I. Der Sachverhalt
Der Beklagte (B) betreibt ein Auktionshaus. Im Rahmen einer Anfang Dezember 2009 veranstalteten Kunstauktion bot er eine bei ihm eingelieferte, im Auktionskatalog unter der Losnummer 1. abgebildete und wie folgt beschriebene Buddha-Skulptur zum Kauf an:
"Sitzender Buddha, Dhyan Asana, Hände fehlen. Marmor mit Wurzelspuren. China, Sui-Dynastie, 581-618, H 40 cm. Es handelt sich wahrscheinlich um den historischen Buddha Sakyamuni. Der regelmäßige Verlauf der ziemlich flachen Falten und das enge Anliegen des Gewandes am Körper entsprechen noch dem nördlichen Ch«i-Stil. Museal! 3.800,00 €."
Die der Auktion zugrunde liegenden Versteigerungsbedingungen des Beklagten enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:
2. Grundlagen der Versteigerung
a) Die Versteigerung ist freiwillig und öffentlich i.S.d. § 383 Abs. 3 BGB. Sie wird durch das Auktionshaus als Kommissionär im eigenen Namen für Rechnung der Einlieferer durchgeführt, die unbenannt bleiben.
b) Die zur Versteigerung kommenden Gegenstände können vor der Auktion besichtigt und geprüft werden. Die Sachen sind gebraucht. Sie werden in dem Zustand versteigert, in dem sie sich bei der Auktion befinden. Die Katalogangaben sind nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommen, sie sind aber nicht Teil der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit der Gegenstände; das gleiche gilt für deren Bezeichnung beim Aufruf. Beeinträchtigungen des Erhaltungszustands sind nicht in jedem Falle angegeben. Die im Katalog genannten Preise sind Limite, keine Schätzwerte...
7. Gewährleistung, Haftung
a) Der Käufer kann gegen das Auktionshaus keine Einwendungen oder Ansprüche wegen Sachmängeln erheben. Das Auktionshaus wird jedoch begründete Mängelrügen, die ihm innerhalb einer Frist von einem Jahr seit Übergabe der Sache vom Käufer angezeigt werden, gegenüber dem Einlieferer geltend machen, wenn der Käufer die dafür notwendigen sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen nachweist.
b) Die Haftung des Auktionshauses auf Schadensersatz für Vermögensschäden, gleich aus welchem Rechtsgrund, ist ausgeschlossen, es sei denn, dem Auktionshaus fiele Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last.
Die Skulptur wurde dem Kläger (K) für 20.295 € einschließlich Aufgeld zugeschlagen. Er entrichtete den Kaufpreis in der Folgezeit, ließ die Skulptur aber später, wegen zwischenzeitlich aufgekommener Zweifel an der Echtheit, untersuchen. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass die erhobenen Befunde gegen die Authentizität des Objekts sprächen. Nachdem der K daraufhin den Einlieferer erfolglos auf Kaufpreisrückzahlung in Anspruch genommen hatte, erklärte er unter Hinweis auf den Fälschungsbefund gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er beansprucht von diesem die Erstattung des gezahlten Kaufpreises von 20.295 € und der angefallenen Gutachterkosten von 1.339,51 €, insgesamt also 21.134,51 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe der Skulptur.
Hat K den geltend gemachten Anspruch gegen B?
II. Die Falllösung
K könnte hier gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erklärtem Rücktritt Zug um Zug gegen Rückgabe der Statue gemäß §§ 434 I 2 Nr.2, 437 Nr. 2, 326 V BGB haben.
Ein wirksamer Kaufvertrag wurde zwischen K geschlossen.
Fraglich ist ob ein Mangel gegeben ist gemäß § 434 BGB. Ein Mangel ist die negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit.
Zunächst könnte ein Mangel gemäß § 434 I 1 BGB gegeben sein. Hiernach ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Hier könnte durch die Beschreibung eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden sein. Genau dies wird aber durch die 2. b) der Versteigerungsbedingungen ausgeschlossen. Somit kommt kein Mangel nach § 434 I 1 BGB in Betracht.
Fraglich ist aber ob ein Mangel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB gegeben ist. Hiernach ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Hier ist die Beschaffenheit in Bezug auf die Echtheit nicht gegeben. Daher hat die Figur als Sammlerstück nicht die Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist.
Hierzu führt der BGH aus: „Entscheidend ist [...] vielmehr die Echtheit der Skulptur im Sinne ihrer Herkunft aus der angegebenen Stilepoche und damit ihre nach den Umständen auf der Hand liegende Eignung als Sammlerstück und Wertanlage.“
Fraglich ist jedoch ob 2. b) der Versteigerungsbedingungen zu einem anderen Ergebnis führt. Jedoch ergibt sich bei Auslegung von 2. b) der Versteigerungsbedingungen, dass nur die vereinbarte Beschaffenheit nach § 434 I 1 BGB ausgeschlossen werden sollte. Mithin ist im Ergebnis ein Mangel nach § 434 I S. 2 Nr. 2 BGB gegeben.
Hierzu führt der BGH aus: „Dem steht auch nicht die in Ziffer 2 Buchst. b der Versteigerungsbedingungen enthaltene Klausel entgegen, wonach die Katalogangaben nicht Teil der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit der Gegenstände sind. Es kann dahinstehen, ob eine solche Klausel am Maßstab des § 305c Abs. 1 BGB überhaupt Vertragsinhalt geworden ist und ob sie in diesem Fall einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhielte [..]. Jedenfalls ergäbe auch schon eine Auslegung dieser Klausel [...], dass sie entsprechend ihrem Wortlaut nur der Annahme einer (konkludent) vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegenwirken soll, nicht jedoch den Anforderungen an eine nicht vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB entgegensteht.“
Fraglich ist, ob es einer Fristsetzung für den Rücktritt bedarf. Hier handelt es sich jedoch um einen nicht behebbaren Mangel, daher ist ein Rücktritt ohne eine Nachfristsetzung möglich.
Fraglich ist, ob der K den Anspruch geltend machen kann, da nach 2. a) der Versteigerungsbedingungen ein Gewährleistungsausschluss vereinbart ist. Diese müsste jedoch wirksam sein. Hier könnte ein Verstoß gegen § 307 ff. BGB gegeben sein. Hier handelt es sich zunächst um allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 I 1 BGB), die auch Bestandteil des Vertrags geworden sind (§ 305 II BGB). Hier könnte ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a) BGB vorliegen. Hiernach ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen. Hier erstreckt sich 2. a) der Versteigerungsbedingungen auch auf Schadensersatzansprüche bei der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit. Eine Ausnahme besteht bei Vermögensschäden bei grober Fahrlässigkeit nach 2. b) der Versteigerungsbedingungen. Diese gilt aber gerade nicht für Personenschäden. Personenschäden können grundsätzlich bei Mängeln der versteigerten Gegenstände auch nicht ausgeschlossen werden. Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, ist daher die Klausel im Ganzen unwirksam. Der Gewährleistungsausschluss ist daher unwirksam.
Hierzu führt der BGH aus: „Ein aus der - unterstellten - Unechtheit der Skulptur folgendes Rücktrittsrecht des Klägers ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht durch Ziffer 7 der Versteigerungsbedingungen ausgeschlossen. Denn der dort geregelte Gewährleistungsausschluss verstößt gegen das Klauselverbot in § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB, wonach in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des 14 Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen, unwirksam sind. Der in Ziffer 7 Buchst. a Satz 1 der Versteigerungsbedingungen geregelte Gewährleistungsausschluss bezieht bereits nach seinem Wortlaut, wonach der Käufer gegen das Auktionshaus keine Einwendungen oder Ansprüche wegen Sachmängeln erheben kann, jegliche Ansprüche des Käufers gegen den Versteigerer aus Mängeln der ersteigerten Gegenstände im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB in seinen Geltungsbereich ein. Dadurch erstreckt sich der Gewährleistungsausschluss auch auf etwaige Schadensersatzansprüche des Ersteigerers gemäß § 437 Nr. 3 BGB wegen Körper- und Gesundheitsschäden infolge eines Mangels. Zwar nimmt Ziffer 7 Buchst. b der Versteigerungsbedingungen von diesem Anspruchsausschluss eine Haftung auf Schadensersatz für Vermögensschäden aus, bei denen dem Auktionshaus Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Eine vergleichbare Einschränkung für Körper- und Gesundheitsschäden ist jedoch nicht vorgesehen. Entgegen der von der Revision [...] geäußerten Auffassung ist auch nicht ersichtlich, dass solche mangelbedingten Schäden durch die zur Versteigerung kommenden Gegenstände schlechthin nicht entstehen könnten. Denn die Versteigerungsbedingungen lassen nicht erkennen, dass bei den vom Beklagten veranstalteten Auktionen nur solche Gegenstände zur Versteigerung kämen, bei denen eine mangelbedingte Gefährdung von Körper und Gesundheit der damit in Berührung kommenden Personen von vornherein generell ausgeschlossen wäre. Diese fehlende Berücksichtigung der nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht abdingbaren Haftung des Verwenders für Körper- und Gesundheitsschäden steht der Wirksamkeit des in Ziffer 7 Buchst. a Satz 1 der Versteigerungsbedingungen geregelten Anspruchsausschlusses in seiner Gesamtheit entgegen. Die darin liegende unangemessene Benachteiligung des Ersteigerers kann insbesondere nicht durch Abtrennung eines unwirksamen Klauselteils behoben werden, so dass der in den Versteigerungsbedingungen vorgesehene Gewährleistungsausschluss insgesamt unwirksam ist [...].“
Mithin hat K gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach erklärtem Rücktritt Zug um Zug gegen Rückgabe der Statue gemäß §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 326 V BGB.
Weitere Ausführungen zu diesem Thema finden Sie in unseren ExO`s und im Skript BGB AT II. Eine Leseprobe aus unserem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12547.