer Besitzdienerschaft gemäß § 855 darstellte oder der Besitz auf Grundlage eines Besitzmittlungsverhältnisses i.S.d. § 868 ausgeübt wurde.
Im Fall der Besitzdienerschaft ist nur die K Besitzerin. Nur in dieser Fallkonstellation käme die Anwendung von § 935 in Betracht (BGHZ 199, 227 Rn. 9 mwN). Entscheidend ist hier daher die Abgrenzung zwischen einem Besitzdiener und einem Besitzmittler. Die Einordnung im Rahmen einer Probefahrt wird uneinheitlich beurteilt.
(a) Eine Ansicht
Eine Ansicht verneint die Besitzdienerschaft, weil es an dem nach § 855 BGB vorausgesetzten sozialen Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem potentiellen Käufer und dem Verkäufer fehle. Dieser habe - jedenfalls wenn die Probefahrt ohne seine Begleitung durchgeführt werde - keine Möglichkeit, auf das Fahrzeug bzw. den Kaufinteressenten einzuwirken (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1992, 180; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 9 Rn. 4 und 14; MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl., § 935 Rn. 11).
(b) Zweite Ansicht
Andere Stimmen differenzieren nach den Umständen des Einzelfalls und nehmen insbesondere bei einer nur kurzzeitigen Probefahrt (20 Minuten) mit roten Kennzeichen und ohne Übergabe von Fahrzeugpapieren eine Besitzdienerschaft an (so KG, BeckRS 2018, 28236 Rn. 3 ff.; ähnlich BeckOGK/Götz, BGB [1.7.2020], § 854 Rn. 138.4; BeckOK BGB/Fritzsche [1.8.2020], § 855 15 16 17 18 19 - 11 - Rn. 9; Erman/Elzer, BGB, 16. Aufl., § 855 Rn. 3 und 5; PWW/Prütting, BGB, 15. Aufl., § 855 Rn. 2; vgl. auch Eggert in Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., Teil 2 Rn. 4740).
(c) Dritte Ansicht
Wiederum andere nehmen generell eine Besitzdienerschaft an (OLG Köln, MDR 2006, 90; jurisPK-BGB/Gies, 9. Aufl., § 855 Rn. 14; jurisPKBGB/Beckmann, 9. Aufl., § 935 Rn. 22; MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 855 Rn. 14; Palandt/Herrler, BGB, 79. Aufl., § 855 Rn. 7). Verwiesen wird dabei darauf, dass § 855 BGB nicht notwendig das Vorliegen eines Abhängigkeits- oder sozialen Über-/Unterordnungsverhältnisses voraussetze, sondern lediglich eine Beziehung, welche den Besitzherrn zur jederzeitigen Weisung bzw. zum Eingreifen, etwa zum Abbruch der Fahrt berechtige (OLG Köln, MDR 2006, 90). Jedenfalls liege in solchen Fällen eine strukturell vergleichbare Situation vor, die eine analoge Anwendung des § 855 BGB rechtfertige (so noch Erman/Lorenz, BGB, 15. Aufl., § 855 Rn. 13; zur Möglichkeit einer Analogie bei Gefälligkeitsverhältnissen allgemein auch Staudinger/Gutzeit, BGB [2018], § 855 Rn. 30; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 9 Rn. 13). Mit der Gebrauchsüberlassung erhalte der Probefahrer keine eigenen Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich des Besitzes. Ein Leihvertrag werde regelmäßig nicht geschlossen und ein Besitzrecht zugunsten des Interessenten nicht begründet, weil die kurzfristige Überlassung des Fahrzeugs lediglich der Kaufanbahnung diene (OLG Köln, MDR 2006, 90 f.).
(d) Bewertung durch den BGH
Der BGH hat diese Frage noch nicht abschließend entschieden.
(aa) Direkte Anwendung von § 855
Besitzdiener ist nach § 855 BGB, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des Anderen Folge zu leisten hat.
Auch für das hier nur in Betracht kommende „ähnliche Verhältnis“ muss ein nach außen erkennbares soziales Abhängigkeitsverhältnis begründet werden, das dem Besitzherrn zumindest faktisch die Möglichkeit gibt, seinen Willen gegenüber dem Besitzdiener durchzusetzen. Besitzdiener ist nicht jeder, der Weisungen des Eigentümers der Sache zu befolgen hat, sondern nur derjenige, demgegenüber der Eigentümer die Einhaltung seiner Weisungen im Nichtbefolgungsfall auf Grund eines Direktionsrechts oder vergleichbarer Befugnisse unmittelbar selbst durchsetzen kann.
Dies geht nicht nur in eindeutiger Weise aus dem Wortlaut der Vorschrift hervor, sondern auch aus der Gesetzgebungsgeschichte. Die von dem Gesetz genannten Fälle - Ausübung der unmittelbaren Gewalt über die Sache im Haushalt des Besitzherrn oder in dessen Erwerbsgeschäft - machen deutlich, dass das Weisungsrecht seine Grundlage in einem Rechtsverhältnis finden und diesem Rechtsverhältnis das Gepräge geben muss (vgl. Krüger, Erwerbszurechnung kraft Status, 1979, S. 128 ff.). Die sich aus dem Gesetz ergebenden Erfordernisse der Fremdnützigkeit und der Weisungsgebundenheit stehen dabei in einer inneren Abhängigkeit und stellen die Abgrenzungskriterien zu einem Besitzmittlungsverhältnis dar. Das Rechtsverhältnis, das eine Besitzdienerschaft begründet, braucht allgemeiner Meinung nach nicht wirksam sein. Entscheidend ist, dass die Parteien dieses als gültig ansehen.
Ein solches Abhängigkeitsverhältnis hat zwischen K und M nicht bestanden.
(bb) Analoge Anwendung von § 855
Der BGH stellt klar, dass im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift die Analogiefähigkeit schon fraglich ist. Dies bedurfte jedoch schon keiner abschließenden Entscheidung, da eine entsprechende Heranziehung der Vorschrift allenfalls in den Fällen in Betracht kommt, in denen sich eine Person aus Gefälligkeit - mithin nicht aufgrund eines Rechtsverhältnisses (vgl. BGH, Urteil vom 4. August 2010 - XII ZR 118/08, WM 2010, 2093 Rn. 14) - den Weisungen des Besitzers unterwirft.
(cc) Anwendung der Grundsätze auf den vorliegenden Fall
Zwar wird ein rechtlich selbstständiger Nutzungsvertrag über das Fahrzeug, welches für die Probefahrt zur Verfügung gestellt wird, dem Willen der Parteien regelmäßig nicht gerecht, daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass insoweit kein Schuldverhältnis begründet worden ist. Das Anvertrauen des Fahrzeugs im Rahmen der Vertragsanbahnung begründet zumindest ein Schuldverhältnis nach § 311 II Nr. 2 und damit ein gesetzliches Schuldverhältnis. Aus diesem Schuldverhältnis ergeben sich Pflichten aus § 241 Abs. 2 zwischen den Beteiligten. Allerdings begründet das Schuldverhältnis keine Direktionsrechte des Verkäufers gegenüber dem Kaufinteressenten!
Dass Letzterer in Bezug auf das Fahrzeug Weisungen bzw. Vorgaben zum Umgang mit der Sache unterworfen ist, ändert hieran nichts. Denn sie entspringen - nicht anders als bei einem Mieter, Entleiher oder Verwahrer - einem allein auf die Sache bezogenen Rechtsverhältnis, welches zugleich ein - von der Besitzdienerschaft abzugrenzendes - Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB) begründet. Mit solchen Rechtsverhältnissen ist das Vertragsanbahnungsverhältnis zwischen dem Interessenten und dem Verkäufer vergleichbar.
Sowohl der Probefahrer als auch der Verkäufer verfolgen allein eigene Interessen; der Probefahrer will das Fahrzeug im Straßenverkehr auf dessen Fahreigenschaften und Funktionalität prüfen; der Verkäufer möchte mit dem Fahrer über kurz oder lang einen Vertrag abschließen.
b Zwischenergebnis
Infolge der fehlenden Besitzdienerschaft kann ein Abhandenkommen gem. § 935 nicht angenommen werden.
c Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs wegen fehlender Gutgläubigkeit
Bei einer - wie hier - nach § 929 Satz 1 BGB erfolgten Übereignung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist (§ 932 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 932 Abs. 2 BGB ist der Erwerber nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Unter der hier nur in Betracht kommenden Alternative der groben Fahrlässigkeit wird im allgemeinen ein Handeln verstanden, bei dem die erforderliche Sorgfalt den gesamten Umständen nach in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen.
Nach gefestigter Rechtsprechung begründet der Besitz des Fahrzeugs allein nicht den für den Gutglaubenserwerb nach § 932 erforderlichen Rechtsschein.
Vielmehr gehört es regelmäßig zu den Mindesterfordernissen für einen gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, dass sich der Erwerber den Kraftfahrzeugbrief (§ 25 Abs. 4 Satz 2 StVZO aF) bzw. die Zulassungsbescheinigung Teil II (§ 12 Abs. 6 FZV) vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen.
Eine weitergehende Nachforschungspflicht besteht grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die einen Verdacht erregen mussten und dieser Verdacht unbeachtet geblieben ist.
Hier hat sich die B jedoch die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lassen. Die Fälschung war dabei nicht erkennbar. Auch die bloße Tatsache eines Straßenverkaufs reicht für sich gesehen nicht aus, um den guten Glauben zu verneinen. Zwar ist in diesen Situationen die Entdeckungsmöglichkeit eines gestohlenen Fahrzeugs gemindert, jedoch führt diese Tatsache allein nicht zu einer weitergehenden Nachforschungspflicht.
II K hat keinen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs gegen B aus § 985
Zusatzfrage:
Hätte B einen Anspruch gegen K auf Herausgabe des Zweitschlüssels und der Original-Zulassungspapiere?
A Anspruch auf Herausgabe des Zweitschlüssels aus § 985
B kann dessen Herausgabe weder nach § 985 BGB noch aus sonstigem Rechtsgrund von der K verlangen. Das Eigentum an einem Fahrzeugschlüssel folgt nicht dem Eigentum an dem Fahrzeug selbst. Der Schlüssel ist nur Zubehör (§ 97 BGB) - nicht aber Bestandteil (§ 93 BGB) - des Fahrzeugs und kann daher Gegenstand von Sonderrechten sein (vgl. OLG Köln, MDR 2018, 144, 145). Mangels Übergabe des Zweitschlüssels konnte die B das Eigentum an diesem auch nicht gutgläubig nach § 929, § 932 BGB erwerben.
B Anspruch auf Herausgabe der Original-Zulassungspapiere aus § 985
Da die Beklagte das Fahrzeug gutgläubig erworben hat, steht ihr als Fahrzeugeigentümerin ein Anspruch auf Herausgabe der Original-Zulassungsbescheinigungen gegenüber der K nach § 985 Abs. 1 BGB zu. In (entsprechender) Anwendung des § 952 BGB folgt das Eigentum an den Fahrzeugpapieren dem Eigentum an dem Fahrzeug (vgl. BFH, WM 2020, 180 Rn. 34; KG, OLGZ 1994, 113, 114; BeckOGK/Schermaier, BGB [1.9.2020], § 952 Rn. 15; BeckOK BGB/Kindl [1.8.2020], § 952 Rn. 5). Ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB) steht der K nach dem Verlust des Eigentums an diesen Papieren nicht mehr zu.