Leitsatz:
Die identifizierende Schilderung des Werdegangs eines wegen seiner Vorgehensweise bereits bestraften Dschihadisten, der die Strafe weitgehend verbüßt hat und wegen des Strafrestes unter Bewährung steht, ist wegen der Gefährdung einer möglichen Resozialisierung nicht zulässig und zu unterlassen.
Tatbestand (abgewandelt):
Dschihadist D ist deutscher Staatsbürger und unter anderem wegen §§ 129a, 129b StGB zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Diese hat er überwiegend verbüßt. Der Strafrest ist zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Persönlichkeit des D ist als instabil zu beurteilen.
D ist der erste deutsche Staatsbürger, der wegen einer aktiven Mitgliedschaft bei den Dschihadisten verurteilt wurde.
D hat keine Taten auf deutschem Boden begangen. Auch ist davon auszugehen, dass von ihm keine Anschlagsgefahr oder Bedrohung für die nationale Sicherheit ausgegangen ist. Seine Rückkehr nach Deutschland war zudem von dem Wunsch getragen sich den Dschihadisten zu entziehen.
Nach seiner Rückkehr versorgte D die Ermittlungsbehörden mit wichtigen Informationen. Aufgrund seines Kontakts mit hochrangigen Mitgliedern der terroristischen Vereinigung konnte er unter anderem Informationen zu Anschlagsplänen auf deutschem Boden mitteilen.
Verleger V hat in seinen bereits gedruckten jedoch noch nicht ausgelieferten Büchern unter anderem den Werdegang von D, seine E-Mail-Adresse (welche beinahe den vollen Namen des D enthielt) und Angaben seiner genutzten Autos nebst dazugehörigen Kfz-Kennzeichen und weiterer identifizierender Angaben niedergeschrieben. Darüber hinaus wird im Buch der Personalsachstandsbericht des Bundeskriminalamts angeführt.
In den enthaltenen Ausführungen wird über D im Zusammenhang mit Terrorismus und Straftaten wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland oder aus dem Bereich des Betäubungsmittelgesetzes berichtet.
Es ist davon auszugehen, dass das Buch ein Bestseller werden würde und Gegenstand vieler Buchbesprechungen wäre.
Es sind bereits mehrere Tausend Exemplare gedruckt und es ist schon eine Werbekampagne gelaufen. Der Veröffentlichungstermin wurde bereits festgelegt.
V trägt vor, dass Dschihadisten ohnehin keiner Resozialisierung zugänglich sind. Nach der Verurteilung des D wurde über ihn unter Nennung des vollen Namens berichtet. Hiergegen hat D nichts unternommen. V meint, dass D daher nicht mehr schutzwürdig sei. Auch sei die Tat ein Teil deutscher Kriminalgeschichte, weshalb genau darüber berichtet werden dürfe. V will das Buch daher auf jeden Fall veröffentlichen.
D verlangt, dass die Veröffentlichung des Buchs unter Beibehaltung der identifizierenden Angaben untersagt wird.
Lösung:
Ein Unterlassungsanspruch des D in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage könnte sich aus § 1004 Abs. 1 analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ergeben.
Hierfür müsste eine gedachte Veröffentlichung des Werks eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen und eine erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigung darstellen.
I. Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Fraglich ist, ob D durch die Veröffentlichung des Buchs in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt werden würde.
1. Eingriff
Insoweit gilt es zunächst zu fragen, ob die öffentliche Berichterstattung über eine Straftat in einer den Täter identifizierenden Weise überhaupt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt.
„Wie das BVerfG in der ersten Lebach-Entscheidung ausgeführt hat, stellt eine öffentliche Berichterstattung über eine Straftat unter Namensnennung, Abbildung oder Darstellung des Täters zwangsläufig eine erhebliche Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts dar, weil das Fehlverhalten des Täters öffentlich bekannt gemacht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert wird. Für die Intensität der Beeinträchtigung kommt es auf die Art und Weise der Darstellung an, etwa ob es sich um eine um Objektivität und Sachlichkeit bemühte Berichterstattung handelt und in welchem Medium (Fernsehen oder Printmedium) berichtet wird. Insoweit ist auch der Grad der Verbreitung des Mediums von Bedeutung.“
Vorliegend kann auch von einer identifizierenden Berichterstattung ausgegangen werden. Eine solche liegt nicht nur dann vor, wenn der Täter mit vollem Namen bezeichnet wird. An die Erkennbarkeit des Täters sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Es ist auch nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser oder gar der Durchschnittsleser die gemeinte Person identifizieren kann. Es reicht schon die Erkennbarkeit im Bekanntenkreis. Es reicht daher die begründete Besorgnis des Klägers, dass über das Medium die Persönlichkeit verletzenden Informationen auch an solche Leser geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind anhand der mitgeteilten individualisierenden Merkmale die Person zu identifizieren.
Hierfür reicht die Angabe einer E-Mail-Adresse aus. Insbesondere dann, wenn diese Teile des Namens enthält. Dies gilt auch dann, wenn die E-Mail-Adresse nicht mehr aktuell ist. Auch ist nicht auszuschließen, dass einige Leser aus dem Bekanntenkreis den D anhand der Fahrzeugbeschreibung nebst Angabe des Kfz Kennzeichens erkennen.
Eine Identifikation ist zudem über den Personalsachstandsbericht möglich.
Demnach liegt ein Eingriff durch identifizierende Berichterstattung vor.
2. Widerrechtliche Verletzung
Ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch den Eingriff widerrechtlich verletzt wurde, ist im Rahmen einer umfassenden Abwägung des Einzelfalls zu bestimmen.
Im vorliegenden Fall gilt es Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mit dem Interesse des D am Schutz seiner Persönlichkeit und der Achtung seines Privatlebens abzuwägen.
Fraglich ist, ob eine den Täter identifizierende Berichterstattung generell unzulässig ist. Hiergegen sprechen, wie das BVerfG ebenfalls betont, erhebliche Erwägungen.
„Für eine auch die Person des Täters einbeziehende vollständige Information der Öffentlichkeit über vorgefallene Straftaten, ihre Entstehungsursachen und Hintergründe spricht das Informationsbedürfnis der Allgemeinheit. Straftaten gehören zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Darüber hinaus begründet die Verletzung der allgemeinen Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern und Angehörigen, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben dem vorzubeugen grds. ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näheren Informationen über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein je mehr sich die Straftat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt.“
Demnach ist im vorliegenden Fall aufgrund der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer international aktiven terroristischen Vereinigung im Ausland, welche für viele Anschläge und Kampfhandlungen verantwortlich ist, ein über bloße Neugier und Sensationslust bestehendes berechtigtes Interesse der Allgemeinheit an näheren Informationen über die Tat, ihren Hergang sowie über die Person des D anzuerkennen, soweit eine unmittelbare Beziehung zur Tat besteht und Aufschlüsse über Motive und die Bewertung der Täterschuld besteht.
Ein solches Interesse kann jedoch nicht im Hinblick auf die Taten im Zusammenhang mit den Betäubungsmitteldelikten erkannt werden.
Fraglich ist, ob eine Differenzierung aufgrund der seit der Tat vergangenen Zeit vorzunehmen ist. Anders gesagt, ist hier zu fragen, ob die Bewertung einer aktuellen Berichterstattung über Straftaten anders zu behandeln ist als einer solchen, die quasi historisch rückblickend berichtet.
Liegt eine aktuelle Berichterstattung vor, so ist folgendermaßen abzuwägen:
„Bei der Abwägung des Informationsinteresses an einer entsprechenden den Täter nennenden Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts kommt im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über Straftaten dem Informationsinteresse genereller Vorrang zu. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen oder Rechtsgüter der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern auch dulden, dass das von ihm selbst durch seine Tat erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit in einer nach dem Prinzip freier Kommunikation lebenden Gemeinschaft auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird.“
Die vom Bundesverfassungsgericht hier vorgenommene Wertung trägt zur Bildung eines kollektiven Unrechtbewusstseins bei und ist daher zu begrüßen.
Der hier avisierte Veröffentlichungstermin steht jedoch nicht im unmittelbar zeitlichen Zusammenhang zu den Taten des D. Vielmehr ist seit der Tat eine beträchtliche Zeit vergangen.
Fraglich ist demnach wie sich der Zeitablauf seit der Begehung einer Tat auf den Abwägungsvorgang auswirkt.
„Nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses tritt mit fortschreitender zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafverfahren das Interesse und Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, über diesen Fall unter namentlicher Erwähnung unterrichtet zu werden, immer weiter zurück, während das Recht des Täters darauf "allein gelassen zu werden" - auch bei schweren Straftaten - zunehmend an Bedeutung gewinnt und dem Wunsch der Massenmedien und einem Bedürfnis des Publikums, seinen individuellen Lebensbereich zum Gegenstand der Erörterung oder gar der Unterhaltung zu machen, Grenzen setzt. Auch der Täter, der durch eine schwere Straftat in das Blickfeld der Öffentlichkeit getreten ist und die allgemeine Missachtung erweckt hat, bleibt dennoch ein Glied dieser Gemeinschaft mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Schutz seiner Individualität. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Strafverfolgung und strafgerichtlichen Verurteilung die im Interesse des öffentlichen Wohls gebotene gerechte Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich darüber hinausgehende fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich des Täters im Hinblick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne Weiteres rechtfertigen.“
Demnach ist der Täter grds. schutzwürdig und die Verletzung des APR ist im Wege der einzelfallbezogenen Abwägung zu ermitteln.
Fraglich ist, ob die Berichterstattung allein dadurch gerechtfertigt sein kann, dass über elementare historische Gegebenheiten der deutschen Kriminalgeschichte berichtet wird.
„Auch wenn die dem Kläger zur Last gelegte Straftat gemäß § 129 a und b StGB bei ihrem Bekanntwerden beträchtliche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregt hat und - wie die Beklagte meint - "zur deutschen Kriminalgeschichte" geworden ist, lässt die Ausstrahlungswirkung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit es freilich nicht zu, dass die Kommunikationsmedien sich über die aktuelle Berichterstattung hinaus zeitlich unbeschränkt mit der Person des Klägers befassen.“
Demnach genießt eine personifizierte Berichterstattung im vorliegenden Fall keinen generellen Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Es handelt sich weder um aktuelle Berichterstattung noch reicht eine ursprünglich hohe Aufmerksamkeit und Bedeutung der Tat für sich allein aus, um den Eingriff zu rechtfertigen.
Fraglich ist, ob dem bisher Gesagten i.E. entnommen werden kann, dass nach einem fortgeschrittenen Zeitablauf im oben genannten Sinne eine Konfrontation des Täters im Zuge der Berichterstattung nicht mehr zulässig ist.
Hier gilt es jedoch zu betonen, dass der Täter durch den Zeitablauf keine vollständige Immunisierung vor ungewollter Darstellung erfährt!
„Zutreffend führt die Berufung aus, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Straftäter keinen Anspruch darauf vermittelt nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit der Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Strafhaft führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, da mit der Verbüßung der Strafe lediglich dem Strafanspruch des Staates Genüge getan, nicht aber das Verhältnis des Täters zu Dritten, insbesondere der Medien berührt wird. Wie das BVerfG in seiner zweiten Lebach-Entscheidung ausgeführt hat, ist maßgeblich vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht des Straftäters, insbesondere sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gesellschaft, welche zugleich im öffentlichen Interesse liegt, unter den konkreten Umständen des Einzelfalls von der Berichterstattung beeinträchtigt wird.“
Wie einleitend dargelegt, ist eine umfassende Abwägung im Einzelfall entscheidend.
Das entscheidende Kriterium hierbei ist, ob die betreffende Berichterstattung gegenüber der bisherigen Berichterstattung eine erhebliche neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken geeignet ist. Primär ist an das Interesse des Betroffenen an der Wiedereingliederung in die Gesellschaft (Resozialisierung) anzuknüpfen. Deren entscheidende Phase beginnt mit der Entlassung.
Vorliegend wurde D bereits auf Bewährung entlassen.
Die im vorliegenden Fall beabsichtigte Veröffentlichung des Buchs mit den oben genannten Inhalten würde zu einer erheblichen neuen und zusätzlichen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsschutzes des D führen.
In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass D keinen neuen und aktuellen Anlass gab die Berichterstattung erneut aufzunehmen. So wurde er nicht erneut straffällig und es sind auch keine neuen Erkenntnisse im Zusammenhang mit den früheren Taten zutage getreten. Allein die Tatsache, dass die Radikalisierung und islamischer Terrorismus allgegenwärtig ist und gegebenenfalls in der letzten Zeit zugenommen hat, reicht als Rechtfertigung des hier vorliegenden Eingriffs nicht aus, wenn ein konkreter Bezug zur Person des D nicht vorliegt.
Der zeitgeschichtlichen überragenden Bedeutung der Thematik kann durch Berichterstattung, welche den D nicht identifiziert, Genüge getan werden. In diesem Zusammenhang gilt es ferner zu beachten, dass den von D begangenen Taten selbst keine historische Dimension zukommt. Diese wurden zudem nicht auf deutschem Boden verübt.
Ausschlaggebendes Kriterium im Rahmen der Abwägung ist, dass der D sich zum geplanten Zeitpunkt des Erscheinens des streitgegenständlichen Werks (wohl) in Freiheit aufhalten wird. D wurde bereits unter Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (§ 57 StGB) aus der Haft entlassen. Ab diesem Zeitpunkt ist maßgeblich auf den Gesichtspunkt der ungestörten Resozialisierung abzustellen. Die Resozialisierung eines Straftäters ist ein genuin persönlichkeitsrechtliches Anliegen von hohem Rang.
In der Abwägung kommt dem Interesse des D, wieder unbelastet am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, maßgebliches Gewicht zu.
Der Einwand des V, dass Dschihadisten einer Resozialisierung nicht zugänglich sind, überzeugt nicht.
Zum einen ist im Hinblick auf die Menschenwürde eine derart generalisierende Behauptung nicht anzuerkennen. Zum anderen ist D gerade daher nach Deutschland zurückgekehrt, um sich der terroristischen Vereinigung zu entziehen. Darüber hinaus versorgte er die Behörden mit wichtigen Informationen. Dies sind vielmehr Anzeichen für eine Abkehr von der rechtsfeindlichen Gesinnung.
Entscheidend im Rahmen der Abwägung ist daher, ob eine Veröffentlichung des Werks die Resozialisierung ernsthaft und nachhaltig beeinträchtigen würde.
Ohne Zweifel kann angenommen werden, dass identifizierenden Berichterstattungen erhebliche Folgen für das Gelingen der Resozialisierung haben können. Aussagen über eine schwere Straftat sind bei einem Täter, der sich in Freiheit befindet, in der Regel geeignet eine besondere Stigmatisierung nach sich zu ziehen. Hierdurch kann eine Ausgrenzung und Isolierung bewirkt werden, die zu einer grundlegenden Verunsicherung des Betroffenen führen kann.
In diesem Zusammenhang gilt es nicht zuletzt zu beachten, dass die Persönlichkeit des D als instabil zu bewerten ist.
Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass nach einer Veröffentlichung Personen, die den Kläger noch nicht als Täter kennen, ihn identifizieren und meiden bzw. in der Öffentlichkeit mit seinen Taten konfrontieren. Insoweit ist insbesondere auf die Auswirkungen mit potentiellen Arbeitgebern, Vermietern oder Nachbarn und Arbeitskollegen sowie sonstigen Personen im persönlichen Umfeld kritisch zu begegnen.
Diesen Auswirkungen ist umso mehr Gewicht beizumessen je höher der Verbreitungsgrad des Mediums einzustufen ist.
Dabei ist der Verletzungsintensität durch Verbreitung von Inhalten durch bewegte Bilder grundsätzlich ein höherer Wert beizumessen als solcher durch Printmedien.
Im Rahmen der Printmedien gilt es sodann zwischen kurzfristigen und langfristigen Printmedien zu unterscheiden. Artikel, die in einer Tageszeitung veröffentlicht werden, sind üblicherweise in ihrem Umfang begrenzt und nach wenigen Tagen häufig Makulatur. Auf der anderen Seite sind Tageszeitungen in der Regel mit einer sehr hohen Auflage verbunden.
Bei einem Buch dagegen ist die Auflage im Einzelfall zu prüfen. In Abgrenzung zu einer Tageszeitung jedoch wird in einem Buch über Kapitel hinweg im Detail berichtet, so dass die Qualität des Eingriffs insoweit höher ist. Darüber hinaus ist ein Buch in der Regel länger im Umlauf.
Im vorliegenden Fall war zu erwarten, dass das Buch ein Bestseller werden würde und Gegenstand vieler Buchbesprechungen werden würde. Demnach ist neben der hohen Qualität des Eingriffs ein weiter Verbreitungsgrad zu erwarten.
Dem öffentlichen Informationsinteresse kann zudem hinreichend durch eine nicht individualisierende Berichterstattung genügt werden.
2. Wiederholungsgefahr
Grundsätzlich ist für einen Unterlassungsanspruch eine Wiederholungsgefahr nötig. Hierbei handelt es sich um eine materielle Anspruchsvoraussetzung. Diese ist gegeben, wenn eine auf Tatsachen beruhende ernstliche Besorgnis besteht, dass weitere Störungen eintreten werden. Dabei begründet eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine Vermutung der Wiederholungsgefahr.
Im vorliegenden Fall kam es - in Ermangelung einer Veröffentlichung der identifizierenden Inhalte - noch nicht zu einer Persönlichkeitsverletzung.
Fraglich ist, ob auch ohne erstmalige rechtswidrige Verletzung ein Unterlassungsanspruch begehrt werden kann.
Über den gesetzlichen Wortlaut von § 1004 hinaus „weitere“ kann auch ein vorbeugender Unterlassungsanspruch begehrt werden, wenn erstmals und ernsthaft eine Beeinträchtigung bedeutender Rechtsgüter droht.
Hinweis: Hier besteht jedoch keine tatsächliche Vermutung im Hinblick auf die Begehungsgefahr.
Aufgrund der bereits hohen getätigten Investitionen in Form von gedruckten Exemplaren und der Werbung und des immer noch feststehenden Veröffentlichungstermins und der nicht einsichtigen Haltung des Verlags ist davon auszugehen, dass von einer Veröffentlichung nicht abgesehen wird. Darüber hinaus äußerte der Verlag genau diese Absicht.
Demnach besteht eine erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
4. Ergebnis
II. Ergebnis
D steht ein Unterlassungsanspruch dahingehend zu, dass eine Veröffentlichung unter Beibehaltung der ihn identifizierenden Inhalte in Verbindung mit schweren Straftaten zu unterlassen ist.
Kontrollfragen:
1. Ist eine identifizierende Berichterstattung über Straftäter generell unzulässig?
2. Welchen Aspekt gilt es bei fortschreitender Zeit maßgeblich zu berücksichtigen?
3. Ist ein Unterlassungsanspruch ohne erstmalige rechtswidrige Beeinträchtigung eines Rechtsguts denkbar?
4. Wenn ja, welche Voraussetzungen sind an einen solchen Anspruch zu stellen?