Der BGH (4 StR 126/08 - abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de) musste sich mit folgendem Sachverhalt auseinandersetzen:
Der Angeklagte A sowie zwei weitere Mittäter stiegen nachts durch ein Fenster der Damentoilette eines Cafes in ein Gebäude ein. In diesem Gebäude befand sich im ersten Obergeschoss die Wohnung der Betreiber des Cafes. Nach Durchqueren des Cafes gelangten die Täter über eine Treppe zum Wohnbereich der Opfer. Dort nahmen sie 10.000,00 € an sich und verschwanden.
Eine Strafbarkeit wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls gem. § 244 I Nr. 3 StGB setzt vom Wortlaut her voraus, dass der Täter "einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einricht....". Vorliegend sind die Täter jedoch in einen gewerblich genutzten Raum, nämlich das Cafe, eingestiegen, um dann von dort aus in die Wohnung zu gelangen. Der Diebstahl, also die "Tat", deretwegen die Täter eingestiegen sind, erfolgte alsdann jedoch in der Wohnung. Vom Wortlaut her scheint § 244 I Nr. 3 StGB also nicht erfüllt zu sein, da die Täter nicht in eine Wohnung eingestiegen sind, Bedenkt man jedoch den Grund, warum der Gesetzgeber den Wohnungseinbruchsdienstahl zur Qualifikation gemacht hat - nämlich Schutz der Intimspäre des Opfers - dann könnte es nahe liegen, § 244 I Nr 3 StG zu bejahen.
Der BGH hat eine Strafbarkeit wegen Wohnungseinbruchdiebstahls verneint. Zur Begründung führt er folgendes aus:
"Der Gesetzgeber hat die Strafschärfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls mit der Erwägung begründet, es handele sich um eine Straftat, die tief in die Intimsphäre des Opfers eingreife und zu ernsten psychischen Störungen, etwalangwierigen Angstzuständen führen könne;nicht selten seien Wohnungseinbrüche zudem mit Gewalttätigkeiten gegen Menschen und Verwüstungen von Einrichtungsgegenständen verbunden.... Anlass für die Höherstufung des Wohnungseinbruchsdiebstahls war somit nicht etwa der besondere Schutz von in einer Wohnung - und damit besonders sicher - aufbewahrten Gegenständen, sondern die mit einem Wohnungseinbruch einhergehende Verletzung der Privatsphäre des Tatopfers....Bezweckt also der Tatbestand des §244 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben dem Schutz des Eigentums den verstärkten Schutz der häuslichen Privat- und Intimsphäre,scheidet dessen Anwendbarkeit aus, wenn der Täter in Räumlichkeiten einsteigt oder einbricht, die nicht diesem besonderen Schutzbereich zuzuordnen sind.....Mit Blick auf die Motive des Gesetzgebers hat es der Bundesgerichtshof daher bei gemischt genutzten Gebäuden für die Tatbestandsverwirklichung als ausreichend angesehen, wenn der Täter nur deshalb in einen privaten Wohnraum einbrach, um von dort ungehindert in Geschäftsräume, aus denen er Gegenstände zu entwenden beabsichtigte, zu gelangen..... In umgekehrten Fällen, in denen der Täter in einem Mischgebäude in einen Geschäftsraum eindrang, um nur dort, nicht aber aus den Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten zu stehlen, hat der Bundesgerichtshof einen Wohnungseinbruchsdiebstahl hingegen verneint....Den Fall, dass der Täter - wie hier - in ein Geschäfts- oder Ladenlokal einbricht und von dort ungehindert in den Wohnbereich des Tatopfers gelangt, um gegebenenfalls (auch) dort zu stehlen, hat der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden. Zwar ist der Schutz der Intim- und häus lichen Privatsphäre fraglos gleichermaßen verletzt, wenn sich der Täter in einem gemischt genutzten Anwesen den ungehinderten Zutritt zur Wohnung durch den Einbruch in ein im selben Gebäude untergebrachtes Geschäftslokal verschafft. Gleichwohl ist jedenfalls dann, wenn der Täter in einem Mischgebäude in einen vom Wohnbereich räumlich eindeutig abgegrenzten und nur zu betrieblichen Zwecken genutzten Geschäftsraum einsteigt, um von dort ohne Überwindung weiterer Hindernisse in den Wohnbereich vorzudringen, eine Verurteilung aus § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB mit der äußersten Auslegungsgrenze des Wortlauts nicht mehr vereinbar.....Die Vorschrift setzt den Einbruch in eine Wohnung voraus. Vom Wohnbereich völlig getrennt untergebrachte, rein geschäftlich genutzte Räumlichkeiten können selbst bei weitester Auslegung des Wohnungsbegriffs diesem jedoch nicht mehr zugeordnet werden.....
Anders mag es sich, was der Senat nicht zu entscheiden hat, verhalten, wenn der Täter in dem Begriff des Wohnens typischer Weise zuzuordnende, mit dem Wohnbereich unmittelbar verbundene Räume - etwa in Kellerräume oder in den Dachboden eines Einfamilienhauses einbricht und sich von dort ungehindert Zugang zum Wohnbereich verschafft. Ebenso wenig hat der Senat zu entscheiden, ob der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB etwa dann erfüllt wäre, wenn ein Täter zwar in einen ausschließlich gewerblich genutzten Raum - etwa die Kanzlei eines Rechtsanwalts - einsteigt, dieser Raum - anders als im vorliegenden Fall - aber so in den Wohnbereich integriert ist, dass dieser und der Geschäftsraum eine in sich geschlossene Einheit bilden."
Weitere aufschlussreiche Ausführungen dazu finden Sie in unserem GuKO SR III sowie in unseren ExO`s. Eine Leseprobe aus dem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12492.