Tatbestand:
Die Klägerin als Vermieterin nimmt den Beklagten als ihren ehemaligen Mieter auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.570,92 € für die bei einem Polizeieinsatz am 27. Juni 2013 beschädigte Wohnungseingangstür in Anspruch. Gegen den Beklagten lagen sowohl ein Haftbefehl als auch ein Durchsuchungsbeschluss für die streitgegenständliche Wohnung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) im Tatzeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Oktober 2012 vor. Bei der Durchsuchung der Wohnung wurden 26,32 g Marihuana aufgefunden und sichergestellt. Insoweit verurteilte die Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth den Beklagten wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) durch rechtskräftiges Urteil zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, der - so die Strafkammer - allein auf den Angaben eines von dieser als unglaubwürdig erachteten Zeugen beruht hatte, wurde er hingegen freigesprochen. Beim Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses wurde die Wohnungseingangstür von den Polizeikräften aufgebrochen und beschädigt. Der Klägerin sind Kosten in Höhe von 1.570,92 € für die Reparatur der Tür entstanden
Hat die Klägerin K einen Anspruch gegen den Mieter wegen der beschädigten Tür?
Lösung
1. AGL
Ein Anspruch der K gegen den Beklagten (B) könnte aus §§ 280 I, 241 II, 535 folgen.
2. Schuldverhältnis
Ein Schuldverhältnis liegt in Form des Mietvertrags vor.
3.Pflichtverletzung
Das Aufbewahren von Betäubungsmitteln verstößt gegen die gem. § 241 II bestehende Rücksichtnahmepflicht des Mieters ggü. dem Vermieter. Eine Nutzung als Aufbewahrungsort für illegale Gegenstände (z.B. Waffen, Drogen oder Raubkopien etc.) ist nicht von der vereinbarten vertragsgemäßen Nutzung umfasst. Auch besteht bei der Nutzung als Ablageort für Drogen die naheliegende Gefahr, dass die Mietwohnung durch polizeiliche Maßnahmen beschädigt wird.
Der BGH hierzu:
Ebenso wie den Vermieter verpflichtet das Mietverhältnis (§ 535 BGB) seinem Inhalt nach auch den Mieter zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen seines Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB). Aufgrund dieser Obhutspflicht hat ein Mieter die Mietsache schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer - von dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauch (§ 538 BGB) nicht umfassten - Verschlechterung oder einem Schaden an dieser führen kann (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juni 1989 - VIII ZR 91/88, BGHZ 108, 1, 8; vom 5. Oktober 1994 - XII ZR 15/93, NJW-RR 1995, 123 unter II 2 a; vom 6. November 2013 - VIII ZR 416/12, NJW 2014, 143 Rn. 17 f.; KG, KGR 2008, 529; Kraemer in Festschrift für Blank, 2006, S. 281; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2014, § 535 Rn. 94; jeweils mwN). Gegen diese besondere Schutzpflicht, die nicht zuletzt Konsequenz des auf den Mieter übertragenen Besitzes an der Mietsache ist, (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 1989 - VIII ZR 91/88, aaO S. 9), kann ein Mieter jedoch nicht nur im unmittelbaren Umgang mit dieser verstoßen, sondern auch durch einen Gebrauch, welcher schädigende Einwirkungen Dritter hervorzurufen geeignet ist.
4.Kausalität
Eine Haftung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht die notwendige Kausalität besteht. Die Kausalität ist grundsätzlich anhand der Äquivalenztheorie sowie ergänzend der Adäquanztheorie sowie dem Schutzzweck der Norm zu prüfen.
Nach der Äquivalenztheorie ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Dabei ist zu beachten, dass zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs nur die pflichtwidrige Handlung hinweggedacht, nicht aber weitere Umstände hinzugedacht werden dürfen.
Zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten - Aufbewahrung der unter Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz erworbenen 26,32 g Marihuana in der Wohnung - und der Beschädigung der Eingangstür besteht ein derartiger Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non nicht.
Zwar ist der Beklagte aufgrund der im Rahmen der Durchsuchung bei ihm aufgefundenen Betäubungsmittel nachfolgend wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG verurteilt worden. Diese erst anlässlich der Durchsuchung festgestellte Straftat war jedoch nicht Grundlage der am 27. Juni 2013 durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen. Denn der an diesem Tag durch die Polizeibeamten des Streithelfers vollzogene Durchsuchungsbeschluss hatte zwar ebenfalls dem Beklagten vorgeworfene Betäubungsmitteldelikte zum Gegenstand, jedoch ging es hierbei um Tatvorwürfe des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) aus dem bereits länger zurückliegenden Tatzeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Oktober 2012. Dass es sich bei den am 27. Juni 2013 aufgefundenen Betäubungsmitteln aber um Tatmittel aus diesen dem Beklagten vorgeworfenen Taten handelt, kann - jedenfalls mangels anderslautender Feststellungen des Berufungsgerichts - nicht angenommen werden.
Daher kann die Aufbewahrung der 26,32 g Marihuana in der Wohnung durch den Mieter hinweggedacht werden, ohne dass der beim Kläger entstandene Schaden entfiele. Die Ermittlungsmaßnahmen wären ebenso durchgeführt worden, wenn der Mieter die in der Wohnung gelagerten Drogen nicht gekauft hätte.
Insoweit gilt es im vorliegenden Fall die verschiedenen Taten nicht zu vermischen und sauber zwischen ihnen zu trennen.
Eine Kausalität könnte jedoch dann anzunehmen sein, wenn der Mieter durch sein eigenes Verhalten den hinreichenden Tatverdacht sowie den darauf beruhenden Durchsuchungsbeschluss selbst herbeigeführt hätte. Im vorliegenden Fall beruhte der Verdacht und der nachfolgende Durchsuchungsbeschluss auf einer (später als unglaubwürdig erachteten) Zeugenaussage.
Daher hat vorliegend der Mieter den Verdacht nicht selbst begründet.
Alles in Allem fehlt es vorliegend daher schon an der Kausalität nach der Äquivalenztheorie.